auch so unsauber seyn als möglich, legt er nicht eher als in der Badstube ab, wo sie zu- gleich mit ausgewaschen werden. -- Ein grös- serer Wohlstand und höhere Kultur giebt dem Russen nicht allemal diesen fehlenden Sinn, dessen Mangel oft mit dem Luxus der bessern Lebensart auf eine sonderbare Weise kon- trastirt.
Die Nahrungsmittel des gemeinen Man- nes sind im zweyten Abschnitte geschildert. Die Speisen die man dort angeführt findet, ma- chen die tägliche Tafel aller der Menschen, die zu unserer vierten Klasse gehören, wobey die Abstuffungen des Wohlstandes nur sehr ge- ringen Einfluß haben. Der reichste Kaufmann oder Podrjädschik, wenn er nach alter russi- scher Sitte lebt, setzt kein ausländisches Ge- richt auf seinen Tisch, und bereitet oft seine Fastenspeisen um nichts appetitlicher, als der armseligste Bauer. Nur in den Getränken unterscheidet sich die Tafel des wohlhabenderen Theils dieser Klasse; denn so wenig der ge- meine Russe die Gourmandise kennt, so gern er sich mit der schlechtesten vaterländischen Kost behilft, so groß ist auch seine Liebhaberey für
Zweiter Theil. A a
auch ſo unſauber ſeyn als moͤglich, legt er nicht eher als in der Badſtube ab, wo ſie zu- gleich mit ausgewaſchen werden. — Ein groͤſ- ſerer Wohlſtand und hoͤhere Kultur giebt dem Ruſſen nicht allemal dieſen fehlenden Sinn, deſſen Mangel oft mit dem Luxus der beſſern Lebensart auf eine ſonderbare Weiſe kon- traſtirt.
Die Nahrungsmittel des gemeinen Man- nes ſind im zweyten Abſchnitte geſchildert. Die Speiſen die man dort angefuͤhrt findet, ma- chen die taͤgliche Tafel aller der Menſchen, die zu unſerer vierten Klaſſe gehoͤren, wobey die Abſtuffungen des Wohlſtandes nur ſehr ge- ringen Einfluß haben. Der reichſte Kaufmann oder Podrjaͤdſchik, wenn er nach alter ruſſi- ſcher Sitte lebt, ſetzt kein auslaͤndiſches Ge- richt auf ſeinen Tiſch, und bereitet oft ſeine Faſtenſpeiſen um nichts appetitlicher, als der armſeligſte Bauer. Nur in den Getraͤnken unterſcheidet ſich die Tafel des wohlhabenderen Theils dieſer Klaſſe; denn ſo wenig der ge- meine Ruſſe die Gourmandiſe kennt, ſo gern er ſich mit der ſchlechteſten vaterlaͤndiſchen Koſt behilft, ſo groß iſt auch ſeine Liebhaberey fuͤr
Zweiter Theil. A a
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auch ſo unſauber ſeyn als moͤglich, legt er
nicht eher als in der Badſtube ab, wo ſie zu-
gleich mit ausgewaſchen werden. — Ein groͤſ-
ſerer Wohlſtand und hoͤhere Kultur giebt dem
Ruſſen nicht allemal dieſen fehlenden Sinn,
deſſen Mangel oft mit dem Luxus der beſſern
Lebensart auf eine ſonderbare Weiſe kon-
traſtirt.
Die Nahrungsmittel des gemeinen Man-
nes ſind im zweyten Abſchnitte geſchildert. Die
Speiſen die man dort angefuͤhrt findet, ma-
chen die taͤgliche Tafel aller der Menſchen,
die zu unſerer vierten Klaſſe gehoͤren, wobey
die Abſtuffungen des Wohlſtandes nur ſehr ge-
ringen Einfluß haben. Der reichſte Kaufmann
oder Podrjaͤdſchik, wenn er nach alter ruſſi-
ſcher Sitte lebt, ſetzt kein auslaͤndiſches Ge-
richt auf ſeinen Tiſch, und bereitet oft ſeine
Faſtenſpeiſen um nichts appetitlicher, als der
armſeligſte Bauer. Nur in den Getraͤnken
unterſcheidet ſich die Tafel des wohlhabenderen
Theils dieſer Klaſſe; denn ſo wenig der ge-
meine Ruſſe die Gourmandiſe kennt, ſo gern
er ſich mit der ſchlechteſten vaterlaͤndiſchen Koſt
behilft, ſo groß iſt auch ſeine Liebhaberey fuͤr
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/387>, abgerufen am 23.11.2024.
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