Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

Bild:
<< vorherige Seite

fordert, in seine Tasche zu greifen. Wohlha-
bende Leute machen sich's zum Gesetz, Arme
und Gefangene zu bestimmten Zeiten mit Geld,
Kleidungsstücken und Speisen zu versorgen;
die Vorräthe, welche wöchentlich und beson-
ders an gewissen Festtagen in den Gefängnis-
sen abgeliefert werden, sind oft größer als das
Bedürfniß sie erheischt. Es ist gewiß nur in
wenigen großen Städten so leicht, Kollekten
und Unterzeichnungen für wohlthätige Zwecke
zusammenzubringen; Beyspiele von der außer-
ordentlichsten Art sind häufig in diesem Buche
vorhanden. Fremde die ohne hinlänglichen
Geldvorrath hier ankommen, Leute denen es
an Mitteln fehlt, nützliche Unternehmungen
zu machen oder sich einem gewissen Zweck zu
widmen, finden bey einiger Bekanntschaft im-
mer Menschen die sich für sie interessiren und
ihrem Bedürfniß oft auf eine Art aushelfen,
die ihre Hoffnungen weit übersteigt. Die Fälle
von welchen ich Augenzeuge gewesen bin, wür-
den dies hinlänglich beglaubigen, wenn es mög-
lich wäre, sie anzuführen, ohne Geber und
Empfänger zu einer gewissen Publizität zu
bringen.


fordert, in ſeine Taſche zu greifen. Wohlha-
bende Leute machen ſich’s zum Geſetz, Arme
und Gefangene zu beſtimmten Zeiten mit Geld,
Kleidungsſtuͤcken und Speiſen zu verſorgen;
die Vorraͤthe, welche woͤchentlich und beſon-
ders an gewiſſen Feſttagen in den Gefaͤngniſ-
ſen abgeliefert werden, ſind oft groͤßer als das
Beduͤrfniß ſie erheiſcht. Es iſt gewiß nur in
wenigen großen Staͤdten ſo leicht, Kollekten
und Unterzeichnungen fuͤr wohlthaͤtige Zwecke
zuſammenzubringen; Beyſpiele von der außer-
ordentlichſten Art ſind haͤufig in dieſem Buche
vorhanden. Fremde die ohne hinlaͤnglichen
Geldvorrath hier ankommen, Leute denen es
an Mitteln fehlt, nuͤtzliche Unternehmungen
zu machen oder ſich einem gewiſſen Zweck zu
widmen, finden bey einiger Bekanntſchaft im-
mer Menſchen die ſich fuͤr ſie intereſſiren und
ihrem Beduͤrfniß oft auf eine Art aushelfen,
die ihre Hoffnungen weit uͤberſteigt. Die Faͤlle
von welchen ich Augenzeuge geweſen bin, wuͤr-
den dies hinlaͤnglich beglaubigen, wenn es moͤg-
lich waͤre, ſie anzufuͤhren, ohne Geber und
Empfaͤnger zu einer gewiſſen Publizitaͤt zu
bringen.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0536" n="518"/>
fordert, in &#x017F;eine Ta&#x017F;che zu greifen. Wohlha-<lb/>
bende Leute machen &#x017F;ich&#x2019;s zum Ge&#x017F;etz, Arme<lb/>
und Gefangene zu be&#x017F;timmten Zeiten mit Geld,<lb/>
Kleidungs&#x017F;tu&#x0364;cken und Spei&#x017F;en zu ver&#x017F;orgen;<lb/>
die Vorra&#x0364;the, welche wo&#x0364;chentlich und be&#x017F;on-<lb/>
ders an gewi&#x017F;&#x017F;en Fe&#x017F;ttagen in den Gefa&#x0364;ngni&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en abgeliefert werden, &#x017F;ind oft gro&#x0364;ßer als das<lb/>
Bedu&#x0364;rfniß &#x017F;ie erhei&#x017F;cht. Es i&#x017F;t gewiß nur in<lb/>
wenigen großen Sta&#x0364;dten &#x017F;o leicht, Kollekten<lb/>
und Unterzeichnungen fu&#x0364;r wohltha&#x0364;tige Zwecke<lb/>
zu&#x017F;ammenzubringen; Bey&#x017F;piele von der außer-<lb/>
ordentlich&#x017F;ten Art &#x017F;ind ha&#x0364;ufig in die&#x017F;em Buche<lb/>
vorhanden. Fremde die ohne hinla&#x0364;nglichen<lb/>
Geldvorrath hier ankommen, Leute denen es<lb/>
an Mitteln fehlt, nu&#x0364;tzliche Unternehmungen<lb/>
zu machen oder &#x017F;ich einem gewi&#x017F;&#x017F;en Zweck zu<lb/>
widmen, finden bey einiger Bekannt&#x017F;chaft im-<lb/>
mer Men&#x017F;chen die &#x017F;ich fu&#x0364;r &#x017F;ie intere&#x017F;&#x017F;iren und<lb/>
ihrem Bedu&#x0364;rfniß oft auf eine Art aushelfen,<lb/>
die ihre Hoffnungen weit u&#x0364;ber&#x017F;teigt. Die Fa&#x0364;lle<lb/>
von welchen ich Augenzeuge gewe&#x017F;en bin, wu&#x0364;r-<lb/>
den dies hinla&#x0364;nglich beglaubigen, wenn es mo&#x0364;g-<lb/>
lich wa&#x0364;re, &#x017F;ie anzufu&#x0364;hren, ohne Geber und<lb/>
Empfa&#x0364;nger zu einer gewi&#x017F;&#x017F;en Publizita&#x0364;t zu<lb/>
bringen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[518/0536] fordert, in ſeine Taſche zu greifen. Wohlha- bende Leute machen ſich’s zum Geſetz, Arme und Gefangene zu beſtimmten Zeiten mit Geld, Kleidungsſtuͤcken und Speiſen zu verſorgen; die Vorraͤthe, welche woͤchentlich und beſon- ders an gewiſſen Feſttagen in den Gefaͤngniſ- ſen abgeliefert werden, ſind oft groͤßer als das Beduͤrfniß ſie erheiſcht. Es iſt gewiß nur in wenigen großen Staͤdten ſo leicht, Kollekten und Unterzeichnungen fuͤr wohlthaͤtige Zwecke zuſammenzubringen; Beyſpiele von der außer- ordentlichſten Art ſind haͤufig in dieſem Buche vorhanden. Fremde die ohne hinlaͤnglichen Geldvorrath hier ankommen, Leute denen es an Mitteln fehlt, nuͤtzliche Unternehmungen zu machen oder ſich einem gewiſſen Zweck zu widmen, finden bey einiger Bekanntſchaft im- mer Menſchen die ſich fuͤr ſie intereſſiren und ihrem Beduͤrfniß oft auf eine Art aushelfen, die ihre Hoffnungen weit uͤberſteigt. Die Faͤlle von welchen ich Augenzeuge geweſen bin, wuͤr- den dies hinlaͤnglich beglaubigen, wenn es moͤg- lich waͤre, ſie anzufuͤhren, ohne Geber und Empfaͤnger zu einer gewiſſen Publizitaͤt zu bringen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/536
Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/536>, abgerufen am 25.11.2024.