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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

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tionssekretair als Kammerdiener gestanden hat-
te, übernahm einige Zeit nachher den gefährli-
chen Auftrag, nicht nur diese Papiere nach
Schweden hinüber zu bringen, sondern auch Er-
kundigungen über gewisse Dinge einzuziehen, die
in allen Ländern als Staatsgeheimnisse betrachtet
werden, und es zur Zeit des Krieges wirklich in
mehr als Einer Rücksicht seyn müssen. Mit
Geld und allen Talenten zu einer solchen Unter-
nehmung hinlänglich versehen, erschien er hier
in Petersburg unter dem Namen eines Kauf-
manns und dem Vorwande Getreide einzuhan-
deln, und hatte das Glück, nicht nur seinen
Endzweck zum Theil zu erreichen, sondern auch
mit seinen geretteten Papieren und Briefschaften
bis Riga zu kommen. Hier, auf der Grenze
des Reichs, ereilte ihn die Wachsamkeit der pe-
tersburgischen Polizey; er ward in Verhaft ge-
nommen, nach der Residenz zurückgebracht, und
in dem Hause des Generalprokureurs in Ver-
wahrung gesetzt. Sein Prozeß war kurz, da
die Beweise seiner Unternehmung jede Entschul-
digung unmöglich machten; er hielt es daher für
das zuträglichste, unter diesen Umständen alles
freymüthig zu gestehen. Nach einigen Verhören

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tionsſekretair als Kammerdiener geſtanden hat-
te, uͤbernahm einige Zeit nachher den gefaͤhrli-
chen Auftrag, nicht nur dieſe Papiere nach
Schweden hinuͤber zu bringen, ſondern auch Er-
kundigungen uͤber gewiſſe Dinge einzuziehen, die
in allen Laͤndern als Staatsgeheimniſſe betrachtet
werden, und es zur Zeit des Krieges wirklich in
mehr als Einer Ruͤckſicht ſeyn muͤſſen. Mit
Geld und allen Talenten zu einer ſolchen Unter-
nehmung hinlaͤnglich verſehen, erſchien er hier
in Petersburg unter dem Namen eines Kauf-
manns und dem Vorwande Getreide einzuhan-
deln, und hatte das Gluͤck, nicht nur ſeinen
Endzweck zum Theil zu erreichen, ſondern auch
mit ſeinen geretteten Papieren und Briefſchaften
bis Riga zu kommen. Hier, auf der Grenze
des Reichs, ereilte ihn die Wachſamkeit der pe-
tersburgiſchen Polizey; er ward in Verhaft ge-
nommen, nach der Reſidenz zuruͤckgebracht, und
in dem Hauſe des Generalprokureurs in Ver-
wahrung geſetzt. Sein Prozeß war kurz, da
die Beweiſe ſeiner Unternehmung jede Entſchul-
digung unmoͤglich machten; er hielt es daher fuͤr
das zutraͤglichſte, unter dieſen Umſtaͤnden alles
freymuͤthig zu geſtehen. Nach einigen Verhoͤren

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[179/0213] tionsſekretair als Kammerdiener geſtanden hat- te, uͤbernahm einige Zeit nachher den gefaͤhrli- chen Auftrag, nicht nur dieſe Papiere nach Schweden hinuͤber zu bringen, ſondern auch Er- kundigungen uͤber gewiſſe Dinge einzuziehen, die in allen Laͤndern als Staatsgeheimniſſe betrachtet werden, und es zur Zeit des Krieges wirklich in mehr als Einer Ruͤckſicht ſeyn muͤſſen. Mit Geld und allen Talenten zu einer ſolchen Unter- nehmung hinlaͤnglich verſehen, erſchien er hier in Petersburg unter dem Namen eines Kauf- manns und dem Vorwande Getreide einzuhan- deln, und hatte das Gluͤck, nicht nur ſeinen Endzweck zum Theil zu erreichen, ſondern auch mit ſeinen geretteten Papieren und Briefſchaften bis Riga zu kommen. Hier, auf der Grenze des Reichs, ereilte ihn die Wachſamkeit der pe- tersburgiſchen Polizey; er ward in Verhaft ge- nommen, nach der Reſidenz zuruͤckgebracht, und in dem Hauſe des Generalprokureurs in Ver- wahrung geſetzt. Sein Prozeß war kurz, da die Beweiſe ſeiner Unternehmung jede Entſchul- digung unmoͤglich machten; er hielt es daher fuͤr das zutraͤglichſte, unter dieſen Umſtaͤnden alles freymuͤthig zu geſtehen. Nach einigen Verhoͤren M 2

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/213>, abgerufen am 28.11.2024.