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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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etwa bey einem Bettelbuben, auf die man äu-
ßerst selten stößt, fehlt etwas Wesentliches an
diesem Theil seiner Nothwendigkeiten. Jeder
Russe ohne Ausnahme hat seinen Schaafpeltz;
nie sieht man, wie in andern Ländern, die
ärmste Klasse bey starker Kälte ohne diese Be-
deckung Die Stubenwärme ist ein großes
Bedürfniß des gemeinen Volks; auch diese
entbehrt es nirgend. Die sogenannten Schwarz-
stuben in allen Häusern werden auf eine über-
mäßige Weise geheizt, und verursachen oft ei-
nen größern Aufwand an Holz als selbst die
herrschaftlichen Zimmer.

Alle Volksklassen stehen hier unter dem
Schutz der Gesetze. Wenn dieser Vortheil
dem leibeigenen Bedienten weniger zu statten
kommt, weil das Recht der strengern Haus-
zucht nur durch die Grenzen der peinlichen
Gerichtsbarkeit eingeschränkt wird; so macht
der übrige Theil des Volks sich der Befug-
nisse seiner durch Katharinens philosophi-
sche Gesetzgebung anerkannten bürgerlichen
Existenz auf eine desto vollgültigere Art zu
Nutze. Alle eigenmächtige körperliche Bestra-
fung ist streng untersagt; Niemand, selbst der

etwa bey einem Bettelbuben, auf die man aͤu-
ßerſt ſelten ſtoͤßt, fehlt etwas Weſentliches an
dieſem Theil ſeiner Nothwendigkeiten. Jeder
Ruſſe ohne Ausnahme hat ſeinen Schaafpeltz;
nie ſieht man, wie in andern Laͤndern, die
aͤrmſte Klaſſe bey ſtarker Kaͤlte ohne dieſe Be-
deckung Die Stubenwaͤrme iſt ein großes
Beduͤrfniß des gemeinen Volks; auch dieſe
entbehrt es nirgend. Die ſogenannten Schwarz-
ſtuben in allen Haͤuſern werden auf eine uͤber-
maͤßige Weiſe geheizt, und verurſachen oft ei-
nen groͤßern Aufwand an Holz als ſelbſt die
herrſchaftlichen Zimmer.

Alle Volksklaſſen ſtehen hier unter dem
Schutz der Geſetze. Wenn dieſer Vortheil
dem leibeigenen Bedienten weniger zu ſtatten
kommt, weil das Recht der ſtrengern Haus-
zucht nur durch die Grenzen der peinlichen
Gerichtsbarkeit eingeſchraͤnkt wird; ſo macht
der uͤbrige Theil des Volks ſich der Befug-
niſſe ſeiner durch Katharinens philoſophi-
ſche Geſetzgebung anerkannten buͤrgerlichen
Exiſtenz auf eine deſto vollguͤltigere Art zu
Nutze. Alle eigenmaͤchtige koͤrperliche Beſtra-
fung iſt ſtreng unterſagt; Niemand, ſelbſt der

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[380/0398] etwa bey einem Bettelbuben, auf die man aͤu- ßerſt ſelten ſtoͤßt, fehlt etwas Weſentliches an dieſem Theil ſeiner Nothwendigkeiten. Jeder Ruſſe ohne Ausnahme hat ſeinen Schaafpeltz; nie ſieht man, wie in andern Laͤndern, die aͤrmſte Klaſſe bey ſtarker Kaͤlte ohne dieſe Be- deckung Die Stubenwaͤrme iſt ein großes Beduͤrfniß des gemeinen Volks; auch dieſe entbehrt es nirgend. Die ſogenannten Schwarz- ſtuben in allen Haͤuſern werden auf eine uͤber- maͤßige Weiſe geheizt, und verurſachen oft ei- nen groͤßern Aufwand an Holz als ſelbſt die herrſchaftlichen Zimmer. Alle Volksklaſſen ſtehen hier unter dem Schutz der Geſetze. Wenn dieſer Vortheil dem leibeigenen Bedienten weniger zu ſtatten kommt, weil das Recht der ſtrengern Haus- zucht nur durch die Grenzen der peinlichen Gerichtsbarkeit eingeſchraͤnkt wird; ſo macht der uͤbrige Theil des Volks ſich der Befug- niſſe ſeiner durch Katharinens philoſophi- ſche Geſetzgebung anerkannten buͤrgerlichen Exiſtenz auf eine deſto vollguͤltigere Art zu Nutze. Alle eigenmaͤchtige koͤrperliche Beſtra- fung iſt ſtreng unterſagt; Niemand, ſelbſt der

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/398>, abgerufen am 23.11.2024.