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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794.

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der. Es ist daher ein sehr gebräuchliches Ver-
gnügen der höhern Stände in St. Peters-
burg, sich auf den Schaluppen bey Wasser-
fahrten und selbst bey Tafel von einem Chor
geübter Sänger russische Volkslieder vorsingen
zu lassen. Im Sommer ist die Newa mit
Fahrzeugen bedeckt, von denen dieser Gesang
ertönt, der, besonders in schönen Nächten,
durch seine sanfte melankolische Weise den ein-
samen Spaziergänger in süsse Empfindungen
wiegt.

Wenn der russische Pöbel in Gesellschaft
froh seyn soll, so darf auch der Tanz nicht
fehlen. Ohne diesen und ohne Gesang läßt
sich kein Volksgelag denken. Ausdrucksvoller
und schöner, als der Nationaltanz, den man
gewöhnlich den Taubentanz (Golubez) nennt,
ist gewiß kein Volkstanz irgend eines Landes,
und schön getanzt wird er nicht nur in den
feinern Zirkeln der gebildeten Stände, sondern
selbst unter dem Pöbel. Er beschäftigt ge-
wöhnlich zwey Personen verschiedenen Ge-
schlechts, die sich in einiger Entfernung einander
gegenüber stellen. Sein Inhalt ist eine Lie-
beserklärung, die durch sehr sprechende Panto-

der. Es iſt daher ein ſehr gebraͤuchliches Ver-
gnuͤgen der hoͤhern Staͤnde in St. Peters-
burg, ſich auf den Schaluppen bey Waſſer-
fahrten und ſelbſt bey Tafel von einem Chor
geuͤbter Saͤnger ruſſiſche Volkslieder vorſingen
zu laſſen. Im Sommer iſt die Newa mit
Fahrzeugen bedeckt, von denen dieſer Geſang
ertoͤnt, der, beſonders in ſchoͤnen Naͤchten,
durch ſeine ſanfte melankoliſche Weiſe den ein-
ſamen Spaziergaͤnger in ſuͤſſe Empfindungen
wiegt.

Wenn der ruſſiſche Poͤbel in Geſellſchaft
froh ſeyn ſoll, ſo darf auch der Tanz nicht
fehlen. Ohne dieſen und ohne Geſang laͤßt
ſich kein Volksgelag denken. Ausdrucksvoller
und ſchoͤner, als der Nationaltanz, den man
gewoͤhnlich den Taubentanz (Golubez) nennt,
iſt gewiß kein Volkstanz irgend eines Landes,
und ſchoͤn getanzt wird er nicht nur in den
feinern Zirkeln der gebildeten Staͤnde, ſondern
ſelbſt unter dem Poͤbel. Er beſchaͤftigt ge-
woͤhnlich zwey Perſonen verſchiedenen Ge-
ſchlechts, die ſich in einiger Entfernung einander
gegenuͤber ſtellen. Sein Inhalt iſt eine Lie-
beserklaͤrung, die durch ſehr ſprechende Panto-

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[270/0286] der. Es iſt daher ein ſehr gebraͤuchliches Ver- gnuͤgen der hoͤhern Staͤnde in St. Peters- burg, ſich auf den Schaluppen bey Waſſer- fahrten und ſelbſt bey Tafel von einem Chor geuͤbter Saͤnger ruſſiſche Volkslieder vorſingen zu laſſen. Im Sommer iſt die Newa mit Fahrzeugen bedeckt, von denen dieſer Geſang ertoͤnt, der, beſonders in ſchoͤnen Naͤchten, durch ſeine ſanfte melankoliſche Weiſe den ein- ſamen Spaziergaͤnger in ſuͤſſe Empfindungen wiegt. Wenn der ruſſiſche Poͤbel in Geſellſchaft froh ſeyn ſoll, ſo darf auch der Tanz nicht fehlen. Ohne dieſen und ohne Geſang laͤßt ſich kein Volksgelag denken. Ausdrucksvoller und ſchoͤner, als der Nationaltanz, den man gewoͤhnlich den Taubentanz (Golubez) nennt, iſt gewiß kein Volkstanz irgend eines Landes, und ſchoͤn getanzt wird er nicht nur in den feinern Zirkeln der gebildeten Staͤnde, ſondern ſelbſt unter dem Poͤbel. Er beſchaͤftigt ge- woͤhnlich zwey Perſonen verſchiedenen Ge- ſchlechts, die ſich in einiger Entfernung einander gegenuͤber ſtellen. Sein Inhalt iſt eine Lie- beserklaͤrung, die durch ſehr ſprechende Panto-

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/286>, abgerufen am 24.11.2024.