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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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an ausländische Familiennamen nicht gewöhnt
ist, die Anrede zu erleichtern. Wer einen
Taufnamen hat, der im Russischen nicht statt
findet, verwechselt ihn mit einem Aehnlichklin-
genden, z. B. Heinrich mit Andrej, oder be-
hält ihn bey, wie dies zuweilen mit den Na-
men Karl, Christoph, u. a. geschieht.

Aehnlicher Nationalsitten, die eine gewisse
Vertraulichkeit in die Gesellschaft bringen,
giebt es mehrere; aber sie verlieren sich in
dem Maaße in welchem ausländischer Ton
und fremde Gebräuche überhand nehmen. So
war es zum Beyspiel ehemals in allen Stän-
den und ist noch itzt unter den geringeren üb-
lich, sich beym Empfange und Abschiednehmen
oder wenn man einander begegnet, zu küssen.
Dieser Gebrauch, der in den höhern Klassen
nur unter denen statt findet, oder diesen vom
männlichen Geschlecht als eine Art von Hul-
digung dargebracht wird, verwechselt sich itzt
allmählig gegen die allgemeine europäische Sitte.
Russische Frauenzimmer und auch viele Aus-
länderinnen grüßen auf keine andere Weise als
die Mannspersonen, nämlich mit einer bloßen
Sonkung des Kopfs, ohne die Kniee zu beugen.


an auslaͤndiſche Familiennamen nicht gewoͤhnt
iſt, die Anrede zu erleichtern. Wer einen
Taufnamen hat, der im Ruſſiſchen nicht ſtatt
findet, verwechſelt ihn mit einem Aehnlichklin-
genden, z. B. Heinrich mit Andrej, oder be-
haͤlt ihn bey, wie dies zuweilen mit den Na-
men Karl, Chriſtoph, u. a. geſchieht.

Aehnlicher Nationalſitten, die eine gewiſſe
Vertraulichkeit in die Geſellſchaft bringen,
giebt es mehrere; aber ſie verlieren ſich in
dem Maaße in welchem auslaͤndiſcher Ton
und fremde Gebraͤuche uͤberhand nehmen. So
war es zum Beyſpiel ehemals in allen Staͤn-
den und iſt noch itzt unter den geringeren uͤb-
lich, ſich beym Empfange und Abſchiednehmen
oder wenn man einander begegnet, zu kuͤſſen.
Dieſer Gebrauch, der in den hoͤhern Klaſſen
nur unter denen ſtatt findet, oder dieſen vom
maͤnnlichen Geſchlecht als eine Art von Hul-
digung dargebracht wird, verwechſelt ſich itzt
allmaͤhlig gegen die allgemeine europaͤiſche Sitte.
Ruſſiſche Frauenzimmer und auch viele Aus-
laͤnderinnen gruͤßen auf keine andere Weiſe als
die Mannsperſonen, naͤmlich mit einer bloßen
Sonkung des Kopfs, ohne die Kniee zu beugen.


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[442/0460] an auslaͤndiſche Familiennamen nicht gewoͤhnt iſt, die Anrede zu erleichtern. Wer einen Taufnamen hat, der im Ruſſiſchen nicht ſtatt findet, verwechſelt ihn mit einem Aehnlichklin- genden, z. B. Heinrich mit Andrej, oder be- haͤlt ihn bey, wie dies zuweilen mit den Na- men Karl, Chriſtoph, u. a. geſchieht. Aehnlicher Nationalſitten, die eine gewiſſe Vertraulichkeit in die Geſellſchaft bringen, giebt es mehrere; aber ſie verlieren ſich in dem Maaße in welchem auslaͤndiſcher Ton und fremde Gebraͤuche uͤberhand nehmen. So war es zum Beyſpiel ehemals in allen Staͤn- den und iſt noch itzt unter den geringeren uͤb- lich, ſich beym Empfange und Abſchiednehmen oder wenn man einander begegnet, zu kuͤſſen. Dieſer Gebrauch, der in den hoͤhern Klaſſen nur unter denen ſtatt findet, oder dieſen vom maͤnnlichen Geſchlecht als eine Art von Hul- digung dargebracht wird, verwechſelt ſich itzt allmaͤhlig gegen die allgemeine europaͤiſche Sitte. Ruſſiſche Frauenzimmer und auch viele Aus- laͤnderinnen gruͤßen auf keine andere Weiſe als die Mannsperſonen, naͤmlich mit einer bloßen Sonkung des Kopfs, ohne die Kniee zu beugen.

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/460>, abgerufen am 23.11.2024.