Walde spielete die Nacht in stummen Blitzen. -- O Hüter, Hüter, war Dein Ruf so fern?
-- -- Wol weiß ich noch, daß vom Hofe her plötzlich scharf die Hähne krähten, und daß ich ein blaß und weinend Weib in meinen Ar¬ men hielt, die mich nicht lassen wollte, unachtend, daß überm Garten der Morgen dämmerte und rothen Schein in unsre Kammer warf. Dann aber, da sie deß' inne wurde, trieb sie, wie von Todesangst geschreckt, mich fort.
Noch einen Kuß, noch hundert; ein flüchtig Wort noch: wann für das Gesind zu Mittage geläutet würde, dann wollten wir im Tannen¬ wald uns treffen; und dann -- ich wußte selber kaum, wie mir's geschehen -- stund ich im Garten, unten in der kühlen Morgenluft.
Noch einmal, indem ich meinen von den Hun¬ den zerfetzten Mantel aufhob, schaute ich empor und sah ein blasses Händlein mir zum Abschied winken. Nahezu erschrocken aber wurd' ich, da meine Augen bei einem Rückblick aus dem Garten¬ steig von ungefähr die unteren Fenster neben
Walde ſpielete die Nacht in ſtummen Blitzen. — O Hüter, Hüter, war Dein Ruf ſo fern?
— — Wol weiß ich noch, daß vom Hofe her plötzlich ſcharf die Hähne krähten, und daß ich ein blaß und weinend Weib in meinen Ar¬ men hielt, die mich nicht laſſen wollte, unachtend, daß überm Garten der Morgen dämmerte und rothen Schein in unſre Kammer warf. Dann aber, da ſie deß' inne wurde, trieb ſie, wie von Todesangſt geſchreckt, mich fort.
Noch einen Kuß, noch hundert; ein flüchtig Wort noch: wann für das Geſind zu Mittage geläutet würde, dann wollten wir im Tannen¬ wald uns treffen; und dann — ich wußte ſelber kaum, wie mir's geſchehen — ſtund ich im Garten, unten in der kühlen Morgenluft.
Noch einmal, indem ich meinen von den Hun¬ den zerfetzten Mantel aufhob, ſchaute ich empor und ſah ein blaſſes Händlein mir zum Abſchied winken. Nahezu erſchrocken aber wurd' ich, da meine Augen bei einem Rückblick aus dem Garten¬ ſteig von ungefähr die unteren Fenſter neben
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Walde ſpielete die Nacht in ſtummen Blitzen. —
O Hüter, Hüter, war Dein Ruf ſo fern?
— — Wol weiß ich noch, daß vom Hofe
her plötzlich ſcharf die Hähne krähten, und daß
ich ein blaß und weinend Weib in meinen Ar¬
men hielt, die mich nicht laſſen wollte, unachtend,
daß überm Garten der Morgen dämmerte und
rothen Schein in unſre Kammer warf. Dann
aber, da ſie deß' inne wurde, trieb ſie, wie von
Todesangſt geſchreckt, mich fort.
Noch einen Kuß, noch hundert; ein flüchtig
Wort noch: wann für das Geſind zu Mittage
geläutet würde, dann wollten wir im Tannen¬
wald uns treffen; und dann — ich wußte ſelber
kaum, wie mir's geſchehen — ſtund ich im Garten,
unten in der kühlen Morgenluft.
Noch einmal, indem ich meinen von den Hun¬
den zerfetzten Mantel aufhob, ſchaute ich empor
und ſah ein blaſſes Händlein mir zum Abſchied
winken. Nahezu erſchrocken aber wurd' ich, da
meine Augen bei einem Rückblick aus dem Garten¬
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Storm, Theodor: Aquis submersus. Berlin, 1877, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storm_aquis_1877/100>, abgerufen am 20.07.2024.
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