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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

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tigkeit erfordert, Maurer, Steinmetzen, Zim-
merleute, Bediente, Friseurs, u. dergl. werden
besser und zum Theil übermäßig bezahlt. Diese
Leute sammeln sich in der Residenz gewöhnlich
ein kleines Kapital, und ziehen nach einigen
Jahren damit in ihre Heimath.

Fast jeder Stadttheil hat einen oder meh-
rere Märkte für Lebensmittel; sie sind fast
durchgehends von Stein in großen Vierecken,
mit Arkaden, erbaut. Aber ein eigenthümli-
cher Vorzug von Petersburg ist dieser, daß
man alle Lebensnothwendigkeiten in den Häu-
sern selbst kaufen kann, weil sie von Leuten
umhergetragen werden, die den Einzelverkauf
zu ihrem Gewerbe machen. Man nennt diese
Leute Rasnoschtschiki; sie gewöhnen sich
an die Häuser, bringen täglich alle Bedürf-
nisse, die man fordert, und in solcher Menge
und Güte als man sie bestellt. Sie halten
auch monatliche oder halbjährige Rechnung
mit Leuten, die sie einmal kennen, wobey sie
zuweilen ihre Forderung verlieren, wenn der
Hausherr stirbt, oder die Familie verarmt oder
verwais't. -- Ich erinnere mich bey dieser

tigkeit erfordert, Maurer, Steinmetzen, Zim-
merleute, Bediente, Friſeurs, u. dergl. werden
beſſer und zum Theil uͤbermaͤßig bezahlt. Dieſe
Leute ſammeln ſich in der Reſidenz gewoͤhnlich
ein kleines Kapital, und ziehen nach einigen
Jahren damit in ihre Heimath.

Faſt jeder Stadttheil hat einen oder meh-
rere Maͤrkte fuͤr Lebensmittel; ſie ſind faſt
durchgehends von Stein in großen Vierecken,
mit Arkaden, erbaut. Aber ein eigenthuͤmli-
cher Vorzug von Petersburg iſt dieſer, daß
man alle Lebensnothwendigkeiten in den Haͤu-
ſern ſelbſt kaufen kann, weil ſie von Leuten
umhergetragen werden, die den Einzelverkauf
zu ihrem Gewerbe machen. Man nennt dieſe
Leute Rasnoſchtſchiki; ſie gewoͤhnen ſich
an die Haͤuſer, bringen taͤglich alle Beduͤrf-
niſſe, die man fordert, und in ſolcher Menge
und Guͤte als man ſie beſtellt. Sie halten
auch monatliche oder halbjaͤhrige Rechnung
mit Leuten, die ſie einmal kennen, wobey ſie
zuweilen ihre Forderung verlieren, wenn der
Hausherr ſtirbt, oder die Familie verarmt oder
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[154/0188] tigkeit erfordert, Maurer, Steinmetzen, Zim- merleute, Bediente, Friſeurs, u. dergl. werden beſſer und zum Theil uͤbermaͤßig bezahlt. Dieſe Leute ſammeln ſich in der Reſidenz gewoͤhnlich ein kleines Kapital, und ziehen nach einigen Jahren damit in ihre Heimath. Faſt jeder Stadttheil hat einen oder meh- rere Maͤrkte fuͤr Lebensmittel; ſie ſind faſt durchgehends von Stein in großen Vierecken, mit Arkaden, erbaut. Aber ein eigenthuͤmli- cher Vorzug von Petersburg iſt dieſer, daß man alle Lebensnothwendigkeiten in den Haͤu- ſern ſelbſt kaufen kann, weil ſie von Leuten umhergetragen werden, die den Einzelverkauf zu ihrem Gewerbe machen. Man nennt dieſe Leute Rasnoſchtſchiki; ſie gewoͤhnen ſich an die Haͤuſer, bringen taͤglich alle Beduͤrf- niſſe, die man fordert, und in ſolcher Menge und Guͤte als man ſie beſtellt. Sie halten auch monatliche oder halbjaͤhrige Rechnung mit Leuten, die ſie einmal kennen, wobey ſie zuweilen ihre Forderung verlieren, wenn der Hausherr ſtirbt, oder die Familie verarmt oder verwaiſ’t. — Ich erinnere mich bey dieſer

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/188>, abgerufen am 24.11.2024.