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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877.

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heiß hernieder und verbreitete den Ruch der Him¬
beeren, womit die Lichtung überdeckt war. Es
fiel mir bei, wie einst Katharina und ich uns
hier bei unsern Waldgängen süße Wegzehrung
geholet hatten; und nun begann ein seltsam
Spiel der Phantasie: bald sahe ich drüben
zwischen den Sträuchen ihre zarte Kindsgestalt,
bald stund sie vor mir, mich anschauend mit den
seligen Frauenaugen, wie ich sie letztlich erst ge¬
sehen, wie ich sie nun gleich, im nächsten Augen¬
blicke schon leibhaftig an mein klopfend Herze
schließen würde.

Da plötzlich überfiel mich's wie ein Schrecken.
Wo blieb sie denn? Es war schon lang, daß
es geläutet hatte. Ich war aufgesprungen, ich
ging umher, ich stund und spähete scharf nach
aller Richtung durch die Bäume; die Angst kroch
mir zum Herzen; aber Katharina kam nicht; kein
Schritt im Laube raschelte; nur oben in den Buchen¬
wipfeln rauschte ab und zu der Sommerwind.

Böser Ahnung voll ging ich endlich fort und
nahm einen Umweg nach dem Hofe zu. Da ich

heiß hernieder und verbreitete den Ruch der Him¬
beeren, womit die Lichtung überdeckt war. Es
fiel mir bei, wie einſt Katharina und ich uns
hier bei unſern Waldgängen ſüße Wegzehrung
geholet hatten; und nun begann ein ſeltſam
Spiel der Phantaſie: bald ſahe ich drüben
zwiſchen den Sträuchen ihre zarte Kindsgeſtalt,
bald ſtund ſie vor mir, mich anſchauend mit den
ſeligen Frauenaugen, wie ich ſie letztlich erſt ge¬
ſehen, wie ich ſie nun gleich, im nächſten Augen¬
blicke ſchon leibhaftig an mein klopfend Herze
ſchließen würde.

Da plötzlich überfiel mich's wie ein Schrecken.
Wo blieb ſie denn? Es war ſchon lang, daß
es geläutet hatte. Ich war aufgeſprungen, ich
ging umher, ich ſtund und ſpähete ſcharf nach
aller Richtung durch die Bäume; die Angſt kroch
mir zum Herzen; aber Katharina kam nicht; kein
Schritt im Laube raſchelte; nur oben in den Buchen¬
wipfeln rauſchte ab und zu der Sommerwind.

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nahm einen Umweg nach dem Hofe zu. Da ich

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[92/0106] heiß hernieder und verbreitete den Ruch der Him¬ beeren, womit die Lichtung überdeckt war. Es fiel mir bei, wie einſt Katharina und ich uns hier bei unſern Waldgängen ſüße Wegzehrung geholet hatten; und nun begann ein ſeltſam Spiel der Phantaſie: bald ſahe ich drüben zwiſchen den Sträuchen ihre zarte Kindsgeſtalt, bald ſtund ſie vor mir, mich anſchauend mit den ſeligen Frauenaugen, wie ich ſie letztlich erſt ge¬ ſehen, wie ich ſie nun gleich, im nächſten Augen¬ blicke ſchon leibhaftig an mein klopfend Herze ſchließen würde. Da plötzlich überfiel mich's wie ein Schrecken. Wo blieb ſie denn? Es war ſchon lang, daß es geläutet hatte. Ich war aufgeſprungen, ich ging umher, ich ſtund und ſpähete ſcharf nach aller Richtung durch die Bäume; die Angſt kroch mir zum Herzen; aber Katharina kam nicht; kein Schritt im Laube raſchelte; nur oben in den Buchen¬ wipfeln rauſchte ab und zu der Sommerwind. Böſer Ahnung voll ging ich endlich fort und nahm einen Umweg nach dem Hofe zu. Da ich

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Zitationshilfe: Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/106>, abgerufen am 24.11.2024.