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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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Tagen mit Wagen, Schlitten und Fußgän-
gern bedeckt, es werden Häuser und Buden
auf derselben errichtet, die zu Volkstheatern
und Schenken dienen. Alle diese Menschen,
Pferde, Wagen, Schlitten und Gerüste stehen
auf der Winterdecke eines großen Flusses, und
an einer Stelle, wo, wenige Wochen nachher,
Schiffe die Wellen durchschneiden. Indessen
wenn ein gelinder Winter einfällt und zu be-
fürchten ist, daß das Eis nicht Stärke genug
gewonnen haben möchte, wird der Schauplatz
dieser Volkslustbarkeit an das Ufer der Newa
verlegt.

Die öffentlichen Vergnügungen
des höhern Publikums
in St. Peters-
burg geben keinen so reichhaltigen Stoff zur
Schilderung, als man nach dem allgemein
herrschenden Hange zum Genuß und dem
Wohlstande der Einwohner voraussetzen sollte.
Die Anstalten für die öffentliche Belustigung
sind hier weder so zahlreich noch so glänzend,
als ich sie zum öftern in Städten von weit
geringeren Ansprüchen gefunden habe. Die
Ursache dieser sonderbaren Erscheinung liegt
weder in der Unbereitwilligkeit des Publikums,

Tagen mit Wagen, Schlitten und Fußgaͤn-
gern bedeckt, es werden Haͤuſer und Buden
auf derſelben errichtet, die zu Volkstheatern
und Schenken dienen. Alle dieſe Menſchen,
Pferde, Wagen, Schlitten und Geruͤſte ſtehen
auf der Winterdecke eines großen Fluſſes, und
an einer Stelle, wo, wenige Wochen nachher,
Schiffe die Wellen durchſchneiden. Indeſſen
wenn ein gelinder Winter einfaͤllt und zu be-
fuͤrchten iſt, daß das Eis nicht Staͤrke genug
gewonnen haben moͤchte, wird der Schauplatz
dieſer Volksluſtbarkeit an das Ufer der Newa
verlegt.

Die oͤffentlichen Vergnuͤgungen
des hoͤhern Publikums
in St. Peters-
burg geben keinen ſo reichhaltigen Stoff zur
Schilderung, als man nach dem allgemein
herrſchenden Hange zum Genuß und dem
Wohlſtande der Einwohner vorausſetzen ſollte.
Die Anſtalten fuͤr die oͤffentliche Beluſtigung
ſind hier weder ſo zahlreich noch ſo glaͤnzend,
als ich ſie zum oͤftern in Staͤdten von weit
geringeren Anſpruͤchen gefunden habe. Die
Urſache dieſer ſonderbaren Erſcheinung liegt
weder in der Unbereitwilligkeit des Publikums,

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[283/0301] Tagen mit Wagen, Schlitten und Fußgaͤn- gern bedeckt, es werden Haͤuſer und Buden auf derſelben errichtet, die zu Volkstheatern und Schenken dienen. Alle dieſe Menſchen, Pferde, Wagen, Schlitten und Geruͤſte ſtehen auf der Winterdecke eines großen Fluſſes, und an einer Stelle, wo, wenige Wochen nachher, Schiffe die Wellen durchſchneiden. Indeſſen wenn ein gelinder Winter einfaͤllt und zu be- fuͤrchten iſt, daß das Eis nicht Staͤrke genug gewonnen haben moͤchte, wird der Schauplatz dieſer Volksluſtbarkeit an das Ufer der Newa verlegt. Die oͤffentlichen Vergnuͤgungen des hoͤhern Publikums in St. Peters- burg geben keinen ſo reichhaltigen Stoff zur Schilderung, als man nach dem allgemein herrſchenden Hange zum Genuß und dem Wohlſtande der Einwohner vorausſetzen ſollte. Die Anſtalten fuͤr die oͤffentliche Beluſtigung ſind hier weder ſo zahlreich noch ſo glaͤnzend, als ich ſie zum oͤftern in Staͤdten von weit geringeren Anſpruͤchen gefunden habe. Die Urſache dieſer ſonderbaren Erſcheinung liegt weder in der Unbereitwilligkeit des Publikums,

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/301>, abgerufen am 23.11.2024.