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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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hebt zwar die natürlichen Reize eines schönen
Weibes, daher sie auch von Damen aus den
höhern Ständen, die sich ihrer Vorzüge be-
wußt sind, gerne zur Maskenverkleidung ge-
wählt wird; aber ein häßliches Gesicht oder
ein mißgeformter Körper stechen unter dieser
Hülle desto greller hervor. Daß die Schminke
bey allen russischen Weibern den wesentlichsten
Theil der Toilette ausmacht, ist schon anders-
wo in diesem Buche gesagt. Ihre sitzende Le-
bensart, ihr leidenschaftliches Temperament
und die Pflege die sie bey einiger Wohlhaben-
heit auf ihren Körper wenden, giebt ihnen ge-
wöhnlich schon in ihrem blühendsten Alter ein
Embonpoint, wodurch sie das Ansehn von Ma-
tronen erhalten.

Ein großer Theil der untersten Volksklasse
ist kaum unter die Bewohner der Residenz zu
rechnen, weil in derselben ein unaufhörlicher
Ab- und Zufluß herrscht. Den Sommer hin-
durch beschäftigen sich viele tausend Menschen
als Zimmerleute, Maurer, Steinmetzen, Pfla-
sterer, die beym Anfange des Winters in ihre
Heymath zurückkehren, und deren Bevölkerung
durch andere Tausende ersetzt wird, die sich

hebt zwar die natuͤrlichen Reize eines ſchoͤnen
Weibes, daher ſie auch von Damen aus den
hoͤhern Staͤnden, die ſich ihrer Vorzuͤge be-
wußt ſind, gerne zur Maskenverkleidung ge-
waͤhlt wird; aber ein haͤßliches Geſicht oder
ein mißgeformter Koͤrper ſtechen unter dieſer
Huͤlle deſto greller hervor. Daß die Schminke
bey allen ruſſiſchen Weibern den weſentlichſten
Theil der Toilette ausmacht, iſt ſchon anders-
wo in dieſem Buche geſagt. Ihre ſitzende Le-
bensart, ihr leidenſchaftliches Temperament
und die Pflege die ſie bey einiger Wohlhaben-
heit auf ihren Koͤrper wenden, giebt ihnen ge-
woͤhnlich ſchon in ihrem bluͤhendſten Alter ein
Embonpoint, wodurch ſie das Anſehn von Ma-
tronen erhalten.

Ein großer Theil der unterſten Volksklaſſe
iſt kaum unter die Bewohner der Reſidenz zu
rechnen, weil in derſelben ein unaufhoͤrlicher
Ab- und Zufluß herrſcht. Den Sommer hin-
durch beſchaͤftigen ſich viele tauſend Menſchen
als Zimmerleute, Maurer, Steinmetzen, Pfla-
ſterer, die beym Anfange des Winters in ihre
Heymath zuruͤckkehren, und deren Bevoͤlkerung
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[365/0383] hebt zwar die natuͤrlichen Reize eines ſchoͤnen Weibes, daher ſie auch von Damen aus den hoͤhern Staͤnden, die ſich ihrer Vorzuͤge be- wußt ſind, gerne zur Maskenverkleidung ge- waͤhlt wird; aber ein haͤßliches Geſicht oder ein mißgeformter Koͤrper ſtechen unter dieſer Huͤlle deſto greller hervor. Daß die Schminke bey allen ruſſiſchen Weibern den weſentlichſten Theil der Toilette ausmacht, iſt ſchon anders- wo in dieſem Buche geſagt. Ihre ſitzende Le- bensart, ihr leidenſchaftliches Temperament und die Pflege die ſie bey einiger Wohlhaben- heit auf ihren Koͤrper wenden, giebt ihnen ge- woͤhnlich ſchon in ihrem bluͤhendſten Alter ein Embonpoint, wodurch ſie das Anſehn von Ma- tronen erhalten. Ein großer Theil der unterſten Volksklaſſe iſt kaum unter die Bewohner der Reſidenz zu rechnen, weil in derſelben ein unaufhoͤrlicher Ab- und Zufluß herrſcht. Den Sommer hin- durch beſchaͤftigen ſich viele tauſend Menſchen als Zimmerleute, Maurer, Steinmetzen, Pfla- ſterer, die beym Anfange des Winters in ihre Heymath zuruͤckkehren, und deren Bevoͤlkerung durch andere Tauſende erſetzt wird, die ſich

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/383>, abgerufen am 23.11.2024.