Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779.Jahre währten ihre Leiden; Jhre helle Thräne sank Täglich in den bittern Trank, Abgestorben allen Freuden, Thät sie jedes Labsal meiden, Thät an ihrem Gram sich weiden, Sang den frommen Bußgesang Täglich bei der Laute Klang. Endlich rührt' ihr leises Stöhnen, Und ihr demutvoller Schmerz Des gestrengen Mannes Herz. Wer vermag sich zu den Tönen Leiser Klage zu gewöhnen? Rührender bewegen Thränen Einer stummen Dulderin Jeden felsenharten Sinn. Jahre waͤhrten ihre Leiden; Jhre helle Thraͤne ſank Taͤglich in den bittern Trank, Abgeſtorben allen Freuden, Thaͤt ſie jedes Labſal meiden, Thaͤt an ihrem Gram ſich weiden, Sang den frommen Bußgeſang Taͤglich bei der Laute Klang. Endlich ruͤhrt’ ihr leiſes Stoͤhnen, Und ihr demutvoller Schmerz Des geſtrengen Mannes Herz. Wer vermag ſich zu den Toͤnen Leiſer Klage zu gewoͤhnen? Ruͤhrender bewegen Thraͤnen Einer ſtummen Dulderin Jeden felſenharten Sinn. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0220" n="206"/> <lg n="35"> <l>Jahre waͤhrten ihre Leiden;</l><lb/> <l>Jhre helle Thraͤne ſank</l><lb/> <l>Taͤglich in den bittern Trank,</l><lb/> <l>Abgeſtorben allen Freuden,</l><lb/> <l>Thaͤt ſie jedes Labſal meiden,</l><lb/> <l>Thaͤt an ihrem Gram ſich weiden,</l><lb/> <l>Sang den frommen Bußgeſang</l><lb/> <l>Taͤglich bei der Laute Klang.</l> </lg><lb/> <lg n="36"> <l>Endlich ruͤhrt’ ihr leiſes Stoͤhnen,</l><lb/> <l>Und ihr demutvoller Schmerz</l><lb/> <l>Des geſtrengen Mannes Herz.</l><lb/> <l>Wer vermag ſich zu den Toͤnen</l><lb/> <l>Leiſer Klage zu gewoͤhnen?</l><lb/> <l>Ruͤhrender bewegen Thraͤnen</l><lb/> <l>Einer ſtummen Dulderin</l><lb/> <l>Jeden felſenharten Sinn.</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [206/0220]
Jahre waͤhrten ihre Leiden;
Jhre helle Thraͤne ſank
Taͤglich in den bittern Trank,
Abgeſtorben allen Freuden,
Thaͤt ſie jedes Labſal meiden,
Thaͤt an ihrem Gram ſich weiden,
Sang den frommen Bußgeſang
Taͤglich bei der Laute Klang.
Endlich ruͤhrt’ ihr leiſes Stoͤhnen,
Und ihr demutvoller Schmerz
Des geſtrengen Mannes Herz.
Wer vermag ſich zu den Toͤnen
Leiſer Klage zu gewoͤhnen?
Ruͤhrender bewegen Thraͤnen
Einer ſtummen Dulderin
Jeden felſenharten Sinn.
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