er nur die von ihm sanctionirte Ehe gelten läßt, und sie mei¬ ner Gewalt entreißt. Eigenthum ist aber nur mein Eigen¬ thum, wenn Ich dasselbe unbedingt inne habe: nur Ich, als unbedingtes Ich, habe Eigenthum, schließe ein Liebes¬ verhältniß, treibe freien Handel.
Der Staat bekümmert sich nicht um Mich und das Meine, sondern um Sich und das Seine: Ich gelte ihm nur als sein Kind etwas, als "Landeskind", als Ich bin Ich gar nichts für ihn. Was Mir als Ich begegnet, ist für den Verstand des Staates etwas Zufälliges: mein Reichthum wie meine Verarmung. Bin Ich aber mit allem Meinigen für ihn ein Zufall, so beweist dieß, daß er Mich nicht be¬ greifen kann: Ich gehe über seine Begriffe, oder sein Verstand ist zu kurz, um Mich zu begreifen. Darum kann er auch nichts für Mich thun.
Der Pauperismus ist die Werthlosigkeit Meiner, die Erscheinung, daß Ich Mich nicht verwerthen kann. Des¬ halb ist Staat und Pauperismus Ein und dasselbe. Der Staat läßt Mich nicht zu meinem Werthe kommen und besteht nur durch meine Werthlosigkeit: er geht allezeit darauf aus, von Mir Nutzen zu ziehen, d. h. Mich zu exploitiren, aus¬ zubeuten, zu verbrauchen, bestände dieser Verbrauch auch nur darin, daß Ich für eine proles sorge (Proletariat); er will, Ich soll "seine Creatur" sein.
Nur dann kann der Pauperismus gehoben werden, wenn Ich als Ich Mich verwerthe, wenn Ich Mir selber Werth gebe, und meinen Preis selber mache. Ich muß Mich em¬ pören, um empor zu kommen.
Was Ich schaffe, Mehl, Leinwand oder Eisen und Kohlen, die Ich der Erde mühsam abgewinne, u. s. w., es ist meine
er nur die von ihm ſanctionirte Ehe gelten läßt, und ſie mei¬ ner Gewalt entreißt. Eigenthum iſt aber nur mein Eigen¬ thum, wenn Ich daſſelbe unbedingt inne habe: nur Ich, als unbedingtes Ich, habe Eigenthum, ſchließe ein Liebes¬ verhältniß, treibe freien Handel.
Der Staat bekümmert ſich nicht um Mich und das Meine, ſondern um Sich und das Seine: Ich gelte ihm nur als ſein Kind etwas, als „Landeskind“, als Ich bin Ich gar nichts für ihn. Was Mir als Ich begegnet, iſt für den Verſtand des Staates etwas Zufälliges: mein Reichthum wie meine Verarmung. Bin Ich aber mit allem Meinigen für ihn ein Zufall, ſo beweiſt dieß, daß er Mich nicht be¬ greifen kann: Ich gehe über ſeine Begriffe, oder ſein Verſtand iſt zu kurz, um Mich zu begreifen. Darum kann er auch nichts für Mich thun.
Der Pauperismus iſt die Werthloſigkeit Meiner, die Erſcheinung, daß Ich Mich nicht verwerthen kann. Des¬ halb iſt Staat und Pauperismus Ein und daſſelbe. Der Staat läßt Mich nicht zu meinem Werthe kommen und beſteht nur durch meine Werthloſigkeit: er geht allezeit darauf aus, von Mir Nutzen zu ziehen, d. h. Mich zu exploitiren, aus¬ zubeuten, zu verbrauchen, beſtände dieſer Verbrauch auch nur darin, daß Ich für eine proles ſorge (Proletariat); er will, Ich ſoll „ſeine Creatur“ ſein.
Nur dann kann der Pauperismus gehoben werden, wenn Ich als Ich Mich verwerthe, wenn Ich Mir ſelber Werth gebe, und meinen Preis ſelber mache. Ich muß Mich em¬ pören, um empor zu kommen.
