ist nur dasselbe, wie dieß, daß der Staat sich selbst nicht be¬ raubt. Wer ein Staats-Ich, d. h. ein guter Bürger oder Unterthan ist, der trägt als solches Ich, nicht als eigenes, das Lehen ungestört. Dieß nennt der Codex dann so: Eigen¬ thum ist, was ich "von Gottes- und Rechtswegen" mein nenne. Von Gottes- und Rechtswegen ist es aber nur mein, so lange -- der Staat nichts dagegen hat.
In den Expropriationen, Waffenablieferungen und Aehn¬ lichem (wie denn z. B. der Fiskus Erbschaften einzieht, wenn die Erben sich nicht zeitig genug melden) springt ja das sonst verdeckte Princip, daß nur das Volk, "der Staat," Eigen¬ thümer sei, der Einzelne hingegen Lehnsträger, deutlich in die Augen.
Der Staat, dieß wollte Ich sagen, kann nicht beabsichti¬ gen, daß Jemand um sein selbst willen Eigenthum habe, oder gar reich, ja nur wohlhabend sei, er kann Mir als Mir nichts zuerkennen, zukommen lassen, nichts gewähren. Der Staat kann dem Pauperismus nicht steuern, weil die Pau¬ vretät des Besitzes eine Pauvretät Meiner ist. Wer nichts ist, als was der Zufall oder ein Anderer, nämlich der Staat, aus ihm macht, der hat ganz mit Recht auch nichts, als was ein Anderer ihm giebt. Und dieser Andere wird ihm nur geben, was jener verdient, d. h. was er durch Dienen werth ist. Nicht Er verwerthet sich, sondern der Staat verwerthet ihn.
Die Nationalökonomie beschäftigt sich viel mit diesem Ge¬ genstande. Er liegt indeß weit über das "Nationale" hinaus und geht über die Begriffe und den Horizont des Staats, der nur Staatseigenthum kennt und nur dieses vertheilen kann. Deshalb knüpft er den Besitz des Eigenthums an Bedin¬ gungen, wie er Alles daran knüpft, z. B. die Ehe, indem
iſt nur daſſelbe, wie dieß, daß der Staat ſich ſelbſt nicht be¬ raubt. Wer ein Staats-Ich, d. h. ein guter Bürger oder Unterthan iſt, der trägt als ſolches Ich, nicht als eigenes, das Lehen ungeſtört. Dieß nennt der Codex dann ſo: Eigen¬ thum iſt, was ich „von Gottes- und Rechtswegen“ mein nenne. Von Gottes- und Rechtswegen iſt es aber nur mein, ſo lange — der Staat nichts dagegen hat.
In den Expropriationen, Waffenablieferungen und Aehn¬ lichem (wie denn z. B. der Fiskus Erbſchaften einzieht, wenn die Erben ſich nicht zeitig genug melden) ſpringt ja das ſonſt verdeckte Princip, daß nur das Volk, „der Staat,“ Eigen¬ thümer ſei, der Einzelne hingegen Lehnsträger, deutlich in die Augen.
Der Staat, dieß wollte Ich ſagen, kann nicht beabſichti¬ gen, daß Jemand um ſein ſelbſt willen Eigenthum habe, oder gar reich, ja nur wohlhabend ſei, er kann Mir als Mir nichts zuerkennen, zukommen laſſen, nichts gewähren. Der Staat kann dem Pauperismus nicht ſteuern, weil die Pau¬ vretät des Beſitzes eine Pauvretät Meiner iſt. Wer nichts iſt, als was der Zufall oder ein Anderer, nämlich der Staat, aus ihm macht, der hat ganz mit Recht auch nichts, als was ein Anderer ihm giebt. Und dieſer Andere wird ihm nur geben, was jener verdient, d. h. was er durch Dienen werth iſt. Nicht Er verwerthet ſich, ſondern der Staat verwerthet ihn.
Die Nationalökonomie beſchäftigt ſich viel mit dieſem Ge¬ genſtande. Er liegt indeß weit über das „Nationale“ hinaus und geht über die Begriffe und den Horizont des Staats, der nur Staatseigenthum kennt und nur dieſes vertheilen kann. Deshalb knüpft er den Beſitz des Eigenthums an Bedin¬ gungen, wie er Alles daran knüpft, z. B. die Ehe, indem
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iſt nur daſſelbe, wie dieß, daß der Staat ſich ſelbſt nicht be¬
raubt. Wer ein Staats-Ich, d. h. ein guter Bürger oder
Unterthan iſt, der trägt als ſolches Ich, nicht als eigenes,
das Lehen ungeſtört. Dieß nennt der Codex dann ſo: Eigen¬
thum iſt, was ich „von Gottes- und Rechtswegen“ mein
nenne. Von Gottes- und Rechtswegen iſt es aber nur mein,
ſo lange — der Staat nichts dagegen hat.
In den Expropriationen, Waffenablieferungen und Aehn¬
lichem (wie denn z. B. der Fiskus Erbſchaften einzieht, wenn
die Erben ſich nicht zeitig genug melden) ſpringt ja das ſonſt
verdeckte Princip, daß nur das Volk, „der Staat,“ Eigen¬
thümer ſei, der Einzelne hingegen Lehnsträger, deutlich in
die Augen.
Der Staat, dieß wollte Ich ſagen, kann nicht beabſichti¬
gen, daß Jemand um ſein ſelbſt willen Eigenthum habe,
oder gar reich, ja nur wohlhabend ſei, er kann Mir als Mir
nichts zuerkennen, zukommen laſſen, nichts gewähren. Der
Staat kann dem Pauperismus nicht ſteuern, weil die Pau¬
vretät des Beſitzes eine Pauvretät Meiner iſt. Wer nichts iſt,
als was der Zufall oder ein Anderer, nämlich der Staat, aus
ihm macht, der hat ganz mit Recht auch nichts, als was ein
Anderer ihm giebt. Und dieſer Andere wird ihm nur geben,
was jener verdient, d. h. was er durch Dienen werth iſt.
Nicht Er verwerthet ſich, ſondern der Staat verwerthet ihn.
Die Nationalökonomie beſchäftigt ſich viel mit dieſem Ge¬
genſtande. Er liegt indeß weit über das „Nationale“ hinaus
und geht über die Begriffe und den Horizont des Staats, der
nur Staatseigenthum kennt und nur dieſes vertheilen kann.
Deshalb knüpft er den Beſitz des Eigenthums an Bedin¬
gungen, wie er Alles daran knüpft, z. B. die Ehe, indem
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/343>, abgerufen am 24.11.2024.
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