Mann durch seine Manie für dieses Vergnü- gen merkwürdig, die an ihm um so auffallen- der war, weil sie mit seinem Gewerbe auf eine sonderbare Art kontrastirte, denn er war ein Sargmacher. Da er sein Handwerk im Gro- ßen trieb, so verdiente er viel Geld, welches er nicht nur dazu anwandte, alle Tanzgesellschaf- ten zu besuchen, wo ihm der Eintritt gestattet wurde, sondern auch neue Tänze mit ihrer Musik aus fremden Ländern zu verschreiben, die er sich auf der Post schicken ließ, um sie früher als Andere zu bekommen. -- Auch außer den Klubbs fehlt es nicht an Gelegen- heiten zum Tanzen. Die öffentlichen Bälle und Maskaraden im Opernhause, in der Gal- lerie des anitschkowischen Pallasts und außer- halb der Stadt, in den Gasthäusern, sind zum Theil sehr geschmackvoll und werden von ei- nem zahlreichen und glänzenden Publikum be- sucht. Keine dieser Privatunternehmungen aber ist einer großen prächtigen Residenz wür- diger, als die Tanzgesellschaften und Maskara- den im gallizinschen Pallast, deren Unterneh- mer ein Franzose, Namens Lion, ist. Die außerordentliche Größe des Hauptsaals, die
Mann durch ſeine Manie fuͤr dieſes Vergnuͤ- gen merkwuͤrdig, die an ihm um ſo auffallen- der war, weil ſie mit ſeinem Gewerbe auf eine ſonderbare Art kontraſtirte, denn er war ein Sargmacher. Da er ſein Handwerk im Gro- ßen trieb, ſo verdiente er viel Geld, welches er nicht nur dazu anwandte, alle Tanzgeſellſchaf- ten zu beſuchen, wo ihm der Eintritt geſtattet wurde, ſondern auch neue Taͤnze mit ihrer Muſik aus fremden Laͤndern zu verſchreiben, die er ſich auf der Poſt ſchicken ließ, um ſie fruͤher als Andere zu bekommen. — Auch außer den Klubbs fehlt es nicht an Gelegen- heiten zum Tanzen. Die oͤffentlichen Baͤlle und Maskaraden im Opernhauſe, in der Gal- lerie des anitſchkowiſchen Pallaſts und außer- halb der Stadt, in den Gaſthaͤuſern, ſind zum Theil ſehr geſchmackvoll und werden von ei- nem zahlreichen und glaͤnzenden Publikum be- ſucht. Keine dieſer Privatunternehmungen aber iſt einer großen praͤchtigen Reſidenz wuͤr- diger, als die Tanzgeſellſchaften und Maskara- den im gallizinſchen Pallaſt, deren Unterneh- mer ein Franzoſe, Namens Lion, iſt. Die außerordentliche Groͤße des Hauptſaals, die
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0358"n="340"/>
Mann durch ſeine Manie fuͤr dieſes Vergnuͤ-<lb/>
gen merkwuͤrdig, die an ihm um ſo auffallen-<lb/>
der war, weil ſie mit ſeinem Gewerbe auf eine<lb/>ſonderbare Art kontraſtirte, denn er war ein<lb/>
Sargmacher. Da er ſein Handwerk im Gro-<lb/>
ßen trieb, ſo verdiente er viel Geld, welches er<lb/>
nicht nur dazu anwandte, alle Tanzgeſellſchaf-<lb/>
ten zu beſuchen, wo ihm der Eintritt geſtattet<lb/>
wurde, ſondern auch neue Taͤnze mit ihrer<lb/>
Muſik aus fremden Laͤndern zu verſchreiben,<lb/>
die er ſich auf der Poſt ſchicken ließ, um ſie<lb/>
fruͤher als Andere zu bekommen. — Auch<lb/>
außer den Klubbs fehlt es nicht an Gelegen-<lb/>
heiten zum Tanzen. Die oͤffentlichen Baͤlle<lb/>
und Maskaraden im Opernhauſe, in der Gal-<lb/>
lerie des anitſchkowiſchen Pallaſts und außer-<lb/>
halb der Stadt, in den Gaſthaͤuſern, ſind zum<lb/>
Theil ſehr geſchmackvoll und werden von ei-<lb/>
nem zahlreichen und glaͤnzenden Publikum be-<lb/>ſucht. Keine dieſer Privatunternehmungen<lb/>
aber iſt einer großen praͤchtigen Reſidenz wuͤr-<lb/>
diger, als die Tanzgeſellſchaften und Maskara-<lb/>
den im gallizinſchen Pallaſt, deren Unterneh-<lb/>
mer ein Franzoſe, Namens <hirendition="#g">Lion</hi>, iſt. Die<lb/>
außerordentliche Groͤße des Hauptſaals, die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[340/0358]
Mann durch ſeine Manie fuͤr dieſes Vergnuͤ-
gen merkwuͤrdig, die an ihm um ſo auffallen-
der war, weil ſie mit ſeinem Gewerbe auf eine
ſonderbare Art kontraſtirte, denn er war ein
Sargmacher. Da er ſein Handwerk im Gro-
ßen trieb, ſo verdiente er viel Geld, welches er
nicht nur dazu anwandte, alle Tanzgeſellſchaf-
ten zu beſuchen, wo ihm der Eintritt geſtattet
wurde, ſondern auch neue Taͤnze mit ihrer
Muſik aus fremden Laͤndern zu verſchreiben,
die er ſich auf der Poſt ſchicken ließ, um ſie
fruͤher als Andere zu bekommen. — Auch
außer den Klubbs fehlt es nicht an Gelegen-
heiten zum Tanzen. Die oͤffentlichen Baͤlle
und Maskaraden im Opernhauſe, in der Gal-
lerie des anitſchkowiſchen Pallaſts und außer-
halb der Stadt, in den Gaſthaͤuſern, ſind zum
Theil ſehr geſchmackvoll und werden von ei-
nem zahlreichen und glaͤnzenden Publikum be-
ſucht. Keine dieſer Privatunternehmungen
aber iſt einer großen praͤchtigen Reſidenz wuͤr-
diger, als die Tanzgeſellſchaften und Maskara-
den im gallizinſchen Pallaſt, deren Unterneh-
mer ein Franzoſe, Namens Lion, iſt. Die
außerordentliche Groͤße des Hauptſaals, die
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/358>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.