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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

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bittet sich den Ring auf einige Tage gegen
Sicherheit aus, erhält ihn, und eilt damit zu
allen Juwelirern, die ihn sämmtlich für ächt
und von großem Werth erklären. Mit dieser
Gewißheit und der Hofnung eines guten Kaufs
bringt er den Ring seinem Besitzer zurück, der
ihn, beym Empfange, gleichgültig in seine
Westtasche steckt. Man fängt von neuem an
zu handeln; der Unbekannte beharrt auf sei-
nem Entschluß, bis endlich der Edelmann eine
Summe bietet, die dem eigentlichen Werth
ziemlich nahe kam. "Dieser Ring, erwiedert
der Unbekannte, ist ein Geschenk der Freund-
schaft, aber ich bin nicht reich genug, eine so
große Summe auszuschlagen, als Sie dafür
bieten. Doch eben dieses hohe Gebot ist die
Ursache meiner Unentschlüssigkeit. Wie können
Sie, wenn Sie Sich dessen völlig bewußt
sind, was Sie thun, so viel Geld für einen
Ring geben, von welchem der Besitzer selbst
eingesteht, daß er unächt sey?" -- Wenn
Ihr Entschluß nur davon abhängt, versetzt
der Käufer, so empfangen Sie hier sogleich
die Summe (er legte sie in Banknoten auf
den Tisch) und ich nehme die Herren, die hier

bittet ſich den Ring auf einige Tage gegen
Sicherheit aus, erhaͤlt ihn, und eilt damit zu
allen Juwelirern, die ihn ſaͤmmtlich fuͤr aͤcht
und von großem Werth erklaͤren. Mit dieſer
Gewißheit und der Hofnung eines guten Kaufs
bringt er den Ring ſeinem Beſitzer zuruͤck, der
ihn, beym Empfange, gleichguͤltig in ſeine
Weſttaſche ſteckt. Man faͤngt von neuem an
zu handeln; der Unbekannte beharrt auf ſei-
nem Entſchluß, bis endlich der Edelmann eine
Summe bietet, die dem eigentlichen Werth
ziemlich nahe kam. „Dieſer Ring, erwiedert
der Unbekannte, iſt ein Geſchenk der Freund-
ſchaft, aber ich bin nicht reich genug, eine ſo
große Summe auszuſchlagen, als Sie dafuͤr
bieten. Doch eben dieſes hohe Gebot iſt die
Urſache meiner Unentſchluͤſſigkeit. Wie koͤnnen
Sie, wenn Sie Sich deſſen voͤllig bewußt
ſind, was Sie thun, ſo viel Geld fuͤr einen
Ring geben, von welchem der Beſitzer ſelbſt
eingeſteht, daß er unaͤcht ſey?“ — Wenn
Ihr Entſchluß nur davon abhaͤngt, verſetzt
der Kaͤufer, ſo empfangen Sie hier ſogleich
die Summe (er legte ſie in Banknoten auf
den Tiſch) und ich nehme die Herren, die hier

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[198/0232] bittet ſich den Ring auf einige Tage gegen Sicherheit aus, erhaͤlt ihn, und eilt damit zu allen Juwelirern, die ihn ſaͤmmtlich fuͤr aͤcht und von großem Werth erklaͤren. Mit dieſer Gewißheit und der Hofnung eines guten Kaufs bringt er den Ring ſeinem Beſitzer zuruͤck, der ihn, beym Empfange, gleichguͤltig in ſeine Weſttaſche ſteckt. Man faͤngt von neuem an zu handeln; der Unbekannte beharrt auf ſei- nem Entſchluß, bis endlich der Edelmann eine Summe bietet, die dem eigentlichen Werth ziemlich nahe kam. „Dieſer Ring, erwiedert der Unbekannte, iſt ein Geſchenk der Freund- ſchaft, aber ich bin nicht reich genug, eine ſo große Summe auszuſchlagen, als Sie dafuͤr bieten. Doch eben dieſes hohe Gebot iſt die Urſache meiner Unentſchluͤſſigkeit. Wie koͤnnen Sie, wenn Sie Sich deſſen voͤllig bewußt ſind, was Sie thun, ſo viel Geld fuͤr einen Ring geben, von welchem der Beſitzer ſelbſt eingeſteht, daß er unaͤcht ſey?“ — Wenn Ihr Entſchluß nur davon abhaͤngt, verſetzt der Kaͤufer, ſo empfangen Sie hier ſogleich die Summe (er legte ſie in Banknoten auf den Tiſch) und ich nehme die Herren, die hier

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/232>, abgerufen am 25.11.2024.