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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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haar zwischen zwo merklich runden Augen saß.
Ja, wenn sie seiner nur von fern gewahrte, so
reckte sie wol ihr Köpfchen vor und rief: "Jo¬
hannes der Buhz! der Buhz!" Dann versteckten
wir uns hinter den Scheunen oder rannten wol
auch spornstreichs in den Wald hinein, der sich
in einem Bogen um die Felder und danach wieder
dicht an die Mauern des Gartens hinanzieht.

Darob, als der von der Risch deß inne
wurde, kam es oftmals zwischen uns zum Haar¬
raufen, wobei jedoch, da er mehr hitzig denn stark
war, der Vortheil meist in meinen Händen blieb.

Als ich, um von Herrn Gerhardus Urlaub zu
nehmen, vor meiner Ausfahrt in die Fremde
zum letzten Mal, jedoch nur kurze Tage, hier
verweilte, war Katharina schon fast wie eine
Jungfrau; ihr braunes Haar lag itzt in einem
goldnen Netz gefangen; in ihren Augen, wenn
sie die Wimpern hob, war oft ein spielend
Leuchten, das mich schier beklommen machte.
Auch war ein alt' gebrechlich Fräulein ihr zur
Obhut beigegeben, so man im Hause nur "Bas'

haar zwiſchen zwo merklich runden Augen ſaß.
Ja, wenn ſie ſeiner nur von fern gewahrte, ſo
reckte ſie wol ihr Köpfchen vor und rief: „Jo¬
hannes der Buhz! der Buhz!“ Dann verſteckten
wir uns hinter den Scheunen oder rannten wol
auch ſpornſtreichs in den Wald hinein, der ſich
in einem Bogen um die Felder und danach wieder
dicht an die Mauern des Gartens hinanzieht.

Darob, als der von der Riſch deß inne
wurde, kam es oftmals zwiſchen uns zum Haar¬
raufen, wobei jedoch, da er mehr hitzig denn ſtark
war, der Vortheil meiſt in meinen Händen blieb.

Als ich, um von Herrn Gerhardus Urlaub zu
nehmen, vor meiner Ausfahrt in die Fremde
zum letzten Mal, jedoch nur kurze Tage, hier
verweilte, war Katharina ſchon faſt wie eine
Jungfrau; ihr braunes Haar lag itzt in einem
goldnen Netz gefangen; in ihren Augen, wenn
ſie die Wimpern hob, war oft ein ſpielend
Leuchten, das mich ſchier beklommen machte.
Auch war ein alt' gebrechlich Fräulein ihr zur
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[25/0039] haar zwiſchen zwo merklich runden Augen ſaß. Ja, wenn ſie ſeiner nur von fern gewahrte, ſo reckte ſie wol ihr Köpfchen vor und rief: „Jo¬ hannes der Buhz! der Buhz!“ Dann verſteckten wir uns hinter den Scheunen oder rannten wol auch ſpornſtreichs in den Wald hinein, der ſich in einem Bogen um die Felder und danach wieder dicht an die Mauern des Gartens hinanzieht. Darob, als der von der Riſch deß inne wurde, kam es oftmals zwiſchen uns zum Haar¬ raufen, wobei jedoch, da er mehr hitzig denn ſtark war, der Vortheil meiſt in meinen Händen blieb. Als ich, um von Herrn Gerhardus Urlaub zu nehmen, vor meiner Ausfahrt in die Fremde zum letzten Mal, jedoch nur kurze Tage, hier verweilte, war Katharina ſchon faſt wie eine Jungfrau; ihr braunes Haar lag itzt in einem goldnen Netz gefangen; in ihren Augen, wenn ſie die Wimpern hob, war oft ein ſpielend Leuchten, das mich ſchier beklommen machte. Auch war ein alt' gebrechlich Fräulein ihr zur Obhut beigegeben, ſo man im Hauſe nur „Baſ'

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/39>, abgerufen am 23.11.2024.