empfänglichkeit zu gewinnen. Zu weit entfernt von dem Tummelplatz der Meynungen und Partheyen, um durch das Interesse der Neu- heit zur Theilnahme aufgereizt zu werden, und allzubeschäftigt mit unserer Sinnlichkeit, um in einem Streite, wo für diese nichts zu gewin- nen ist, uns im Ernste unter eine oder die an- dere Fahne zu stellen; sehen wir dem Kampfe und der Reibung so lange zu, bis die errun- genen und aus der gährenden Masse geschiede- nen Resultate uns kürzlich des Bessern beleh- ren; eine Methode, bey der wir um so glück- licher sind, weil unsere Augen, durch keinen Partheygeist geblendet, sich der siegenden Wahr- heit nur desto williger öffnen.
Eine vollständige Uebersicht aller neuen und merkwürdigen Produkte der russischen Lit- teratur zu liefern, wäre so sehr gegen den Zweck dieses Buchs, als die Ausführung eines solchen Vorsatzes unmöglich seyn würde. Kri- tische Journale, litterarische Anzeigen, selbst große Bücherverzeichnisse sind hier noch über- aus selten; der Liebhaber muß sich in den Buchläden mit den neuesten Erscheinungen be- kannt zu machen suchen, und oft gelangen
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empfaͤnglichkeit zu gewinnen. Zu weit entfernt von dem Tummelplatz der Meynungen und Partheyen, um durch das Intereſſe der Neu- heit zur Theilnahme aufgereizt zu werden, und allzubeſchaͤftigt mit unſerer Sinnlichkeit, um in einem Streite, wo fuͤr dieſe nichts zu gewin- nen iſt, uns im Ernſte unter eine oder die an- dere Fahne zu ſtellen; ſehen wir dem Kampfe und der Reibung ſo lange zu, bis die errun- genen und aus der gaͤhrenden Maſſe geſchiede- nen Reſultate uns kuͤrzlich des Beſſern beleh- ren; eine Methode, bey der wir um ſo gluͤck- licher ſind, weil unſere Augen, durch keinen Partheygeiſt geblendet, ſich der ſiegenden Wahr- heit nur deſto williger oͤffnen.
Eine vollſtaͤndige Ueberſicht aller neuen und merkwuͤrdigen Produkte der ruſſiſchen Lit- teratur zu liefern, waͤre ſo ſehr gegen den Zweck dieſes Buchs, als die Ausfuͤhrung eines ſolchen Vorſatzes unmoͤglich ſeyn wuͤrde. Kri- tiſche Journale, litterariſche Anzeigen, ſelbſt große Buͤcherverzeichniſſe ſind hier noch uͤber- aus ſelten; der Liebhaber muß ſich in den Buchlaͤden mit den neueſten Erſcheinungen be- kannt zu machen ſuchen, und oft gelangen
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empfaͤnglichkeit zu gewinnen. Zu weit entfernt
von dem Tummelplatz der Meynungen und
Partheyen, um durch das Intereſſe der Neu-
heit zur Theilnahme aufgereizt zu werden, und
allzubeſchaͤftigt mit unſerer Sinnlichkeit, um in
einem Streite, wo fuͤr dieſe nichts zu gewin-
nen iſt, uns im Ernſte unter eine oder die an-
dere Fahne zu ſtellen; ſehen wir dem Kampfe
und der Reibung ſo lange zu, bis die errun-
genen und aus der gaͤhrenden Maſſe geſchiede-
nen Reſultate uns kuͤrzlich des Beſſern beleh-
ren; eine Methode, bey der wir um ſo gluͤck-
licher ſind, weil unſere Augen, durch keinen
Partheygeiſt geblendet, ſich der ſiegenden Wahr-
heit nur deſto williger oͤffnen.
Eine vollſtaͤndige Ueberſicht aller neuen
und merkwuͤrdigen Produkte der ruſſiſchen Lit-
teratur zu liefern, waͤre ſo ſehr gegen den
Zweck dieſes Buchs, als die Ausfuͤhrung eines
ſolchen Vorſatzes unmoͤglich ſeyn wuͤrde. Kri-
tiſche Journale, litterariſche Anzeigen, ſelbſt
große Buͤcherverzeichniſſe ſind hier noch uͤber-
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/179>, abgerufen am 23.11.2024.
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