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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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mit wenigen auskommt; aber jener bringt in seine Sätze Zu¬
sammenhang
und nimmt wiederum den Zusammenhang für
den Maaßstab ihrer Würdigung. Paßt ihm einer oder der
andere nicht in seinen Kram, so wirft er ihn hinaus.

Die Denkenden laufen in ihren Aussprüchen den Gläu¬
bigen parallel. Statt: "Wenn es aus Gott ist, werdet Ihr's
nicht tilgen", heißt's: "Wenn es aus der Wahrheit ist,
wahr ist"; statt: "Gebt Gott die Ehre" -- "Gebt der Wahr¬
heit die Ehre". Es gilt Mir aber sehr gleich, ob Gott oder
die Wahrheit siegt; zuvörderst will Ich siegen.

Wie soll übrigens innerhalb des Staates oder der Ge¬
sellschaft eine "unbeschränkte Freiheit" denkbar sein? Es kann
der Staat wohl Einen gegen den Andern schützen, aber sich
selbst darf er doch nicht durch eine ungemessene Freiheit, eine
sogenannte Zügellosigkeit, gefährden lassen. So erklärt der
Staat bei der "Unterrichtsfreiheit" nur dieß, daß ihm Jeder
recht sei, der, wie es der Staat, oder faßlicher gesprochen, die
Staatsgewalt haben will, unterrichtet. Auf dieß "wie es
der Staat haben will" kommt es für die Concurrirenden an.
Will z. B. die Geistlichkeit nicht, wie der Staat, so schließt
sie sich selber von der Concurrenz aus (s. Frankreich). Die
Grenze, welche im Staate aller und jeder Concurrenz noth¬
wendig gezogen wird, nennt man "die Ueberwachung und
Oberaufsicht des Staates". Indem der Staat die Unterrichts¬
freiheit in die gebührenden Schranken weist, setzt er zugleich
der Gedankenfreiheit ihr Ziel, weil nämlich die Leute in der
Regel nicht weiter denken, als ihre Lehrer gedacht haben.

Man höre den Minister Guizot *): "Die große Schwie¬

*) Pairskammer den 25. April 1844.

mit wenigen auskommt; aber jener bringt in ſeine Sätze Zu¬
ſammenhang
und nimmt wiederum den Zuſammenhang für
den Maaßſtab ihrer Würdigung. Paßt ihm einer oder der
andere nicht in ſeinen Kram, ſo wirft er ihn hinaus.

Die Denkenden laufen in ihren Ausſprüchen den Gläu¬
bigen parallel. Statt: „Wenn es aus Gott iſt, werdet Ihr's
nicht tilgen“, heißt's: „Wenn es aus der Wahrheit iſt,
wahr iſt“; ſtatt: „Gebt Gott die Ehre“ — „Gebt der Wahr¬
heit die Ehre“. Es gilt Mir aber ſehr gleich, ob Gott oder
die Wahrheit ſiegt; zuvörderſt will Ich ſiegen.

Wie ſoll übrigens innerhalb des Staates oder der Ge¬
ſellſchaft eine „unbeſchränkte Freiheit“ denkbar ſein? Es kann
der Staat wohl Einen gegen den Andern ſchützen, aber ſich
ſelbſt darf er doch nicht durch eine ungemeſſene Freiheit, eine
ſogenannte Zügelloſigkeit, gefährden laſſen. So erklärt der
Staat bei der „Unterrichtsfreiheit“ nur dieß, daß ihm Jeder
recht ſei, der, wie es der Staat, oder faßlicher geſprochen, die
Staatsgewalt haben will, unterrichtet. Auf dieß „wie es
der Staat haben will“ kommt es für die Concurrirenden an.
Will z. B. die Geiſtlichkeit nicht, wie der Staat, ſo ſchließt
ſie ſich ſelber von der Concurrenz aus (ſ. Frankreich). Die
Grenze, welche im Staate aller und jeder Concurrenz noth¬
wendig gezogen wird, nennt man „die Ueberwachung und
Oberaufſicht des Staates“. Indem der Staat die Unterrichts¬
freiheit in die gebührenden Schranken weiſt, ſetzt er zugleich
der Gedankenfreiheit ihr Ziel, weil nämlich die Leute in der
Regel nicht weiter denken, als ihre Lehrer gedacht haben.

Man höre den Miniſter Guizot *): „Die große Schwie¬

*) Pairskammer den 25. April 1844.
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[460/0468] mit wenigen auskommt; aber jener bringt in ſeine Sätze Zu¬ ſammenhang und nimmt wiederum den Zuſammenhang für den Maaßſtab ihrer Würdigung. Paßt ihm einer oder der andere nicht in ſeinen Kram, ſo wirft er ihn hinaus. Die Denkenden laufen in ihren Ausſprüchen den Gläu¬ bigen parallel. Statt: „Wenn es aus Gott iſt, werdet Ihr's nicht tilgen“, heißt's: „Wenn es aus der Wahrheit iſt, wahr iſt“; ſtatt: „Gebt Gott die Ehre“ — „Gebt der Wahr¬ heit die Ehre“. Es gilt Mir aber ſehr gleich, ob Gott oder die Wahrheit ſiegt; zuvörderſt will Ich ſiegen. Wie ſoll übrigens innerhalb des Staates oder der Ge¬ ſellſchaft eine „unbeſchränkte Freiheit“ denkbar ſein? Es kann der Staat wohl Einen gegen den Andern ſchützen, aber ſich ſelbſt darf er doch nicht durch eine ungemeſſene Freiheit, eine ſogenannte Zügelloſigkeit, gefährden laſſen. So erklärt der Staat bei der „Unterrichtsfreiheit“ nur dieß, daß ihm Jeder recht ſei, der, wie es der Staat, oder faßlicher geſprochen, die Staatsgewalt haben will, unterrichtet. Auf dieß „wie es der Staat haben will“ kommt es für die Concurrirenden an. Will z. B. die Geiſtlichkeit nicht, wie der Staat, ſo ſchließt ſie ſich ſelber von der Concurrenz aus (ſ. Frankreich). Die Grenze, welche im Staate aller und jeder Concurrenz noth¬ wendig gezogen wird, nennt man „die Ueberwachung und Oberaufſicht des Staates“. Indem der Staat die Unterrichts¬ freiheit in die gebührenden Schranken weiſt, ſetzt er zugleich der Gedankenfreiheit ihr Ziel, weil nämlich die Leute in der Regel nicht weiter denken, als ihre Lehrer gedacht haben. Man höre den Miniſter Guizot *): „Die große Schwie¬ *) Pairskammer den 25. April 1844.

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/468>, abgerufen am 23.11.2024.