auf Opernbühnen sieht, die aber doch beym er- sten Anblick einnimmt und gefällt.
Die Weiber sind durch ihre Kleidung nicht so sehr gegen die Unfreundlichkeit des Klima geschützt; aber ihre sitzende, häusliche Lebens- art macht ihnen diesen Vortheil entbehrlich. Sie tragen einen gewöhnlichen Weiberrock und ein Mieder ohne Aermel, an deren Stelle ein reinliches aufgekraustes Hemde zu sehen ist. Wohlhabendere Weiber bekleiden sich mit einem langen, an den Leib passenden Anzuge, der den ganzen Körper bedeckt. Ihr Kopfputz besteht in einem großen seidenen Tuche, welches sie auf eine eigene Art um den Kopf winden, oder in einer kleinen Haube, von kostbarem Zeuge, mit Spitzen und Perlen besetzt. Die Totlette einer nur mäßig wohlhabenden Frau erfordert überaus viele Nippes, goldne Ketten, Ohrge- henke, Perlenschnüre, Ringe, und dergleichen. An ihre Hauben pflegen sie, beym Ausgehen, noch ein sehr großes seidnes Tuch zu stecken, welches über die Schultern und den Rücken hinunter hängt.
Diese Kleidung, die theuer zu stehen kommt, wenn sie nur einigermaßen gut seyn soll, er-
auf Opernbuͤhnen ſieht, die aber doch beym er- ſten Anblick einnimmt und gefaͤllt.
Die Weiber ſind durch ihre Kleidung nicht ſo ſehr gegen die Unfreundlichkeit des Klima geſchuͤtzt; aber ihre ſitzende, haͤusliche Lebens- art macht ihnen dieſen Vortheil entbehrlich. Sie tragen einen gewoͤhnlichen Weiberrock und ein Mieder ohne Aermel, an deren Stelle ein reinliches aufgekrauſtes Hemde zu ſehen iſt. Wohlhabendere Weiber bekleiden ſich mit einem langen, an den Leib paſſenden Anzuge, der den ganzen Koͤrper bedeckt. Ihr Kopfputz beſteht in einem großen ſeidenen Tuche, welches ſie auf eine eigene Art um den Kopf winden, oder in einer kleinen Haube, von koſtbarem Zeuge, mit Spitzen und Perlen beſetzt. Die Totlette einer nur maͤßig wohlhabenden Frau erfordert uͤberaus viele Nippes, goldne Ketten, Ohrge- henke, Perlenſchnuͤre, Ringe, und dergleichen. An ihre Hauben pflegen ſie, beym Ausgehen, noch ein ſehr großes ſeidnes Tuch zu ſtecken, welches uͤber die Schultern und den Ruͤcken hinunter haͤngt.
Dieſe Kleidung, die theuer zu ſtehen kommt, wenn ſie nur einigermaßen gut ſeyn ſoll, er-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0382"n="364"/>
auf Opernbuͤhnen ſieht, die aber doch beym er-<lb/>ſten Anblick einnimmt und gefaͤllt.</p><lb/><p>Die Weiber ſind durch ihre Kleidung nicht<lb/>ſo ſehr gegen die Unfreundlichkeit des Klima<lb/>
geſchuͤtzt; aber ihre ſitzende, haͤusliche Lebens-<lb/>
art macht ihnen dieſen Vortheil entbehrlich.<lb/>
Sie tragen einen gewoͤhnlichen Weiberrock und<lb/>
ein Mieder ohne Aermel, an deren Stelle ein<lb/>
reinliches aufgekrauſtes Hemde zu ſehen iſt.<lb/>
Wohlhabendere Weiber bekleiden ſich mit einem<lb/>
langen, an den Leib paſſenden Anzuge, der den<lb/>
ganzen Koͤrper bedeckt. Ihr Kopfputz beſteht<lb/>
in einem großen ſeidenen Tuche, welches ſie<lb/>
auf eine eigene Art um den Kopf winden, oder<lb/>
in einer kleinen Haube, von koſtbarem Zeuge,<lb/>
mit Spitzen und Perlen beſetzt. Die Totlette<lb/>
einer nur maͤßig wohlhabenden Frau erfordert<lb/>
uͤberaus viele Nippes, goldne Ketten, Ohrge-<lb/>
henke, Perlenſchnuͤre, Ringe, und dergleichen.<lb/>
An ihre Hauben pflegen ſie, beym Ausgehen,<lb/>
noch ein ſehr großes ſeidnes Tuch zu ſtecken,<lb/>
welches uͤber die Schultern und den Ruͤcken<lb/>
hinunter haͤngt.</p><lb/><p>Dieſe Kleidung, die theuer zu ſtehen kommt,<lb/>
wenn ſie nur einigermaßen gut ſeyn ſoll, er-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[364/0382]
auf Opernbuͤhnen ſieht, die aber doch beym er-
ſten Anblick einnimmt und gefaͤllt.
Die Weiber ſind durch ihre Kleidung nicht
ſo ſehr gegen die Unfreundlichkeit des Klima
geſchuͤtzt; aber ihre ſitzende, haͤusliche Lebens-
art macht ihnen dieſen Vortheil entbehrlich.
Sie tragen einen gewoͤhnlichen Weiberrock und
ein Mieder ohne Aermel, an deren Stelle ein
reinliches aufgekrauſtes Hemde zu ſehen iſt.
Wohlhabendere Weiber bekleiden ſich mit einem
langen, an den Leib paſſenden Anzuge, der den
ganzen Koͤrper bedeckt. Ihr Kopfputz beſteht
in einem großen ſeidenen Tuche, welches ſie
auf eine eigene Art um den Kopf winden, oder
in einer kleinen Haube, von koſtbarem Zeuge,
mit Spitzen und Perlen beſetzt. Die Totlette
einer nur maͤßig wohlhabenden Frau erfordert
uͤberaus viele Nippes, goldne Ketten, Ohrge-
henke, Perlenſchnuͤre, Ringe, und dergleichen.
An ihre Hauben pflegen ſie, beym Ausgehen,
noch ein ſehr großes ſeidnes Tuch zu ſtecken,
welches uͤber die Schultern und den Ruͤcken
hinunter haͤngt.
Dieſe Kleidung, die theuer zu ſtehen kommt,
wenn ſie nur einigermaßen gut ſeyn ſoll, er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/382>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.