Was Ich ſchaffe, Mehl, Leinwand oder Eiſen und Kohlen, die Ich der Erde mühſam abgewinne, u. ſ. w., es iſt meine
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0344"n="336"/>
er nur die von ihm ſanctionirte Ehe gelten läßt, und ſie mei¬<lb/>
ner Gewalt entreißt. Eigenthum iſt aber nur <hirendition="#g">mein</hi> Eigen¬<lb/>
thum, wenn Ich daſſelbe <hirendition="#g">unbedingt</hi> inne habe: nur Ich,<lb/>
als <hirendition="#g">unbedingtes</hi> Ich, habe Eigenthum, ſchließe ein Liebes¬<lb/>
verhältniß, treibe freien Handel.</p><lb/><p>Der Staat bekümmert ſich nicht um Mich und das<lb/>
Meine, ſondern um Sich und das Seine: Ich gelte ihm nur<lb/>
als <hirendition="#g">ſein Kind</hi> etwas, als „Landeskind“, als <hirendition="#g">Ich</hi> bin Ich<lb/>
gar nichts für ihn. Was Mir als Ich begegnet, iſt für den<lb/>
Verſtand des Staates etwas <hirendition="#g">Zufälliges</hi>: mein Reichthum<lb/>
wie meine Verarmung. Bin Ich aber mit allem Meinigen<lb/>
für ihn ein Zufall, ſo beweiſt dieß, daß er <hirendition="#g">Mich</hi> nicht be¬<lb/>
greifen kann: <hirendition="#g">Ich</hi> gehe über ſeine Begriffe, oder ſein Verſtand<lb/>
iſt zu kurz, um Mich zu begreifen. Darum kann er auch<lb/>
nichts für Mich thun.</p><lb/><p>Der Pauperismus iſt die <hirendition="#g">Werthloſigkeit Meiner</hi>,<lb/>
die Erſcheinung, daß Ich Mich nicht verwerthen kann. Des¬<lb/>
halb iſt Staat und Pauperismus Ein und daſſelbe. Der<lb/>
Staat läßt Mich nicht zu meinem Werthe kommen und beſteht<lb/>
nur durch meine Werthloſigkeit: er geht allezeit darauf aus,<lb/>
von Mir <hirendition="#g">Nutzen zu ziehen</hi>, d. h. Mich zu exploitiren, aus¬<lb/>
zubeuten, zu verbrauchen, beſtände dieſer Verbrauch auch nur<lb/>
darin, daß Ich für eine <hirendition="#aq">proles</hi>ſorge (Proletariat); er will,<lb/>
Ich ſoll „ſeine Creatur“ſein.</p><lb/><p>Nur dann kann der Pauperismus gehoben werden, wenn<lb/>
Ich als Ich Mich <hirendition="#g">verwerthe</hi>, wenn Ich Mir ſelber Werth<lb/>
gebe, und meinen Preis ſelber mache. Ich muß Mich em¬<lb/>
pören, um empor zu kommen.</p><lb/><p>Was Ich ſchaffe, Mehl, Leinwand oder Eiſen und Kohlen,<lb/>
die Ich der Erde mühſam abgewinne, u. ſ. w., es iſt <hirendition="#g">meine</hi><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[336/0344]
er nur die von ihm ſanctionirte Ehe gelten läßt, und ſie mei¬
ner Gewalt entreißt. Eigenthum iſt aber nur mein Eigen¬
thum, wenn Ich daſſelbe unbedingt inne habe: nur Ich,
als unbedingtes Ich, habe Eigenthum, ſchließe ein Liebes¬
verhältniß, treibe freien Handel.
Der Staat bekümmert ſich nicht um Mich und das
Meine, ſondern um Sich und das Seine: Ich gelte ihm nur
als ſein Kind etwas, als „Landeskind“, als Ich bin Ich
gar nichts für ihn. Was Mir als Ich begegnet, iſt für den
Verſtand des Staates etwas Zufälliges: mein Reichthum
wie meine Verarmung. Bin Ich aber mit allem Meinigen
für ihn ein Zufall, ſo beweiſt dieß, daß er Mich nicht be¬
greifen kann: Ich gehe über ſeine Begriffe, oder ſein Verſtand
iſt zu kurz, um Mich zu begreifen. Darum kann er auch
nichts für Mich thun.
Der Pauperismus iſt die Werthloſigkeit Meiner,
die Erſcheinung, daß Ich Mich nicht verwerthen kann. Des¬
halb iſt Staat und Pauperismus Ein und daſſelbe. Der
Staat läßt Mich nicht zu meinem Werthe kommen und beſteht
nur durch meine Werthloſigkeit: er geht allezeit darauf aus,
von Mir Nutzen zu ziehen, d. h. Mich zu exploitiren, aus¬
zubeuten, zu verbrauchen, beſtände dieſer Verbrauch auch nur
darin, daß Ich für eine proles ſorge (Proletariat); er will,
Ich ſoll „ſeine Creatur“ ſein.
Nur dann kann der Pauperismus gehoben werden, wenn
Ich als Ich Mich verwerthe, wenn Ich Mir ſelber Werth
gebe, und meinen Preis ſelber mache. Ich muß Mich em¬
pören, um empor zu kommen.
Was Ich ſchaffe, Mehl, Leinwand oder Eiſen und Kohlen,
die Ich der Erde mühſam abgewinne, u. ſ. w., es iſt meine
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/344>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.