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Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779.

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Die dem gewässerten Thal' und umwölkten Ber-
gen entblühen?

Sprich, Natur, wo tauchtest du ein den schaffen-
den Pinsel,

Als du den Teppich der Alpen mit Enzianen be-
maltest,

Deren glänzendes Haupt mit dem Blau des Him-
mels sich kleidet?

Wen entzückt nicht die Lilie? o wie selig verweil
ich

Unter den lieblichen Schaaren der tausendfaltigen
Nelken!

Siehe, dort koset mit mir das duftende hangen-
de Geißblat,

Und es winket mir hier die kaum geöfnete Rose!
Rose, wer dich nicht liebt, dem ward im Leibe
der Mutter

Schon sein Urtheil gesprochen, der sanftesten Freu-
den zu mangeln!

Jhn wird Philomelens Gesang zur Quelle nicht
locken,

Jhn kein liebender Blick des süssen Mädchens
entzücken!

Die dem gewaͤſſerten Thal’ und umwoͤlkten Ber-
gen entbluͤhen?

Sprich, Natur, wo tauchteſt du ein den ſchaffen-
den Pinſel,

Als du den Teppich der Alpen mit Enzianen be-
malteſt,

Deren glaͤnzendes Haupt mit dem Blau des Him-
mels ſich kleidet?

Wen entzuͤckt nicht die Lilie? o wie ſelig verweil
ich

Unter den lieblichen Schaaren der tauſendfaltigen
Nelken!

Siehe, dort koſet mit mir das duftende hangen-
de Geißblat,

Und es winket mir hier die kaum geoͤfnete Roſe!
Roſe, wer dich nicht liebt, dem ward im Leibe
der Mutter

Schon ſein Urtheil geſprochen, der ſanfteſten Freu-
den zu mangeln!

Jhn wird Philomelens Geſang zur Quelle nicht
locken,

Jhn kein liebender Blick des ſuͤſſen Maͤdchens
entzuͤcken!

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[282/0298] Die dem gewaͤſſerten Thal’ und umwoͤlkten Ber- gen entbluͤhen? Sprich, Natur, wo tauchteſt du ein den ſchaffen- den Pinſel, Als du den Teppich der Alpen mit Enzianen be- malteſt, Deren glaͤnzendes Haupt mit dem Blau des Him- mels ſich kleidet? Wen entzuͤckt nicht die Lilie? o wie ſelig verweil ich Unter den lieblichen Schaaren der tauſendfaltigen Nelken! Siehe, dort koſet mit mir das duftende hangen- de Geißblat, Und es winket mir hier die kaum geoͤfnete Roſe! Roſe, wer dich nicht liebt, dem ward im Leibe der Mutter Schon ſein Urtheil geſprochen, der ſanfteſten Freu- den zu mangeln! Jhn wird Philomelens Geſang zur Quelle nicht locken, Jhn kein liebender Blick des ſuͤſſen Maͤdchens entzuͤcken!

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Zitationshilfe: Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stolbergstolberg_gedichte_1779/298>, abgerufen am 22.11.2024.