Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

ist nur dasselbe, wie dieß, daß der Staat sich selbst nicht be¬
raubt. Wer ein Staats-Ich, d. h. ein guter Bürger oder
Unterthan ist, der trägt als solches Ich, nicht als eigenes,
das Lehen ungestört. Dieß nennt der Codex dann so: Eigen¬
thum ist, was ich "von Gottes- und Rechtswegen" mein
nenne. Von Gottes- und Rechtswegen ist es aber nur mein,
so lange -- der Staat nichts dagegen hat.

In den Expropriationen, Waffenablieferungen und Aehn¬
lichem (wie denn z. B. der Fiskus Erbschaften einzieht, wenn
die Erben sich nicht zeitig genug melden) springt ja das sonst
verdeckte Princip, daß nur das Volk, "der Staat," Eigen¬
thümer sei, der Einzelne hingegen Lehnsträger, deutlich in
die Augen.

Der Staat, dieß wollte Ich sagen, kann nicht beabsichti¬
gen, daß Jemand um sein selbst willen Eigenthum habe,
oder gar reich, ja nur wohlhabend sei, er kann Mir als Mir
nichts zuerkennen, zukommen lassen, nichts gewähren. Der
Staat kann dem Pauperismus nicht steuern, weil die Pau¬
vretät des Besitzes eine Pauvretät Meiner ist. Wer nichts ist,
als was der Zufall oder ein Anderer, nämlich der Staat, aus
ihm macht, der hat ganz mit Recht auch nichts, als was ein
Anderer ihm giebt. Und dieser Andere wird ihm nur geben,
was jener verdient, d. h. was er durch Dienen werth ist.
Nicht Er verwerthet sich, sondern der Staat verwerthet ihn.

Die Nationalökonomie beschäftigt sich viel mit diesem Ge¬
genstande. Er liegt indeß weit über das "Nationale" hinaus
und geht über die Begriffe und den Horizont des Staats, der
nur Staatseigenthum kennt und nur dieses vertheilen kann.
Deshalb knüpft er den Besitz des Eigenthums an Bedin¬
gungen
, wie er Alles daran knüpft, z. B. die Ehe, indem

iſt nur daſſelbe, wie dieß, daß der Staat ſich ſelbſt nicht be¬
raubt. Wer ein Staats-Ich, d. h. ein guter Bürger oder
Unterthan iſt, der trägt als ſolches Ich, nicht als eigenes,
das Lehen ungeſtört. Dieß nennt der Codex dann ſo: Eigen¬
thum iſt, was ich „von Gottes- und Rechtswegen“ mein
nenne. Von Gottes- und Rechtswegen iſt es aber nur mein,
ſo lange — der Staat nichts dagegen hat.

In den Expropriationen, Waffenablieferungen und Aehn¬
lichem (wie denn z. B. der Fiskus Erbſchaften einzieht, wenn
die Erben ſich nicht zeitig genug melden) ſpringt ja das ſonſt
verdeckte Princip, daß nur das Volk, „der Staat,“ Eigen¬
thümer ſei, der Einzelne hingegen Lehnsträger, deutlich in
die Augen.

Der Staat, dieß wollte Ich ſagen, kann nicht beabſichti¬
gen, daß Jemand um ſein ſelbſt willen Eigenthum habe,
oder gar reich, ja nur wohlhabend ſei, er kann Mir als Mir
nichts zuerkennen, zukommen laſſen, nichts gewähren. Der
Staat kann dem Pauperismus nicht ſteuern, weil die Pau¬
vretät des Beſitzes eine Pauvretät Meiner iſt. Wer nichts iſt,
als was der Zufall oder ein Anderer, nämlich der Staat, aus
ihm macht, der hat ganz mit Recht auch nichts, als was ein
Anderer ihm giebt. Und dieſer Andere wird ihm nur geben,
was jener verdient, d. h. was er durch Dienen werth iſt.
Nicht Er verwerthet ſich, ſondern der Staat verwerthet ihn.

