Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.bey äußerst Wenigen kann diese Denkungsart Da es in St. Petersburg keinen herrschen- Die fremden Einwohner jeder Nation bil- H h 5
bey aͤußerſt Wenigen kann dieſe Denkungsart Da es in St. Petersburg keinen herrſchen- Die fremden Einwohner jeder Nation bil- H h 5
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bey aͤußerſt Wenigen kann dieſe Denkungsart
ſich auf Dankbarkeit gegen das Land gruͤnden,
dem ſie ihren Wohlſtand ſchuldig ſind; ein ſo
ſeines Gefuͤhl iſt nicht die Ausſteuer des gro-
ßen Hauſens.
Da es in St. Petersburg keinen herrſchen-
den Geiſt, keine Nationaldenkungsart giebt, ſo
ſind die Deutſchen hier natuͤrlich weit weniger
Ruſſen, als ſie in Paris Franzoſen oder in
London Englaͤnder ſind; aber mehr als alle
andere hier lebende Fremdlinge haben ſie ſich
doch den Ruſſen genaͤhert. Die deutſche Frau
vom bon Ton ſpricht lieber ruſſiſch als deutſch;
es giebt Deutſche, die ſich ihres Namens ſchaͤ-
men, weil ſie ſich fuͤrchten, zu einer Nation
gezaͤhlt zu werden, wider die das Vorurtheil
ſpricht.
Die fremden Einwohner jeder Nation bil-
den einen engern Zirkel unter ſich; ſo auch die
Deutſchen. Aber jede dieſer Kolonieen hat
zugleich ein gemeinſames, mehr oder weniger
ſtarkes Intereſſe; dies haben die Deutſchen
nicht. Statt dieſes Gemeingeiſts findet man
bey ihnen jene kleinſtaͤdtiſche Theilnahme an
den Schickſalen ihrer Mitbuͤrger, die ſich auf
H h 5
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Zitationshilfe: | Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/507>, abgerufen am 16.02.2025. |