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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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Anders die Concessionirten oder Patentirten. Jeder muß
Gedanken haben und sich machen können, wie er will. Wenn
er das Patent oder die Concession einer Denkfähigkeit hat,
so braucht er kein besonderes Privilegium. Da aber
"alle Menschen vernünftig sind", so steht jedem frei, irgend¬
welche Gedanken sich in den Kopf zu setzen, und je nach
dem Patent seiner Naturbegabung einen größeren oder gerin¬
geren Gedankenreichthum zu haben. Nun hört man die Er¬
mahnungen, daß man "alle Meinungen und Ueberzeugun¬
gen zu ehren habe", daß "jede Ueberzeugung berechtigt sei",
daß man "gegen die Ansichten Anderer tolerant" sein müsse
u. s. w.

Aber "eure Gedanken sind nicht meine Gedanken und
eure Wege sind nicht meine Wege". Oder vielmehr das Um¬
gekehrte will Ich sagen: Eure Gedanken sind meine Gedan¬
ken, mit denen Ich schalte, wie Ich will, und die ich unbarm¬
herzig niederschlage: sie sind mein Eigenthum, welches Ich, so
Mir's beliebt, vernichte. Ich erwarte von Euch nicht erst die
Berechtigung, um eure Gedanken zu zersetzen und zu verblasen.
Mich schiert es nicht, daß Ihr diese Gedanken auch die euri¬
gen nennt, sie bleiben gleichwohl die meinigen, und wie Ich
mit ihnen verfahren will, ist meine Sache, keine Anmaßung.
Es kann Mir gefallen, Euch bei euren Gedanken zu lassen;
dann schweige Ich. Glaubt Ihr, die Gedanken flögen so vo¬
gelfrei umher, daß sich Jeder welche holen dürfte, die er dann
als sein untastbares Eigenthum gegen Mich geltend machte?
Was umherfliegt, ist alles -- mein.

Glaubt Ihr, eure Gedanken hättet Ihr für Euch und
brauchtet sie vor keinem zu verantworten, oder, wie Ihr auch
wohl sagt, Ihr hättet darüber nur Gott Rechenschaft abzule¬

Anders die Conceſſionirten oder Patentirten. Jeder muß
Gedanken haben und ſich machen können, wie er will. Wenn
er das Patent oder die Conceſſion einer Denkfähigkeit hat,
ſo braucht er kein beſonderes Privilegium. Da aber
„alle Menſchen vernünftig ſind“, ſo ſteht jedem frei, irgend¬
welche Gedanken ſich in den Kopf zu ſetzen, und je nach
dem Patent ſeiner Naturbegabung einen größeren oder gerin¬
geren Gedankenreichthum zu haben. Nun hört man die Er¬
mahnungen, daß man „alle Meinungen und Ueberzeugun¬
gen zu ehren habe“, daß „jede Ueberzeugung berechtigt ſei“,
daß man „gegen die Anſichten Anderer tolerant“ ſein müſſe
u. ſ. w.

Aber „eure Gedanken ſind nicht meine Gedanken und
eure Wege ſind nicht meine Wege“. Oder vielmehr das Um¬
gekehrte will Ich ſagen: Eure Gedanken ſind meine Gedan¬
ken, mit denen Ich ſchalte, wie Ich will, und die ich unbarm¬
herzig niederſchlage: ſie ſind mein Eigenthum, welches Ich, ſo
Mir's beliebt, vernichte. Ich erwarte von Euch nicht erſt die
Berechtigung, um eure Gedanken zu zerſetzen und zu verblaſen.
Mich ſchiert es nicht, daß Ihr dieſe Gedanken auch die euri¬
gen nennt, ſie bleiben gleichwohl die meinigen, und wie Ich
mit ihnen verfahren will, iſt meine Sache, keine Anmaßung.
Es kann Mir gefallen, Euch bei euren Gedanken zu laſſen;
dann ſchweige Ich. Glaubt Ihr, die Gedanken flögen ſo vo¬
gelfrei umher, daß ſich Jeder welche holen dürfte, die er dann
als ſein untaſtbares Eigenthum gegen Mich geltend machte?
Was umherfliegt, iſt alles — mein.

Glaubt Ihr, eure Gedanken hättet Ihr für Euch und
brauchtet ſie vor keinem zu verantworten, oder, wie Ihr auch
wohl ſagt, Ihr hättet darüber nur Gott Rechenſchaft abzule¬

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[457/0465] Anders die Conceſſionirten oder Patentirten. Jeder muß Gedanken haben und ſich machen können, wie er will. Wenn er das Patent oder die Conceſſion einer Denkfähigkeit hat, ſo braucht er kein beſonderes Privilegium. Da aber „alle Menſchen vernünftig ſind“, ſo ſteht jedem frei, irgend¬ welche Gedanken ſich in den Kopf zu ſetzen, und je nach dem Patent ſeiner Naturbegabung einen größeren oder gerin¬ geren Gedankenreichthum zu haben. Nun hört man die Er¬ mahnungen, daß man „alle Meinungen und Ueberzeugun¬ gen zu ehren habe“, daß „jede Ueberzeugung berechtigt ſei“, daß man „gegen die Anſichten Anderer tolerant“ ſein müſſe u. ſ. w. Aber „eure Gedanken ſind nicht meine Gedanken und eure Wege ſind nicht meine Wege“. Oder vielmehr das Um¬ gekehrte will Ich ſagen: Eure Gedanken ſind meine Gedan¬ ken, mit denen Ich ſchalte, wie Ich will, und die ich unbarm¬ herzig niederſchlage: ſie ſind mein Eigenthum, welches Ich, ſo Mir's beliebt, vernichte. Ich erwarte von Euch nicht erſt die Berechtigung, um eure Gedanken zu zerſetzen und zu verblaſen. Mich ſchiert es nicht, daß Ihr dieſe Gedanken auch die euri¬ gen nennt, ſie bleiben gleichwohl die meinigen, und wie Ich mit ihnen verfahren will, iſt meine Sache, keine Anmaßung. Es kann Mir gefallen, Euch bei euren Gedanken zu laſſen; dann ſchweige Ich. Glaubt Ihr, die Gedanken flögen ſo vo¬ gelfrei umher, daß ſich Jeder welche holen dürfte, die er dann als ſein untaſtbares Eigenthum gegen Mich geltend machte? Was umherfliegt, iſt alles — mein. Glaubt Ihr, eure Gedanken hättet Ihr für Euch und brauchtet ſie vor keinem zu verantworten, oder, wie Ihr auch wohl ſagt, Ihr hättet darüber nur Gott Rechenſchaft abzule¬

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/465>, abgerufen am 23.11.2024.