Stolberg-Stolberg, Christian zu; Stolberg-Stolberg, Friedrich Leopold zu: Gedichte. Leipzig, 1779.Endlich kömt er in sein Zimmer. Bang' und kummervoll durchwacht Er die lange Winternacht. Ach! er sah ihr Bildniß immer, Wie sie bei der Lampe Schimmer Spielte, sang und weinte. Nimmer Ward wol je ein Weib gesehn, Das so elend war und schön. Bei der goldnen Morgenröthe Thät er seine Rüstung an, Gieng hinein zum deutschen Mann, Nahm ihn bei der Hand und flehte, Daß er, eh der Gram sie tödte, Aus dem Jammer sie errette; Sprach es, schwang sich auf sein Roß, Und verließ das alte Schloß. Endlich koͤmt er in ſein Zimmer. Bang’ und kummervoll durchwacht Er die lange Winternacht. Ach! er ſah ihr Bildniß immer, Wie ſie bei der Lampe Schimmer Spielte, ſang und weinte. Nimmer Ward wol je ein Weib geſehn, Das ſo elend war und ſchoͤn. Bei der goldnen Morgenroͤthe Thaͤt er ſeine Ruͤſtung an, Gieng hinein zum deutſchen Mann, Nahm ihn bei der Hand und flehte, Daß er, eh der Gram ſie toͤdte, Aus dem Jammer ſie errette; Sprach es, ſchwang ſich auf ſein Roß, Und verließ das alte Schloß. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0219" n="205"/> <lg n="33"> <l>Endlich koͤmt er in ſein Zimmer.</l><lb/> <l>Bang’ und kummervoll durchwacht</l><lb/> <l>Er die lange Winternacht.</l><lb/> <l>Ach! er ſah ihr Bildniß immer,</l><lb/> <l>Wie ſie bei der Lampe Schimmer</l><lb/> <l>Spielte, ſang und weinte. Nimmer</l><lb/> <l>Ward wol je ein Weib geſehn,</l><lb/> <l>Das ſo elend war und ſchoͤn.</l> </lg><lb/> <lg n="34"> <l>Bei der goldnen Morgenroͤthe</l><lb/> <l>Thaͤt er ſeine Ruͤſtung an,</l><lb/> <l>Gieng hinein zum deutſchen Mann,</l><lb/> <l>Nahm ihn bei der Hand und flehte,</l><lb/> <l>Daß er, eh der Gram ſie toͤdte,</l><lb/> <l>Aus dem Jammer ſie errette;</l><lb/> <l>Sprach es, ſchwang ſich auf ſein Roß,</l><lb/> <l>Und verließ das alte Schloß.</l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [205/0219]
Endlich koͤmt er in ſein Zimmer.
Bang’ und kummervoll durchwacht
Er die lange Winternacht.
Ach! er ſah ihr Bildniß immer,
Wie ſie bei der Lampe Schimmer
Spielte, ſang und weinte. Nimmer
Ward wol je ein Weib geſehn,
Das ſo elend war und ſchoͤn.
Bei der goldnen Morgenroͤthe
Thaͤt er ſeine Ruͤſtung an,
Gieng hinein zum deutſchen Mann,
Nahm ihn bei der Hand und flehte,
Daß er, eh der Gram ſie toͤdte,
Aus dem Jammer ſie errette;
Sprach es, ſchwang ſich auf ſein Roß,
Und verließ das alte Schloß.
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