Die Nationalökonomie beſchäftigt ſich viel mit dieſem Ge¬
genſtande. Er liegt indeß weit über das „Nationale“ hinaus
und geht über die Begriffe und den Horizont des Staats, der
nur Staatseigenthum kennt und nur dieſes vertheilen kann.
Deshalb knüpft er den Beſitz des Eigenthums an Bedin¬
gungen
, wie er Alles daran knüpft, z. B. die Ehe, indem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0343" n="335"/>
i&#x017F;t nur da&#x017F;&#x017F;elbe, wie dieß, daß der Staat &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t nicht be¬<lb/>
raubt. Wer ein Staats-Ich, d. h. ein guter Bürger oder<lb/>
Unterthan i&#x017F;t, der trägt als <hi rendition="#g">&#x017F;olches</hi> Ich, nicht als eigenes,<lb/>
das Lehen unge&#x017F;tört. Dieß nennt der Codex dann &#x017F;o: Eigen¬<lb/>
thum i&#x017F;t, was ich &#x201E;von Gottes- und Rechtswegen&#x201C; mein<lb/>
nenne. Von Gottes- und Rechtswegen i&#x017F;t es aber nur mein,<lb/>
&#x017F;o lange &#x2014; der Staat nichts dagegen hat.</p><lb/>
            <p>In den Expropriationen, Waffenablieferungen und Aehn¬<lb/>
lichem (wie denn z. B. der Fiskus Erb&#x017F;chaften einzieht, wenn<lb/>
die Erben &#x017F;ich nicht zeitig genug melden) &#x017F;pringt ja das &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
verdeckte Princip, daß nur das <hi rendition="#g">Volk</hi>, &#x201E;der Staat,&#x201C; Eigen¬<lb/>
thümer &#x017F;ei, der Einzelne hingegen Lehnsträger, deutlich in<lb/>
die Augen.</p><lb/>
            <p>Der Staat, dieß wollte Ich &#x017F;agen, kann nicht beab&#x017F;ichti¬<lb/>
gen, daß Jemand <hi rendition="#g">um &#x017F;ein &#x017F;elb&#x017F;t willen</hi> Eigenthum habe,<lb/>
oder gar reich, ja nur wohlhabend &#x017F;ei, er kann Mir als Mir<lb/>
nichts zuerkennen, zukommen la&#x017F;&#x017F;en, nichts gewähren. Der<lb/>
Staat kann dem Pauperismus nicht &#x017F;teuern, weil die Pau¬<lb/>
vretät des Be&#x017F;itzes eine Pauvretät Meiner i&#x017F;t. Wer nichts i&#x017F;t,<lb/>
als was der Zufall oder ein Anderer, nämlich der Staat, aus<lb/>
ihm macht, der <hi rendition="#g">hat</hi> ganz mit Recht auch nichts, als was ein<lb/>
Anderer ihm giebt. Und die&#x017F;er Andere wird ihm nur <hi rendition="#g">geben</hi>,<lb/>
was jener <hi rendition="#g">verdient</hi>, d. h. was er durch <hi rendition="#g">Dienen</hi> werth i&#x017F;t.<lb/>
Nicht Er verwerthet &#x017F;ich, &#x017F;ondern der Staat verwerthet ihn.</p><lb/>
            <p>Die Nationalökonomie be&#x017F;chäftigt &#x017F;ich viel mit die&#x017F;em Ge¬<lb/>
gen&#x017F;tande. Er liegt indeß weit über das &#x201E;Nationale&#x201C; hinaus<lb/>
und geht über die Begriffe und den Horizont des Staats, der<lb/>
nur Staatseigenthum kennt und nur die&#x017F;es vertheilen kann.<lb/>
Deshalb knüpft er den Be&#x017F;itz des Eigenthums an <hi rendition="#g">Bedin¬<lb/>
gungen</hi>, wie er Alles daran knüpft, z. B. die Ehe, indem<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[335/0343] iſt nur daſſelbe, wie dieß, daß der Staat ſich ſelbſt nicht be¬ raubt. Wer ein Staats-Ich, d. h. ein guter Bürger oder Unterthan iſt, der trägt als ſolches Ich, nicht als eigenes, das Lehen ungeſtört. Dieß nennt der Codex dann ſo: Eigen¬ thum iſt, was ich „von Gottes- und Rechtswegen“ mein nenne. Von Gottes- und Rechtswegen iſt es aber nur mein, ſo lange — der Staat nichts dagegen hat. In den Expropriationen, Waffenablieferungen und Aehn¬ lichem (wie denn z. B. der Fiskus Erbſchaften einzieht, wenn die Erben ſich nicht zeitig genug melden) ſpringt ja das ſonſt verdeckte Princip, daß nur das Volk, „der Staat,“ Eigen¬ thümer ſei, der Einzelne hingegen Lehnsträger, deutlich in die Augen. Der Staat, dieß wollte Ich ſagen, kann nicht beabſichti¬ gen, daß Jemand um ſein ſelbſt willen Eigenthum habe, oder gar reich, ja nur wohlhabend ſei, er kann Mir als Mir nichts zuerkennen, zukommen laſſen, nichts gewähren. Der Staat kann dem Pauperismus nicht ſteuern, weil die Pau¬ vretät des Beſitzes eine Pauvretät Meiner iſt. Wer nichts iſt, als was der Zufall oder ein Anderer, nämlich der Staat, aus ihm macht, der hat ganz mit Recht auch nichts, als was ein Anderer ihm giebt. Und dieſer Andere wird ihm nur geben, was jener verdient, d. h. was er durch Dienen werth iſt. Nicht Er verwerthet ſich, ſondern der Staat verwerthet ihn. Die Nationalökonomie beſchäftigt ſich viel mit dieſem Ge¬ genſtande. Er liegt indeß weit über das „Nationale“ hinaus und geht über die Begriffe und den Horizont des Staats, der nur Staatseigenthum kennt und nur dieſes vertheilen kann. Deshalb knüpft er den Beſitz des Eigenthums an Bedin¬ gungen, wie er Alles daran knüpft, z. B. die Ehe, indem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/343
Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/343>, abgerufen am 24.11.2024.