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Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794.

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Wassili-Ostrow ist der Sitz des Han-
dels und des ersten Tribunals für die Gelehr-
samkeit in Rußland. Die Börse und die Aka-
demie der Wissenschaften liegen auf dieser In-
sel. Kaufleute und Gelehrte bewohnen hier,
letztere nur zum Theil, die bessern Gegenden,
auch nimmt das Landkadettenkorps mit seiner
ansehnlichen Bevölkerung einen vorzüglichen
Rang in der Karakteristik von Wassili-Ostrow
ein. Die entferntern Linien sind größtentheils
mit hölzernen Häusern bebaut, die um so schlech-
ter und unansehnlicher sind, jemehr man sich der
Grenze des bebauten Theils der Insel nähert.
Hier lebt man wie auf dem Lande; in den gro-
ßen Gärten und bey den ländlichen Aussichten
würde man oft vergessen, daß man sich in einer
großen und prächtigen Residenz befindet, wenn
das entfernte Rasseln der Wagen und das Läu-
ten der Glocken diese Täuschung nicht störte. In
der That giebt diese Insel das lebendigste Bild
von dem schnellen Anwachs der Stadt. Hier
ist Wüste und Morast, Dorf und Flecken, Stadt
und Residenz. Das letztere ist Wassili-Ostrow
vorzüglich am Ufer der Newa, gegenüber dem
Admiralitätstheil.


Waſſili-Oſtrow iſt der Sitz des Han-
dels und des erſten Tribunals fuͤr die Gelehr-
ſamkeit in Rußland. Die Boͤrſe und die Aka-
demie der Wiſſenſchaften liegen auf dieſer In-
ſel. Kaufleute und Gelehrte bewohnen hier,
letztere nur zum Theil, die beſſern Gegenden,
auch nimmt das Landkadettenkorps mit ſeiner
anſehnlichen Bevoͤlkerung einen vorzuͤglichen
Rang in der Karakteriſtik von Waſſili-Oſtrow
ein. Die entferntern Linien ſind groͤßtentheils
mit hoͤlzernen Haͤuſern bebaut, die um ſo ſchlech-
ter und unanſehnlicher ſind, jemehr man ſich der
Grenze des bebauten Theils der Inſel naͤhert.
Hier lebt man wie auf dem Lande; in den gro-
ßen Gaͤrten und bey den laͤndlichen Ausſichten
wuͤrde man oft vergeſſen, daß man ſich in einer
großen und praͤchtigen Reſidenz befindet, wenn
das entfernte Raſſeln der Wagen und das Laͤu-
ten der Glocken dieſe Taͤuſchung nicht ſtoͤrte. In
der That giebt dieſe Inſel das lebendigſte Bild
von dem ſchnellen Anwachs der Stadt. Hier
iſt Wuͤſte und Moraſt, Dorf und Flecken, Stadt
und Reſidenz. Das letztere iſt Waſſili-Oſtrow
vorzuͤglich am Ufer der Newa, gegenuͤber dem
Admiralitaͤtstheil.


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[66/0100] Waſſili-Oſtrow iſt der Sitz des Han- dels und des erſten Tribunals fuͤr die Gelehr- ſamkeit in Rußland. Die Boͤrſe und die Aka- demie der Wiſſenſchaften liegen auf dieſer In- ſel. Kaufleute und Gelehrte bewohnen hier, letztere nur zum Theil, die beſſern Gegenden, auch nimmt das Landkadettenkorps mit ſeiner anſehnlichen Bevoͤlkerung einen vorzuͤglichen Rang in der Karakteriſtik von Waſſili-Oſtrow ein. Die entferntern Linien ſind groͤßtentheils mit hoͤlzernen Haͤuſern bebaut, die um ſo ſchlech- ter und unanſehnlicher ſind, jemehr man ſich der Grenze des bebauten Theils der Inſel naͤhert. Hier lebt man wie auf dem Lande; in den gro- ßen Gaͤrten und bey den laͤndlichen Ausſichten wuͤrde man oft vergeſſen, daß man ſich in einer großen und praͤchtigen Reſidenz befindet, wenn das entfernte Raſſeln der Wagen und das Laͤu- ten der Glocken dieſe Taͤuſchung nicht ſtoͤrte. In der That giebt dieſe Inſel das lebendigſte Bild von dem ſchnellen Anwachs der Stadt. Hier iſt Wuͤſte und Moraſt, Dorf und Flecken, Stadt und Reſidenz. Das letztere iſt Waſſili-Oſtrow vorzuͤglich am Ufer der Newa, gegenuͤber dem Admiralitaͤtstheil.

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Zitationshilfe: Storch, Heinrich Friedrich von: Gemählde von St. Petersburg. Bd. 1. Riga, 1794, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/storch_petersburg01_1794/100>, abgerufen am 24.11.2024.