spiel, wovon jedoch die Hazardspiele eine Aus- nahme machen. -- In einigen derselben wer- den häufig Bälle gegeben, die ihres niedrigen Einlasses wegen, von einem sehr gemischten Publikum besucht sind, und bey welchen die feinere Klasse der hiesigen Lustmädchen die große Rolle spielt. Man nennt diese Bälle Wetschurinki. Es ist für den Beobachter der Mühe werth, einmal einen Abend aufzu- opfern, um den Ton dieser Klasse von Men- schen kennen zu lernen. Statt der französi- schen Galanterie oder der deutschen Fadeur, mit welchen in Paris oder Berlin die jungen und alten Wollüstlinge um die Mäd- chen der Freude herumzuhüpfen pflegen, sind diese armen Geschöpfe hier den plumpen An- fällen oder den brutalen Launen roher Men- schen überlassen. Kein süsses Geschwätz, keine feine Liebkosung täuscht über die Absicht der Versammlung und den Stand dieser Mäd- chen; nicht einmal die allgemeine Schonung die man überall dem schwächern Geschlechte zugesteht, wird hier beobachtet. Ein Mädchen, welches so unglücklich ist, eine Mannsperson an diesen Orten zu beleidigen, hat die schreck-
Zweiter Theil. X
ſpiel, wovon jedoch die Hazardſpiele eine Aus- nahme machen. — In einigen derſelben wer- den haͤufig Baͤlle gegeben, die ihres niedrigen Einlaſſes wegen, von einem ſehr gemiſchten Publikum beſucht ſind, und bey welchen die feinere Klaſſe der hieſigen Luſtmaͤdchen die große Rolle ſpielt. Man nennt dieſe Baͤlle Wetſchurinki. Es iſt fuͤr den Beobachter der Muͤhe werth, einmal einen Abend aufzu- opfern, um den Ton dieſer Klaſſe von Men- ſchen kennen zu lernen. Statt der franzoͤſi- ſchen Galanterie oder der deutſchen Fadeur, mit welchen in Paris oder Berlin die jungen und alten Wolluͤſtlinge um die Maͤd- chen der Freude herumzuhuͤpfen pflegen, ſind dieſe armen Geſchoͤpfe hier den plumpen An- faͤllen oder den brutalen Launen roher Men- ſchen uͤberlaſſen. Kein ſuͤſſes Geſchwaͤtz, keine feine Liebkoſung taͤuſcht uͤber die Abſicht der Verſammlung und den Stand dieſer Maͤd- chen; nicht einmal die allgemeine Schonung die man uͤberall dem ſchwaͤchern Geſchlechte zugeſteht, wird hier beobachtet. Ein Maͤdchen, welches ſo ungluͤcklich iſt, eine Mannsperſon an dieſen Orten zu beleidigen, hat die ſchreck-
Zweiter Theil. X
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ſpiel, wovon jedoch die Hazardſpiele eine Aus-
nahme machen. — In einigen derſelben wer-
den haͤufig Baͤlle gegeben, die ihres niedrigen
Einlaſſes wegen, von einem ſehr gemiſchten
Publikum beſucht ſind, und bey welchen die
feinere Klaſſe der hieſigen Luſtmaͤdchen die
große Rolle ſpielt. Man nennt dieſe Baͤlle
Wetſchurinki. Es iſt fuͤr den Beobachter
der Muͤhe werth, einmal einen Abend aufzu-
opfern, um den Ton dieſer Klaſſe von Men-
ſchen kennen zu lernen. Statt der franzoͤſi-
ſchen Galanterie oder der deutſchen Fadeur,
mit welchen in Paris oder Berlin die
jungen und alten Wolluͤſtlinge um die Maͤd-
chen der Freude herumzuhuͤpfen pflegen, ſind
dieſe armen Geſchoͤpfe hier den plumpen An-
faͤllen oder den brutalen Launen roher Men-
ſchen uͤberlaſſen. Kein ſuͤſſes Geſchwaͤtz, keine
feine Liebkoſung taͤuſcht uͤber die Abſicht der
Verſammlung und den Stand dieſer Maͤd-
chen; nicht einmal die allgemeine Schonung
die man uͤberall dem ſchwaͤchern Geſchlechte
zugeſteht, wird hier beobachtet. Ein Maͤdchen,
welches ſo ungluͤcklich iſt, eine Mannsperſon
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/339>, abgerufen am 23.11.2024.
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