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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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Oder soll man es mit keiner Partei halten? Eben indem
man sich ihnen anschließt und in ihren Kreis eintritt, knüpft
man einen Verein mit ihnen, der so weit dauert, als Partei
und Ich ein und dasselbe Ziel verfolgen. Aber heute theile
Ich noch die Tendenz der Partei und morgen schon kann Ich
es nicht mehr und werde ihr "untreu". Die Partei hat nichts
Bindendes (Verpflichtendes) für Mich und Ich respectire sie
nicht; gefällt sie Mir nicht mehr, so feinde Ich sie an.

In jeder Partei, welche auf sich und ihr Bestehen hält,
sind die Mitglieder in dem Grade unfrei oder besser uneigen,
sie ermangeln in dem Grade des Egoismus, als sie jenem
Begehren der Partei dienen. Die Selbständigkeit der Partei
bedingt die Unselbständigkeit der Parteiglieder.

Eine Partei kann, welcher Art sie auch sei, niemals ein
Glaubensbekenntniß entbehren. Denn an das Princip
der Partei müssen ihre Angehörigen glauben, es muß von
ihnen nicht in Zweifel gezogen oder in Frage gestellt werden,
es muß das Gewisse, Unzweifelhafte für das Parteiglied sein.
Das heißt: Man muß einer Partei mit Leib und Seele ge¬
hören, sonst ist man nicht wahrhaft Parteimann, sondern mehr
oder minder -- Egoist. Hege einen Zweifel am Christen¬
thum und Du bist schon kein wahrer Christ mehr, hast Dich
zu der "Frechheit" erhoben, darüber hinaus eine Frage zu
stellen und das Christenthum vor deinen egoistischen Richter¬
stuhl zu ziehen. Du hast Dich am Christenthum, dieser Partei¬
sache (denn z. B. Sache der Juden, einer andern Partei, ist sie
doch nicht) -- versündigt. Aber wohl Dir, wenn Du Dich
nicht schrecken lässest: deine Frechheit verhilft Dir zur Eigenheit.

So könnte ein Egoist also niemals Partei ergreifen oder
Partei nehmen? Doch, nur kann er sich nicht von der Partei

Oder ſoll man es mit keiner Partei halten? Eben indem
man ſich ihnen anſchließt und in ihren Kreis eintritt, knüpft
man einen Verein mit ihnen, der ſo weit dauert, als Partei
und Ich ein und daſſelbe Ziel verfolgen. Aber heute theile
Ich noch die Tendenz der Partei und morgen ſchon kann Ich
es nicht mehr und werde ihr „untreu“. Die Partei hat nichts
Bindendes (Verpflichtendes) für Mich und Ich reſpectire ſie
nicht; gefällt ſie Mir nicht mehr, ſo feinde Ich ſie an.

In jeder Partei, welche auf ſich und ihr Beſtehen hält,
ſind die Mitglieder in dem Grade unfrei oder beſſer uneigen,
ſie ermangeln in dem Grade des Egoismus, als ſie jenem
Begehren der Partei dienen. Die Selbſtändigkeit der Partei
bedingt die Unſelbſtändigkeit der Parteiglieder.

Eine Partei kann, welcher Art ſie auch ſei, niemals ein
Glaubensbekenntniß entbehren. Denn an das Princip
der Partei müſſen ihre Angehörigen glauben, es muß von
ihnen nicht in Zweifel gezogen oder in Frage geſtellt werden,
es muß das Gewiſſe, Unzweifelhafte für das Parteiglied ſein.
Das heißt: Man muß einer Partei mit Leib und Seele ge¬
hören, ſonſt iſt man nicht wahrhaft Parteimann, ſondern mehr
oder minder — Egoiſt. Hege einen Zweifel am Chriſten¬
thum und Du biſt ſchon kein wahrer Chriſt mehr, haſt Dich
zu der „Frechheit“ erhoben, darüber hinaus eine Frage zu
ſtellen und das Chriſtenthum vor deinen egoiſtiſchen Richter¬
ſtuhl zu ziehen. Du haſt Dich am Chriſtenthum, dieſer Partei¬
ſache (denn z. B. Sache der Juden, einer andern Partei, iſt ſie
doch nicht) — verſündigt. Aber wohl Dir, wenn Du Dich
nicht ſchrecken läſſeſt: deine Frechheit verhilft Dir zur Eigenheit.

So könnte ein Egoiſt alſo niemals Partei ergreifen oder
Partei nehmen? Doch, nur kann er ſich nicht von der Partei

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[313/0321] Oder ſoll man es mit keiner Partei halten? Eben indem man ſich ihnen anſchließt und in ihren Kreis eintritt, knüpft man einen Verein mit ihnen, der ſo weit dauert, als Partei und Ich ein und daſſelbe Ziel verfolgen. Aber heute theile Ich noch die Tendenz der Partei und morgen ſchon kann Ich es nicht mehr und werde ihr „untreu“. Die Partei hat nichts Bindendes (Verpflichtendes) für Mich und Ich reſpectire ſie nicht; gefällt ſie Mir nicht mehr, ſo feinde Ich ſie an. In jeder Partei, welche auf ſich und ihr Beſtehen hält, ſind die Mitglieder in dem Grade unfrei oder beſſer uneigen, ſie ermangeln in dem Grade des Egoismus, als ſie jenem Begehren der Partei dienen. Die Selbſtändigkeit der Partei bedingt die Unſelbſtändigkeit der Parteiglieder. Eine Partei kann, welcher Art ſie auch ſei, niemals ein Glaubensbekenntniß entbehren. Denn an das Princip der Partei müſſen ihre Angehörigen glauben, es muß von ihnen nicht in Zweifel gezogen oder in Frage geſtellt werden, es muß das Gewiſſe, Unzweifelhafte für das Parteiglied ſein. Das heißt: Man muß einer Partei mit Leib und Seele ge¬ hören, ſonſt iſt man nicht wahrhaft Parteimann, ſondern mehr oder minder — Egoiſt. Hege einen Zweifel am Chriſten¬ thum und Du biſt ſchon kein wahrer Chriſt mehr, haſt Dich zu der „Frechheit“ erhoben, darüber hinaus eine Frage zu ſtellen und das Chriſtenthum vor deinen egoiſtiſchen Richter¬ ſtuhl zu ziehen. Du haſt Dich am Chriſtenthum, dieſer Partei¬ ſache (denn z. B. Sache der Juden, einer andern Partei, iſt ſie doch nicht) — verſündigt. Aber wohl Dir, wenn Du Dich nicht ſchrecken läſſeſt: deine Frechheit verhilft Dir zur Eigenheit. So könnte ein Egoiſt alſo niemals Partei ergreifen oder Partei nehmen? Doch, nur kann er ſich nicht von der Partei

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/321>, abgerufen am 26.11.2024.