liegende Gegend keine geringere Befriedigung ver- sprechen. Immer die nämlichen Gruppen, aber immer auf verändertem Grunde; eben diese Be- siegung natürlicher Hindernisse, aber zu einem andern Zweck; eben dieser erstaunenswürdige Aufwand menschlicher Kraft, aber mit andern Resultaten. Dort fesselt unsern Blick der Sieg der Kunst über die Schwierigkeiten ihres Gebiets, hier über die widerstrebende Natur. Bey einem so ungleichartigen Kampf kann der Ausgang nicht einerley seyn; alle Forderungen sind erfüllt, wenn die Kunst, unüberwunden von der stärkern Natur, mit ihr zugleich den Kampfplatz be- hauptet.
Mit diesem Maaßstabe in der Hand, wer- den wir dem Gegenstande Gerechtigkeit wieder- fahren lassen, dessen Untersuchung uns jetzt be- schäftigen soll. Was die Kunst besiegen konnte, hat sie besiegt: wo der Natur aufgeholfen wer- den konnte, ist ihr aufgeholfen; aber freylich vermißt man unter diesen erkünstelten Wundern jene Fülle, jenes Streben und Drängen der or- ganisirten Schöpfung, welche nur eine mildere Sonne zu erzeugen vermag. Immer fehlt den kärglich ausgespendeten Gaben die frische Farbe,
liegende Gegend keine geringere Befriedigung ver- ſprechen. Immer die naͤmlichen Gruppen, aber immer auf veraͤndertem Grunde; eben dieſe Be- ſiegung natuͤrlicher Hinderniſſe, aber zu einem andern Zweck; eben dieſer erſtaunenswuͤrdige Aufwand menſchlicher Kraft, aber mit andern Reſultaten. Dort feſſelt unſern Blick der Sieg der Kunſt uͤber die Schwierigkeiten ihres Gebiets, hier uͤber die widerſtrebende Natur. Bey einem ſo ungleichartigen Kampf kann der Ausgang nicht einerley ſeyn; alle Forderungen ſind erfuͤllt, wenn die Kunſt, unuͤberwunden von der ſtaͤrkern Natur, mit ihr zugleich den Kampfplatz be- hauptet.
Mit dieſem Maaßſtabe in der Hand, wer- den wir dem Gegenſtande Gerechtigkeit wieder- fahren laſſen, deſſen Unterſuchung uns jetzt be- ſchaͤftigen ſoll. Was die Kunſt beſiegen konnte, hat ſie beſiegt: wo der Natur aufgeholfen wer- den konnte, iſt ihr aufgeholfen; aber freylich vermißt man unter dieſen erkuͤnſtelten Wundern jene Fuͤlle, jenes Streben und Draͤngen der or- ganiſirten Schoͤpfung, welche nur eine mildere Sonne zu erzeugen vermag. Immer fehlt den kaͤrglich ausgeſpendeten Gaben die friſche Farbe,
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liegende Gegend keine geringere Befriedigung ver-
ſprechen. Immer die naͤmlichen Gruppen, aber
immer auf veraͤndertem Grunde; eben dieſe Be-
ſiegung natuͤrlicher Hinderniſſe, aber zu einem
andern Zweck; eben dieſer erſtaunenswuͤrdige
Aufwand menſchlicher Kraft, aber mit andern
Reſultaten. Dort feſſelt unſern Blick der Sieg
der Kunſt uͤber die Schwierigkeiten ihres Gebiets,
hier uͤber die widerſtrebende Natur. Bey einem
ſo ungleichartigen Kampf kann der Ausgang
nicht einerley ſeyn; alle Forderungen ſind erfuͤllt,
wenn die Kunſt, unuͤberwunden von der ſtaͤrkern
Natur, mit ihr zugleich den Kampfplatz be-
hauptet.
Mit dieſem Maaßſtabe in der Hand, wer-
den wir dem Gegenſtande Gerechtigkeit wieder-
fahren laſſen, deſſen Unterſuchung uns jetzt be-
ſchaͤftigen ſoll. Was die Kunſt beſiegen konnte,
hat ſie beſiegt: wo der Natur aufgeholfen wer-
den konnte, iſt ihr aufgeholfen; aber freylich
vermißt man unter dieſen erkuͤnſtelten Wundern
jene Fuͤlle, jenes Streben und Draͤngen der or-
ganiſirten Schoͤpfung, welche nur eine mildere
Sonne zu erzeugen vermag. Immer fehlt den
kaͤrglich ausgeſpendeten Gaben die friſche Farbe,
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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/110>, abgerufen am 24.11.2024.
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