des Dichters und Künstlers am wenigsten be- schränkt ist, zeigt es sich auch in seiner größten Eigenthümlichkeit und Stärke. Die niedlichen Produkte dieser Dichtungsart haben, nach dem Urtheil der Kenner, eine verhältnißmäßige Voll- kommenheit, die in andern Gattungen nur einzeln gefunden wird. Unter den Stücken, welche den meisten Beyfall erhalten, und noch jetzt, lange nach ihrer ersten Erscheinung, von Eingebornen und Ausländern mit immer neuem Vergnügen gesehen werden, nenne ich nur den Müller und den Sbiten'schtschik*) weil sie die Quarantaine ihres Ruhms über- standen haben, und zu den klassischen Werken dieser Gattung zu zählen sind. Die treueste Darstellung der Nationalsitten, ein gewisser humoristischer Anstrich, und der Reiz der Musik geben diesen kleinen dramatischen Misgeburten ein Interesse, das durch ein lebhaftes hinreis- sendes Spiel noch um vieles erhöht wird, und dem erwärmten Zuschauer keine Zeit läßt, an
*) Umträger und Verkäufer des Sbiten', eines Ge- tränks, welches man aus den ersten Abschnitten dieses Bu- ches kennt.
des Dichters und Kuͤnſtlers am wenigſten be- ſchraͤnkt iſt, zeigt es ſich auch in ſeiner groͤßten Eigenthuͤmlichkeit und Staͤrke. Die niedlichen Produkte dieſer Dichtungsart haben, nach dem Urtheil der Kenner, eine verhaͤltnißmaͤßige Voll- kommenheit, die in andern Gattungen nur einzeln gefunden wird. Unter den Stuͤcken, welche den meiſten Beyfall erhalten, und noch jetzt, lange nach ihrer erſten Erſcheinung, von Eingebornen und Auslaͤndern mit immer neuem Vergnuͤgen geſehen werden, nenne ich nur den Muͤller und den Sbiten’ſchtſchik*) weil ſie die Quarantaine ihres Ruhms uͤber- ſtanden haben, und zu den klaſſiſchen Werken dieſer Gattung zu zaͤhlen ſind. Die treueſte Darſtellung der Nationalſitten, ein gewiſſer humoriſtiſcher Anſtrich, und der Reiz der Muſik geben dieſen kleinen dramatiſchen Misgeburten ein Intereſſe, das durch ein lebhaftes hinreiſ- ſendes Spiel noch um vieles erhoͤht wird, und dem erwaͤrmten Zuſchauer keine Zeit laͤßt, an
*) Umträger und Verkäufer des Sbiten’, eines Ge- tränks, welches man aus den erſten Abſchnitten dieſes Bu- ches kennt.
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des Dichters und Kuͤnſtlers am wenigſten be-
ſchraͤnkt iſt, zeigt es ſich auch in ſeiner groͤßten
Eigenthuͤmlichkeit und Staͤrke. Die niedlichen
Produkte dieſer Dichtungsart haben, nach dem
Urtheil der Kenner, eine verhaͤltnißmaͤßige Voll-
kommenheit, die in andern Gattungen nur
einzeln gefunden wird. Unter den Stuͤcken,
welche den meiſten Beyfall erhalten, und noch
jetzt, lange nach ihrer erſten Erſcheinung, von
Eingebornen und Auslaͤndern mit immer neuem
Vergnuͤgen geſehen werden, nenne ich nur den
Muͤller und den Sbiten’ſchtſchik *)
weil ſie die Quarantaine ihres Ruhms uͤber-
ſtanden haben, und zu den klaſſiſchen Werken
dieſer Gattung zu zaͤhlen ſind. Die treueſte
Darſtellung der Nationalſitten, ein gewiſſer
humoriſtiſcher Anſtrich, und der Reiz der Muſik
geben dieſen kleinen dramatiſchen Misgeburten
ein Intereſſe, das durch ein lebhaftes hinreiſ-
ſendes Spiel noch um vieles erhoͤht wird, und
dem erwaͤrmten Zuſchauer keine Zeit laͤßt, an
*) Umträger und Verkäufer des Sbiten’, eines Ge-
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/349>, abgerufen am 23.11.2024.
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