Einem Tage in drey Häusern zu Mittage spel- sen kann. -- Die Dauer der Mahlzeiten rich- tet sich natürlich nach der Menge der Schüs- seln, der Ergiebigkeit des Gesprächs und dem hie und da eingeführten Gebrauch; aber sel- ten sind sie unter drey bis vier Stunden been- digt, weil nach Tische die Unterhaltung beym Kaffee noch eine Zeitlang fortgesetzt wird. -- Der Nachmittag, oder welches hier einerley ist, der Abend ist nur in dringenden Fällen Geschäften gewidmet. Wo die Gesellschaft beysammen bleibt, werden sogleich die Karten ausgeboten, mit welchen man sich bis zum späten Souper unterhält. Gewöhnlich aber entfernen sich die Mittagsgäste bald nach Ti- sche, und späterhin versammelt sich ein neuer Zirkel zum Thee und zur Abendtafel. In die- sen Stunden sind wenigstens neun Zehntheile des geselligen Publikums an Kartentischen be- schäftigt. Um Mitternacht, oder in Häusern wo eine regelmäßige Lebensart herrscht, um zehn Uhr, beginnt das Souper, bey welchem der Luxus einen Ueberfluß eingeführt hat, der für eine entbehrte Mittagsmahlzeit hinlänglich entschädigen könnte. Der Augenblick in wel-
Einem Tage in drey Haͤuſern zu Mittage ſpel- ſen kann. — Die Dauer der Mahlzeiten rich- tet ſich natuͤrlich nach der Menge der Schuͤſ- ſeln, der Ergiebigkeit des Geſpraͤchs und dem hie und da eingefuͤhrten Gebrauch; aber ſel- ten ſind ſie unter drey bis vier Stunden been- digt, weil nach Tiſche die Unterhaltung beym Kaffee noch eine Zeitlang fortgeſetzt wird. — Der Nachmittag, oder welches hier einerley iſt, der Abend iſt nur in dringenden Faͤllen Geſchaͤften gewidmet. Wo die Geſellſchaft beyſammen bleibt, werden ſogleich die Karten ausgeboten, mit welchen man ſich bis zum ſpaͤten Souper unterhaͤlt. Gewoͤhnlich aber entfernen ſich die Mittagsgaͤſte bald nach Ti- ſche, und ſpaͤterhin verſammelt ſich ein neuer Zirkel zum Thee und zur Abendtafel. In die- ſen Stunden ſind wenigſtens neun Zehntheile des geſelligen Publikums an Kartentiſchen be- ſchaͤftigt. Um Mitternacht, oder in Haͤuſern wo eine regelmaͤßige Lebensart herrſcht, um zehn Uhr, beginnt das Souper, bey welchem der Luxus einen Ueberfluß eingefuͤhrt hat, der fuͤr eine entbehrte Mittagsmahlzeit hinlaͤnglich entſchaͤdigen koͤnnte. Der Augenblick in wel-
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Einem Tage in drey Haͤuſern zu Mittage ſpel-
ſen kann. — Die Dauer der Mahlzeiten rich-
tet ſich natuͤrlich nach der Menge der Schuͤſ-
ſeln, der Ergiebigkeit des Geſpraͤchs und dem
hie und da eingefuͤhrten Gebrauch; aber ſel-
ten ſind ſie unter drey bis vier Stunden been-
digt, weil nach Tiſche die Unterhaltung beym
Kaffee noch eine Zeitlang fortgeſetzt wird. —
Der Nachmittag, oder welches hier einerley
iſt, der Abend iſt nur in dringenden Faͤllen
Geſchaͤften gewidmet. Wo die Geſellſchaft
beyſammen bleibt, werden ſogleich die Karten
ausgeboten, mit welchen man ſich bis zum
ſpaͤten Souper unterhaͤlt. Gewoͤhnlich aber
entfernen ſich die Mittagsgaͤſte bald nach Ti-
ſche, und ſpaͤterhin verſammelt ſich ein neuer
Zirkel zum Thee und zur Abendtafel. In die-
ſen Stunden ſind wenigſtens neun Zehntheile
des geſelligen Publikums an Kartentiſchen be-
ſchaͤftigt. Um Mitternacht, oder in Haͤuſern
wo eine regelmaͤßige Lebensart herrſcht, um
zehn Uhr, beginnt das Souper, bey welchem
der Luxus einen Ueberfluß eingefuͤhrt hat, der
fuͤr eine entbehrte Mittagsmahlzeit hinlaͤnglich
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/433>, abgerufen am 23.11.2024.
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