Ich Mir, und was Ich nicht erzwinge, darauf habe Ich kein Recht, noch brüste oder tröste ich Mich mit meinem un¬ verjährbaren Rechte.
Mit dem absoluten Rechte vergeht das Recht selbst, wird die Herrschaft des "Rechtsbegriffes" zugleich getilgt. Denn es ist nicht zu vergessen, daß seither Begriffe, Ideen oder Prin¬ cipien Uns beherrschten, und daß unter diesen Herrschern der Rechtsbegriff oder der Begriff der Gerechtigkeit eine der bedeu¬ tendsten Rollen spielte.
Berechtigt oder Unberechtigt -- darauf kommt Mir's nicht an; bin Ich nur mächtig, so bin Ich schon von selbst er¬ mächtigt und bedarf keiner anderen Ermächtigung oder Be¬ rechtigung.
Recht -- ist ein Sparren, ertheilt von einem Spuk; Macht -- das bin Ich selbst, Ich bin der Mächtige und Eig¬ ner der Macht. Recht ist über Mir, ist absolut, und existirt in einem Höheren, als dessen Gnade Mir's zufließt: Recht ist eine Gnadengabe des Richters; Macht und Gewalt existirt nur in Mir, dem Mächtigen und Gewaltigen.
2. Mein Verkehr.
In der Gesellschaft, der Societät, kann höchstens die menschliche Forderung befriedigt werden, indeß die egoistische stets zu kurz kommen muß.
Weil es kaum Jemand entgehen kann, daß die Gegen¬ wart für keine Frage einen so lebendigen Antheil zeigt, als für die "sociale", so hat man auf die Gesellschaft besonders
Ich Mir, und was Ich nicht erzwinge, darauf habe Ich kein Recht, noch brüſte oder tröſte ich Mich mit meinem un¬ verjährbaren Rechte.
Mit dem abſoluten Rechte vergeht das Recht ſelbſt, wird die Herrſchaft des „Rechtsbegriffes“ zugleich getilgt. Denn es iſt nicht zu vergeſſen, daß ſeither Begriffe, Ideen oder Prin¬ cipien Uns beherrſchten, und daß unter dieſen Herrſchern der Rechtsbegriff oder der Begriff der Gerechtigkeit eine der bedeu¬ tendſten Rollen ſpielte.
Berechtigt oder Unberechtigt — darauf kommt Mir's nicht an; bin Ich nur mächtig, ſo bin Ich ſchon von ſelbſt er¬ mächtigt und bedarf keiner anderen Ermächtigung oder Be¬ rechtigung.
Recht — iſt ein Sparren, ertheilt von einem Spuk; Macht — das bin Ich ſelbſt, Ich bin der Mächtige und Eig¬ ner der Macht. Recht iſt über Mir, iſt abſolut, und exiſtirt in einem Höheren, als deſſen Gnade Mir's zufließt: Recht iſt eine Gnadengabe des Richters; Macht und Gewalt exiſtirt nur in Mir, dem Mächtigen und Gewaltigen.
2. Mein Verkehr.
In der Geſellſchaft, der Societät, kann höchſtens die menſchliche Forderung befriedigt werden, indeß die egoiſtiſche ſtets zu kurz kommen muß.
Weil es kaum Jemand entgehen kann, daß die Gegen¬ wart für keine Frage einen ſo lebendigen Antheil zeigt, als für die „ſociale“, ſo hat man auf die Geſellſchaft beſonders
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0284"n="276"/>
Ich Mir, und was Ich nicht erzwinge, darauf habe Ich<lb/>
kein Recht, noch brüſte oder tröſte ich Mich mit meinem un¬<lb/>
verjährbaren Rechte.</p><lb/><p>Mit dem abſoluten Rechte vergeht das Recht ſelbſt, wird<lb/>
die Herrſchaft des „Rechtsbegriffes“ zugleich getilgt. Denn<lb/>
es iſt nicht zu vergeſſen, daß ſeither Begriffe, Ideen oder Prin¬<lb/>
cipien Uns beherrſchten, und daß unter dieſen Herrſchern der<lb/>
Rechtsbegriff oder der Begriff der Gerechtigkeit eine der bedeu¬<lb/>
tendſten Rollen ſpielte.</p><lb/><p>Berechtigt oder Unberechtigt — darauf kommt Mir's nicht<lb/>
an; bin Ich nur <hirendition="#g">mächtig</hi>, ſo bin Ich ſchon von ſelbſt <hirendition="#g">er¬<lb/>
mächtigt</hi> und bedarf keiner anderen Ermächtigung oder Be¬<lb/>
rechtigung.</p><lb/><p>Recht — iſt ein Sparren, ertheilt von einem Spuk;<lb/>
Macht — das bin Ich ſelbſt, Ich bin der Mächtige und Eig¬<lb/>
ner der Macht. Recht iſt über Mir, iſt abſolut, und exiſtirt<lb/>
in einem Höheren, als deſſen Gnade Mir's zufließt: Recht iſt<lb/>
eine Gnadengabe des Richters; Macht und Gewalt exiſtirt nur<lb/>
in Mir, dem Mächtigen und Gewaltigen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div><divn="3"><head>2. <hirendition="#g">Mein Verkehr</hi>.<lb/></head><p>In der Geſellſchaft, der Societät, kann höchſtens die<lb/>
menſchliche Forderung befriedigt werden, indeß die egoiſtiſche<lb/>ſtets zu kurz kommen muß.</p><lb/><p>Weil es kaum Jemand entgehen kann, daß die Gegen¬<lb/>
wart für keine Frage einen ſo lebendigen Antheil zeigt, als<lb/>
für die „ſociale“, ſo hat man auf die Geſellſchaft beſonders<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[276/0284]
Ich Mir, und was Ich nicht erzwinge, darauf habe Ich
kein Recht, noch brüſte oder tröſte ich Mich mit meinem un¬
verjährbaren Rechte.
Mit dem abſoluten Rechte vergeht das Recht ſelbſt, wird
die Herrſchaft des „Rechtsbegriffes“ zugleich getilgt. Denn
es iſt nicht zu vergeſſen, daß ſeither Begriffe, Ideen oder Prin¬
cipien Uns beherrſchten, und daß unter dieſen Herrſchern der
Rechtsbegriff oder der Begriff der Gerechtigkeit eine der bedeu¬
tendſten Rollen ſpielte.
Berechtigt oder Unberechtigt — darauf kommt Mir's nicht
an; bin Ich nur mächtig, ſo bin Ich ſchon von ſelbſt er¬
mächtigt und bedarf keiner anderen Ermächtigung oder Be¬
rechtigung.
Recht — iſt ein Sparren, ertheilt von einem Spuk;
Macht — das bin Ich ſelbſt, Ich bin der Mächtige und Eig¬
ner der Macht. Recht iſt über Mir, iſt abſolut, und exiſtirt
in einem Höheren, als deſſen Gnade Mir's zufließt: Recht iſt
eine Gnadengabe des Richters; Macht und Gewalt exiſtirt nur
in Mir, dem Mächtigen und Gewaltigen.
2. Mein Verkehr.
In der Geſellſchaft, der Societät, kann höchſtens die
menſchliche Forderung befriedigt werden, indeß die egoiſtiſche
ſtets zu kurz kommen muß.
Weil es kaum Jemand entgehen kann, daß die Gegen¬
wart für keine Frage einen ſo lebendigen Antheil zeigt, als
für die „ſociale“, ſo hat man auf die Geſellſchaft beſonders
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/284>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.