nicht vergehen und gegen Jeden, der dieß wagen wollte, ein strafendes Preßgesetz aufrufen.
Mit Einem Worte, die Presse wird von dem nicht frei, wovon Ich nicht frei bin.
Weise Ich Mich hierdurch etwa als einen Gegner der Preßfreiheit aus? Im Gegentheil, Ich behaupte nur, daß man sie nie bekommen wird, wenn man nur sie, die Preßfreiheit, will, d. h. wenn man nur auf eine unbeschränkte Erlaubniß ausgeht. Bettelt nur immerfort um diese Erlaubniß: Ihr werdet ewig darauf warten können, denn es ist Keiner in der Welt, der sie Euch geben könnte. So lange Ihr für den Gebrauch der Presse Euch durch eine Erlaubniß, d. h. Pre߬ freiheit, "berechtigen" lassen wollt, lebt Ihr in eitler Hoffnung und Klage.
"Unsinn! Du, der Du solche Gedanken, wie sie in dei¬ nem Buche stehen, hegst, kannst sie ja selbst leider nur durch einen glücklichen Zufall oder auf Schleichwegen zur Oeffent¬ lichkeit bringen; gleichwohl willst Du dagegen eifern, daß man den eigenen Staat so lange dränge und überlaufe, bis er die verweigerte Druckerlaubniß giebt?" Ein also angeredeter Schrift¬ steller würde aber vielleicht -- denn die Frechheit solcher Leute geht weit -- Folgendes erwidern: "Erwägt eure Rede genau! Was thue Ich denn, um Mir für mein Buch Preßfreiheit zu verschaffen? Frage Ich nach der Erlaubniß, oder suche Ich nicht vielmehr ohne alle Frage nach Gesetzlichkeit eine günstige Gelegenheit, und ergreife sie in völliger Rücksichtslosigkeit gegen den Staat und seine Wünsche? Ich -- es muß das schrecken¬ erregende Wort ausgesprochen werden -- Ich betrüge den Staat. Unbewußt thut Ihr dasselbe. Ihr redet ihm von euren Tribünen aus ein, er müsse seine Heiligkeit und Unver¬
nicht vergehen und gegen Jeden, der dieß wagen wollte, ein ſtrafendes Preßgeſetz aufrufen.
Mit Einem Worte, die Preſſe wird von dem nicht frei, wovon Ich nicht frei bin.
Weiſe Ich Mich hierdurch etwa als einen Gegner der Preßfreiheit aus? Im Gegentheil, Ich behaupte nur, daß man ſie nie bekommen wird, wenn man nur ſie, die Preßfreiheit, will, d. h. wenn man nur auf eine unbeſchränkte Erlaubniß ausgeht. Bettelt nur immerfort um dieſe Erlaubniß: Ihr werdet ewig darauf warten können, denn es iſt Keiner in der Welt, der ſie Euch geben könnte. So lange Ihr für den Gebrauch der Preſſe Euch durch eine Erlaubniß, d. h. Pre߬ freiheit, „berechtigen“ laſſen wollt, lebt Ihr in eitler Hoffnung und Klage.
„Unſinn! Du, der Du ſolche Gedanken, wie ſie in dei¬ nem Buche ſtehen, hegſt, kannſt ſie ja ſelbſt leider nur durch einen glücklichen Zufall oder auf Schleichwegen zur Oeffent¬ lichkeit bringen; gleichwohl willſt Du dagegen eifern, daß man den eigenen Staat ſo lange dränge und überlaufe, bis er die verweigerte Druckerlaubniß giebt?“ Ein alſo angeredeter Schrift¬ ſteller würde aber vielleicht — denn die Frechheit ſolcher Leute geht weit — Folgendes erwidern: „Erwägt eure Rede genau! Was thue Ich denn, um Mir für mein Buch Preßfreiheit zu verſchaffen? Frage Ich nach der Erlaubniß, oder ſuche Ich nicht vielmehr ohne alle Frage nach Geſetzlichkeit eine günſtige Gelegenheit, und ergreife ſie in völliger Rückſichtsloſigkeit gegen den Staat und ſeine Wünſche? Ich — es muß das ſchrecken¬ erregende Wort ausgeſprochen werden — Ich betrüge den Staat. Unbewußt thut Ihr daſſelbe. Ihr redet ihm von euren Tribünen aus ein, er müſſe ſeine Heiligkeit und Unver¬
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nicht vergehen und gegen Jeden, der dieß wagen wollte, ein
ſtrafendes Preßgeſetz aufrufen.
Mit Einem Worte, die Preſſe wird von dem nicht frei,
wovon Ich nicht frei bin.
Weiſe Ich Mich hierdurch etwa als einen Gegner der
Preßfreiheit aus? Im Gegentheil, Ich behaupte nur, daß man
ſie nie bekommen wird, wenn man nur ſie, die Preßfreiheit,
will, d. h. wenn man nur auf eine unbeſchränkte Erlaubniß
ausgeht. Bettelt nur immerfort um dieſe Erlaubniß: Ihr
werdet ewig darauf warten können, denn es iſt Keiner in der
Welt, der ſie Euch geben könnte. So lange Ihr für den
Gebrauch der Preſſe Euch durch eine Erlaubniß, d. h. Pre߬
freiheit, „berechtigen“ laſſen wollt, lebt Ihr in eitler Hoffnung
und Klage.
„Unſinn! Du, der Du ſolche Gedanken, wie ſie in dei¬
nem Buche ſtehen, hegſt, kannſt ſie ja ſelbſt leider nur durch
einen glücklichen Zufall oder auf Schleichwegen zur Oeffent¬
lichkeit bringen; gleichwohl willſt Du dagegen eifern, daß man
den eigenen Staat ſo lange dränge und überlaufe, bis er die
verweigerte Druckerlaubniß giebt?“ Ein alſo angeredeter Schrift¬
ſteller würde aber vielleicht — denn die Frechheit ſolcher Leute
geht weit — Folgendes erwidern: „Erwägt eure Rede genau!
Was thue Ich denn, um Mir für mein Buch Preßfreiheit zu
verſchaffen? Frage Ich nach der Erlaubniß, oder ſuche Ich
nicht vielmehr ohne alle Frage nach Geſetzlichkeit eine günſtige
Gelegenheit, und ergreife ſie in völliger Rückſichtsloſigkeit gegen
den Staat und ſeine Wünſche? Ich — es muß das ſchrecken¬
erregende Wort ausgeſprochen werden — Ich betrüge den
Staat. Unbewußt thut Ihr daſſelbe. Ihr redet ihm von
euren Tribünen aus ein, er müſſe ſeine Heiligkeit und Unver¬
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/382>, abgerufen am 23.11.2024.
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