Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779.Weß der ächzende Laut? -- -- Ach der be- kümmerten Unschuld Seufzer! Sie naht weinend der Göttin sich, Fleht Erbarmen; umsonst! Jhre verruchte Schaar Schreckt mit grimmigem Hohn sie weg! O des goldenen Tags, da bei dem Volke Teuts Noch Gerechtigkeit galt, noch, von der heiligen Eiche Schauer umrauscht, sie in dem richtenden Kreis ehrwürdiger Väter saß! Da vom albernen Wahn lauter der hellere Geist, und lauter vom Schwall wirrender Sazun- gen, Da noch Tugend, und du, Erbe Germaniens, Treue, lehrtet den Biederspruch! Ach, entflohn ist, entflohn längst die Gerechtigkeit Vom entarteten Stamm! Wenigen Lieblingen Lächelt Weihe nur noch, segnend, vom nächtlichen Pol herab, die Geflohene. Weß der aͤchzende Laut? — — Ach der be- kuͤmmerten Unſchuld Seufzer! Sie naht weinend der Goͤttin ſich, Fleht Erbarmen; umſonſt! Jhre verruchte Schaar Schreckt mit grimmigem Hohn ſie weg! O des goldenen Tags, da bei dem Volke Teuts Noch Gerechtigkeit galt, noch, von der heiligen Eiche Schauer umrauſcht, ſie in dem richtenden Kreis ehrwuͤrdiger Vaͤter ſaß! Da vom albernen Wahn lauter der hellere Geiſt, und lauter vom Schwall wirrender Sazun- gen, Da noch Tugend, und du, Erbe Germaniens, Treue, lehrtet den Biederſpruch! Ach, entflohn iſt, entflohn laͤngſt die Gerechtigkeit Vom entarteten Stamm! Wenigen Lieblingen Laͤchelt Weihe nur noch, ſegnend, vom naͤchtlichen Pol herab, die Geflohene. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0022" n="12"/> <lg n="9"> <l>Weß der aͤchzende Laut? — — Ach der be-<lb/><hi rendition="#et">kuͤmmerten</hi></l><lb/> <l>Unſchuld Seufzer! Sie naht weinend der Goͤttin<lb/><hi rendition="#et">ſich,</hi></l><lb/> <l>Fleht Erbarmen; umſonſt! Jhre verruchte Schaar</l><lb/> <l>Schreckt mit grimmigem Hohn ſie weg!</l> </lg><lb/> <lg n="10"> <l>O des goldenen Tags, da bei dem Volke Teuts</l><lb/> <l>Noch Gerechtigkeit galt, noch, von der heiligen</l><lb/> <l>Eiche Schauer umrauſcht, ſie in dem richtenden</l><lb/> <l>Kreis ehrwuͤrdiger Vaͤter ſaß!</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Da vom albernen Wahn lauter der hellere</l><lb/> <l>Geiſt, und lauter vom Schwall wirrender Sazun-<lb/><hi rendition="#et">gen,</hi></l><lb/> <l>Da noch Tugend, und du, Erbe Germaniens,</l><lb/> <l>Treue, lehrtet den Biederſpruch!</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Ach, entflohn iſt, entflohn laͤngſt die Gerechtigkeit</l><lb/> <l>Vom entarteten Stamm! Wenigen Lieblingen</l><lb/> <l>Laͤchelt Weihe nur noch, ſegnend, vom naͤchtlichen</l><lb/> <l>Pol herab, die Geflohene.</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [12/0022]
Weß der aͤchzende Laut? — — Ach der be-
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Unſchuld Seufzer! Sie naht weinend der Goͤttin
ſich,
Fleht Erbarmen; umſonſt! Jhre verruchte Schaar
Schreckt mit grimmigem Hohn ſie weg!
O des goldenen Tags, da bei dem Volke Teuts
Noch Gerechtigkeit galt, noch, von der heiligen
Eiche Schauer umrauſcht, ſie in dem richtenden
Kreis ehrwuͤrdiger Vaͤter ſaß!
Da vom albernen Wahn lauter der hellere
Geiſt, und lauter vom Schwall wirrender Sazun-
gen,
Da noch Tugend, und du, Erbe Germaniens,
Treue, lehrtet den Biederſpruch!
Ach, entflohn iſt, entflohn laͤngſt die Gerechtigkeit
Vom entarteten Stamm! Wenigen Lieblingen
Laͤchelt Weihe nur noch, ſegnend, vom naͤchtlichen
Pol herab, die Geflohene.
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