Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

mir; wir müssen freilich bleiben, wo uns der
Herrgott hingesetzet."

Weiß nicht, ob ich derzeit mit Solchem ein¬
verstanden gewesen, fragete aber nur, was der
von der Risch denn itzund für ein Mann ge¬
worden.

Der Alte sah mich gar pfiffig an und paffte
aus seinem kurzen Pfeiflein, als ob das theure
Kraut am Feldrain wüchse, "Wollet Ihr's wissen,
Herr Johannes?" begann er dann. "Er gehöret
zu denen muntern Junkern, die im Kieler Umschlag
den Bürgersleuten die Knöpfe von den Häusern
schießen; Ihr möget glauben, er hat treffliche
Pistolen! Auf der Geigen weiß er nicht so gut
zu spielen; da er aber ein lustig Stücklein liebt,
so hat er letzthin den Rathsmusikanten, der
über'm Holstenthore wohnt, um Mitternacht mit
seinem Degen aufgeklopfet, ihm auch nicht Zeit
gelassen, sich Wamms und Hosen anzuthun.
Statt der Sonnen stand aber der Mond am
Himmel, es war octavis trium regum, und fror
Pickelsteine; und hat also der Musikante, den

mir; wir müſſen freilich bleiben, wo uns der
Herrgott hingeſetzet.“

Weiß nicht, ob ich derzeit mit Solchem ein¬
verſtanden geweſen, fragete aber nur, was der
von der Riſch denn itzund für ein Mann ge¬
worden.

Der Alte ſah mich gar pfiffig an und paffte
aus ſeinem kurzen Pfeiflein, als ob das theure
Kraut am Feldrain wüchſe, „Wollet Ihr's wiſſen,
Herr Johannes?“ begann er dann. „Er gehöret
zu denen muntern Junkern, die im Kieler Umſchlag
den Bürgersleuten die Knöpfe von den Häuſern
ſchießen; Ihr möget glauben, er hat treffliche
Piſtolen! Auf der Geigen weiß er nicht ſo gut
zu ſpielen; da er aber ein luſtig Stücklein liebt,
ſo hat er letzthin den Rathsmuſikanten, der
über'm Holſtenthore wohnt, um Mitternacht mit
ſeinem Degen aufgeklopfet, ihm auch nicht Zeit
gelaſſen, ſich Wamms und Hoſen anzuthun.
Statt der Sonnen ſtand aber der Mond am
Himmel, es war octavis trium regum, und fror
Pickelſteine; und hat alſo der Muſikante, den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0061" n="47"/>
mir; wir mü&#x017F;&#x017F;en freilich bleiben, wo uns der<lb/>
Herrgott hinge&#x017F;etzet.&#x201C;</p><lb/>
      <p>Weiß nicht, ob ich derzeit mit Solchem ein¬<lb/>
ver&#x017F;tanden gewe&#x017F;en, fragete aber nur, was der<lb/>
von der Ri&#x017F;ch denn itzund für ein Mann ge¬<lb/>
worden.</p><lb/>
      <p>Der Alte &#x017F;ah mich gar pfiffig an und paffte<lb/>
aus &#x017F;einem kurzen Pfeiflein, als ob das theure<lb/>
Kraut am Feldrain wüch&#x017F;e, &#x201E;Wollet Ihr's wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
Herr Johannes?&#x201C; begann er dann. &#x201E;Er gehöret<lb/>
zu denen muntern Junkern, die im Kieler Um&#x017F;chlag<lb/>
den Bürgersleuten die Knöpfe von den Häu&#x017F;ern<lb/>
&#x017F;chießen; Ihr möget glauben, er hat treffliche<lb/>
Pi&#x017F;tolen! Auf der Geigen weiß er nicht &#x017F;o gut<lb/>
zu &#x017F;pielen; da er aber ein lu&#x017F;tig Stücklein liebt,<lb/>
&#x017F;o hat er letzthin den Rathsmu&#x017F;ikanten, der<lb/>
über'm Hol&#x017F;tenthore wohnt, um Mitternacht mit<lb/>
&#x017F;einem Degen aufgeklopfet, ihm auch nicht Zeit<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich Wamms und Ho&#x017F;en anzuthun.<lb/>
Statt der Sonnen &#x017F;tand aber der Mond am<lb/>
Himmel, es war <hi rendition="#aq">octavis trium regum</hi>, und fror<lb/>
Pickel&#x017F;teine; und hat al&#x017F;o der Mu&#x017F;ikante, den<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[47/0061] mir; wir müſſen freilich bleiben, wo uns der Herrgott hingeſetzet.“ Weiß nicht, ob ich derzeit mit Solchem ein¬ verſtanden geweſen, fragete aber nur, was der von der Riſch denn itzund für ein Mann ge¬ worden. Der Alte ſah mich gar pfiffig an und paffte aus ſeinem kurzen Pfeiflein, als ob das theure Kraut am Feldrain wüchſe, „Wollet Ihr's wiſſen, Herr Johannes?“ begann er dann. „Er gehöret zu denen muntern Junkern, die im Kieler Umſchlag den Bürgersleuten die Knöpfe von den Häuſern ſchießen; Ihr möget glauben, er hat treffliche Piſtolen! Auf der Geigen weiß er nicht ſo gut zu ſpielen; da er aber ein luſtig Stücklein liebt, ſo hat er letzthin den Rathsmuſikanten, der über'm Holſtenthore wohnt, um Mitternacht mit ſeinem Degen aufgeklopfet, ihm auch nicht Zeit gelaſſen, ſich Wamms und Hoſen anzuthun. Statt der Sonnen ſtand aber der Mond am Himmel, es war octavis trium regum, und fror Pickelſteine; und hat alſo der Muſikante, den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/61
Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/61>, abgerufen am 23.11.2024.