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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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selten gebräuchlich, sich bey den Familienna-
men zu nennen, oder Jemanden in der Anrede
das Prädikat seines Ranges zu geben. Ge-
wöhnlich bedient man sich des Taufnamens *)
mit welchem man den des Vaters verbindet.
Wenn z. B. der Anzuredende Feodor (Theo-
dor) und dessen Vater Iwan (Johann) heis-
sen, so wird der erstere Feodor Iwannowitsch
(Johannssohn) genannt. Ein Frauenzimmer
welches Maria und deren Vater Johann heißt,
wird Marja Iwannowna genannt, u. s. w.
Nur bey völlig Unbekannten oder sehr vorneh-
men Personen leidet dieser Gebrauch Ausnah-
men, in allen übrigen Fällen ist er selbst in
den feinsten Zirkeln geltend. Auch in sehr vie-
len deutschen Häusern hat diese Sitte Eingang
gefunden; wenigstens fügt sich jeder Deutsche
nach derselben, um dem gemeinen Russen, der

*) Die Russen führen gewöhnlich nur Einen Tauf-
namen. Weiber werden nicht nach der Mutter, sondern
nach dem Vater genannt. In der Aussprache fällt die
dritte oder vierte Silbe weg. Man sagt also nicht Iwan
Wassiliewitsch, wie dieser Fürst auf allen Kathedern
in Deutschland heißt, sondern Iwan Wassillitsch.
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ſelten gebraͤuchlich, ſich bey den Familienna-
men zu nennen, oder Jemanden in der Anrede
das Praͤdikat ſeines Ranges zu geben. Ge-
woͤhnlich bedient man ſich des Taufnamens *)
mit welchem man den des Vaters verbindet.
Wenn z. B. der Anzuredende Feodor (Theo-
dor) und deſſen Vater Iwan (Johann) heiſ-
ſen, ſo wird der erſtere Feodor Iwannowitſch
(Johannsſohn) genannt. Ein Frauenzimmer
welches Maria und deren Vater Johann heißt,
wird Marja Iwannowna genannt, u. ſ. w.
Nur bey voͤllig Unbekannten oder ſehr vorneh-
men Perſonen leidet dieſer Gebrauch Ausnah-
men, in allen uͤbrigen Faͤllen iſt er ſelbſt in
den feinſten Zirkeln geltend. Auch in ſehr vie-
len deutſchen Haͤuſern hat dieſe Sitte Eingang
gefunden; wenigſtens fuͤgt ſich jeder Deutſche
nach derſelben, um dem gemeinen Ruſſen, der

*) Die Ruſſen fuͤhren gewoͤhnlich nur Einen Tauf-
namen. Weiber werden nicht nach der Mutter, ſondern
nach dem Vater genannt. In der Ausſprache faͤllt die
dritte oder vierte Silbe weg. Man ſagt alſo nicht Iwan
Waſſiliewitſch, wie dieſer Fuͤrſt auf allen Kathedern
in Deutſchland heißt, ſondern Iwan Waſſillitſch.
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[441/0459] ſelten gebraͤuchlich, ſich bey den Familienna- men zu nennen, oder Jemanden in der Anrede das Praͤdikat ſeines Ranges zu geben. Ge- woͤhnlich bedient man ſich des Taufnamens *) mit welchem man den des Vaters verbindet. Wenn z. B. der Anzuredende Feodor (Theo- dor) und deſſen Vater Iwan (Johann) heiſ- ſen, ſo wird der erſtere Feodor Iwannowitſch (Johannsſohn) genannt. Ein Frauenzimmer welches Maria und deren Vater Johann heißt, wird Marja Iwannowna genannt, u. ſ. w. Nur bey voͤllig Unbekannten oder ſehr vorneh- men Perſonen leidet dieſer Gebrauch Ausnah- men, in allen uͤbrigen Faͤllen iſt er ſelbſt in den feinſten Zirkeln geltend. Auch in ſehr vie- len deutſchen Haͤuſern hat dieſe Sitte Eingang gefunden; wenigſtens fuͤgt ſich jeder Deutſche nach derſelben, um dem gemeinen Ruſſen, der *) Die Ruſſen fuͤhren gewoͤhnlich nur Einen Tauf- namen. Weiber werden nicht nach der Mutter, ſondern nach dem Vater genannt. In der Ausſprache faͤllt die dritte oder vierte Silbe weg. Man ſagt alſo nicht Iwan Waſſiliewitſch, wie dieſer Fuͤrſt auf allen Kathedern in Deutſchland heißt, ſondern Iwan Waſſillitſch. E e 5

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/459>, abgerufen am 23.11.2024.