Erziehung mit zwey Sprachen vertraut, lernt die dritte, die schwierigste unter allen, mitten im berauschenden Gewühl eines glänzenden Ho- fes, unter den Sorgen einer unermeßlichen Herrschaft, unter dem Jubelgetön errungener Siege -- aus dem Gefühl ihrer Pflicht, und aus patriotischem Interesse für die Kultur ih- res Volks! -- Deutscher Leser! für dich ist kein Anstoß in dieser Vergleichung. Auch Sie ist ja dein, wie Er es war.
So rühmlich die Bemühungen der russi- schen Akademie für die Aufnahme der vater- ländischen Litteratur sind, so zweckmäßig und dem größten Nationalbedürfniß entsprechend ist die Thätigkeit der freyen ökonomischen Gesellschaft, eines Instituts, welches seine Entstehung und Fortdauer lediglich der patrio- tischen Theilnahme aufgeklärter Privatperso- nen verdankt. Sie ward im Jahr 1765, auf Veranlassung des Fürsten Orlow und durch den Beytritt einiger Staatsmänner und Ge- lehrten gestiftet, und in eben diesem Jahr er- folgte die Bestätigung der Kaiserinn, begleitet von einem Geschenk von sechstausend Rubeln und der Erklärung, daß das kaiserliche Ka-
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Erziehung mit zwey Sprachen vertraut, lernt die dritte, die ſchwierigſte unter allen, mitten im berauſchenden Gewuͤhl eines glaͤnzenden Ho- fes, unter den Sorgen einer unermeßlichen Herrſchaft, unter dem Jubelgetoͤn errungener Siege — aus dem Gefuͤhl ihrer Pflicht, und aus patriotiſchem Intereſſe fuͤr die Kultur ih- res Volks! — Deutſcher Leſer! fuͤr dich iſt kein Anſtoß in dieſer Vergleichung. Auch Sie iſt ja dein, wie Er es war.
So ruͤhmlich die Bemuͤhungen der ruſſi- ſchen Akademie fuͤr die Aufnahme der vater- laͤndiſchen Litteratur ſind, ſo zweckmaͤßig und dem groͤßten Nationalbeduͤrfniß entſprechend iſt die Thaͤtigkeit der freyen oͤkonomiſchen Geſellſchaft, eines Inſtituts, welches ſeine Entſtehung und Fortdauer lediglich der patrio- tiſchen Theilnahme aufgeklaͤrter Privatperſo- nen verdankt. Sie ward im Jahr 1765, auf Veranlaſſung des Fuͤrſten Orlow und durch den Beytritt einiger Staatsmaͤnner und Ge- lehrten geſtiftet, und in eben dieſem Jahr er- folgte die Beſtaͤtigung der Kaiſerinn, begleitet von einem Geſchenk von ſechstauſend Rubeln und der Erklaͤrung, daß das kaiſerliche Ka-
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Erziehung mit zwey Sprachen vertraut, lernt
die dritte, die ſchwierigſte unter allen, mitten
im berauſchenden Gewuͤhl eines glaͤnzenden Ho-
fes, unter den Sorgen einer unermeßlichen
Herrſchaft, unter dem Jubelgetoͤn errungener
Siege — aus dem Gefuͤhl ihrer Pflicht, und
aus patriotiſchem Intereſſe fuͤr die Kultur ih-
res Volks! — Deutſcher Leſer! fuͤr dich iſt
kein Anſtoß in dieſer Vergleichung. Auch Sie
iſt ja dein, wie Er es war.
So ruͤhmlich die Bemuͤhungen der ruſſi-
ſchen Akademie fuͤr die Aufnahme der vater-
laͤndiſchen Litteratur ſind, ſo zweckmaͤßig und
dem groͤßten Nationalbeduͤrfniß entſprechend iſt
die Thaͤtigkeit der freyen oͤkonomiſchen
Geſellſchaft, eines Inſtituts, welches ſeine
Entſtehung und Fortdauer lediglich der patrio-
tiſchen Theilnahme aufgeklaͤrter Privatperſo-
nen verdankt. Sie ward im Jahr 1765, auf
Veranlaſſung des Fuͤrſten Orlow und durch
den Beytritt einiger Staatsmaͤnner und Ge-
lehrten geſtiftet, und in eben dieſem Jahr er-
folgte die Beſtaͤtigung der Kaiſerinn, begleitet
von einem Geſchenk von ſechstauſend Rubeln
und der Erklaͤrung, daß das kaiſerliche Ka-
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 2. Riga, 1794, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg02_1794/101>, abgerufen am 22.11.2024.
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