Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779.Elegie an meinen Bruder den 15. Okt. 1778. Freudiger würde mein Geist, in treuer, süsser Umarmung, Bester, eilen zu dir, wie zur Quelle das Reh, Würde, bebend und sprachlos, von meiner Lippe zur deinen, Bester, eilen zu dir, auf geflügeltem Kuß. Zärtlicher bebte der Freundschaft Bund auf Jo- nathans Lippe Nicht, im heimlichen Thal, wo er dem Lie- benden schwur; Zärtlicher zitterte nicht an Benjamins Auge die Thräne, Als sein Joseph ihm lag an der klopfenden Brust! Aber, trennen uns nicht die ausgedehnten Ge- filde? Trennen Fluten uns nicht, rauschend im herbst- lichen Sturm? Elegie an meinen Bruder den 15. Okt. 1778. Freudiger wuͤrde mein Geiſt, in treuer, ſuͤſſer Umarmung, Beſter, eilen zu dir, wie zur Quelle das Reh, Wuͤrde, bebend und ſprachlos, von meiner Lippe zur deinen, Beſter, eilen zu dir, auf gefluͤgeltem Kuß. Zaͤrtlicher bebte der Freundſchaft Bund auf Jo- nathans Lippe Nicht, im heimlichen Thal, wo er dem Lie- benden ſchwur; Zaͤrtlicher zitterte nicht an Benjamins Auge die Thraͤne, Als ſein Joſeph ihm lag an der klopfenden Bruſt! Aber, trennen uns nicht die ausgedehnten Ge- filde? Trennen Fluten uns nicht, rauſchend im herbſt- lichen Sturm? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0302" n="286"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Elegie an meinen Bruder</hi></hi><lb/> den 15. Okt. 1778.</head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">F</hi>reudiger wuͤrde mein Geiſt, in treuer, ſuͤſſer</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Umarmung,</hi> </l><lb/> <l>Beſter, eilen zu dir, wie zur Quelle das Reh,</l><lb/> <l>Wuͤrde, bebend und ſprachlos, von meiner Lippe</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">zur deinen,</hi> </l><lb/> <l>Beſter, eilen zu dir, auf gefluͤgeltem Kuß.</l><lb/> <l>Zaͤrtlicher bebte der Freundſchaft Bund auf Jo-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nathans Lippe</hi> </l><lb/> <l>Nicht, im heimlichen Thal, wo er dem Lie-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">benden ſchwur;</hi> </l><lb/> <l>Zaͤrtlicher zitterte nicht an Benjamins Auge die</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Thraͤne,</hi> </l><lb/> <l>Als ſein Joſeph ihm lag an der klopfenden</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Bruſt!</hi> </l><lb/> <l>Aber, trennen uns nicht die ausgedehnten Ge-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">filde?</hi> </l><lb/> <l>Trennen Fluten uns nicht, rauſchend im herbſt-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">lichen Sturm?</hi> </l><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [286/0302]
Elegie an meinen Bruder
den 15. Okt. 1778.
Freudiger wuͤrde mein Geiſt, in treuer, ſuͤſſer
Umarmung,
Beſter, eilen zu dir, wie zur Quelle das Reh,
Wuͤrde, bebend und ſprachlos, von meiner Lippe
zur deinen,
Beſter, eilen zu dir, auf gefluͤgeltem Kuß.
Zaͤrtlicher bebte der Freundſchaft Bund auf Jo-
nathans Lippe
Nicht, im heimlichen Thal, wo er dem Lie-
benden ſchwur;
Zaͤrtlicher zitterte nicht an Benjamins Auge die
Thraͤne,
Als ſein Joſeph ihm lag an der klopfenden
Bruſt!
Aber, trennen uns nicht die ausgedehnten Ge-
filde?
Trennen Fluten uns nicht, rauſchend im herbſt-
lichen Sturm?
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