Die Polemik wider das Vorrecht bildet einen Charakter¬ zug des Liberalismus, der gegen das "Vorrecht" pocht, weil er sich auf das "Recht" beruft. Weiter als zum Pochen kann er's darin nicht bringen; denn die Vorrechte fallen nicht eher, als das Recht fällt, da sie nur Arten des Rechtes sind. Das Recht aber zerfällt in sein Nichts, wenn es von der Gewalt verschlungen wird, d. h. wenn man begreift, was es heißt: Gewalt geht vor Recht. Alles Recht erklärt sich dann als Vorrecht, und das Vorrecht selber als Macht, als -- Ueber¬ macht.
Muß aber der mächtige Kampf gegen die Uebermacht nicht ein ganz anderes Antlitz zeigen, als der bescheidene Kampf gegen das Vorrecht, der vor einem ersten Richter, dem "Rechte", nach des Richters Sinn auszufechten ist?
Zum Schlusse muß Ich nun noch die halbe Ausdrucks¬ weise zurücknehmen, von der Ich nur so lange Gebrauch machen wollte, als Ich noch in den Eingeweiden des Rechtes wühlte, und das Wort wenigstens bestehen ließ. Es verliert aber in der That mit dem Begriffe auch das Wort seinen Sinn. Was Ich "mein Recht" nannte, das ist gar nicht mehr "Recht", weil Recht nur von einem Geiste ertheilt werden kann, sei es der Geist der Natur oder der der Gattung, der Menschheit, der Geist Gottes oder der Sr. Heiligkeit oder Sr. Durchlaucht u. s. w. Was Ich ohne einen berechtigenden Geist habe, das habe Ich ohne Recht, habe es einzig und allein durch meine Macht.
Ich fordere kein Recht, darum brauche Ich auch keins anzuerkennen. Was Ich Mir zu erzwingen vermag, erzwinge
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Die Polemik wider das Vorrecht bildet einen Charakter¬ zug des Liberalismus, der gegen das „Vorrecht“ pocht, weil er ſich auf das „Recht“ beruft. Weiter als zum Pochen kann er's darin nicht bringen; denn die Vorrechte fallen nicht eher, als das Recht fällt, da ſie nur Arten des Rechtes ſind. Das Recht aber zerfällt in ſein Nichts, wenn es von der Gewalt verſchlungen wird, d. h. wenn man begreift, was es heißt: Gewalt geht vor Recht. Alles Recht erklärt ſich dann als Vorrecht, und das Vorrecht ſelber als Macht, als — Ueber¬ macht.
Muß aber der mächtige Kampf gegen die Uebermacht nicht ein ganz anderes Antlitz zeigen, als der beſcheidene Kampf gegen das Vorrecht, der vor einem erſten Richter, dem „Rechte“, nach des Richters Sinn auszufechten iſt?
Zum Schluſſe muß Ich nun noch die halbe Ausdrucks¬ weiſe zurücknehmen, von der Ich nur ſo lange Gebrauch machen wollte, als Ich noch in den Eingeweiden des Rechtes wühlte, und das Wort wenigſtens beſtehen ließ. Es verliert aber in der That mit dem Begriffe auch das Wort ſeinen Sinn. Was Ich „mein Recht“ nannte, das iſt gar nicht mehr „Recht“, weil Recht nur von einem Geiſte ertheilt werden kann, ſei es der Geiſt der Natur oder der der Gattung, der Menſchheit, der Geiſt Gottes oder der Sr. Heiligkeit oder Sr. Durchlaucht u. ſ. w. Was Ich ohne einen berechtigenden Geiſt habe, das habe Ich ohne Recht, habe es einzig und allein durch meine Macht.
Ich fordere kein Recht, darum brauche Ich auch keins anzuerkennen. Was Ich Mir zu erzwingen vermag, erzwinge
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Die Polemik wider das Vorrecht bildet einen Charakter¬
zug des Liberalismus, der gegen das „Vorrecht“ pocht, weil
er ſich auf das „Recht“ beruft. Weiter als zum Pochen kann
er's darin nicht bringen; denn die Vorrechte fallen nicht eher,
als das Recht fällt, da ſie nur Arten des Rechtes ſind. Das
Recht aber zerfällt in ſein Nichts, wenn es von der Gewalt
verſchlungen wird, d. h. wenn man begreift, was es heißt:
Gewalt geht vor Recht. Alles Recht erklärt ſich dann als
Vorrecht, und das Vorrecht ſelber als Macht, als — Ueber¬
macht.
Muß aber der mächtige Kampf gegen die Uebermacht nicht
ein ganz anderes Antlitz zeigen, als der beſcheidene Kampf
gegen das Vorrecht, der vor einem erſten Richter, dem „Rechte“,
nach des Richters Sinn auszufechten iſt?
Zum Schluſſe muß Ich nun noch die halbe Ausdrucks¬
weiſe zurücknehmen, von der Ich nur ſo lange Gebrauch machen
wollte, als Ich noch in den Eingeweiden des Rechtes wühlte,
und das Wort wenigſtens beſtehen ließ. Es verliert aber in
der That mit dem Begriffe auch das Wort ſeinen Sinn.
Was Ich „mein Recht“ nannte, das iſt gar nicht mehr „Recht“,
weil Recht nur von einem Geiſte ertheilt werden kann, ſei es
der Geiſt der Natur oder der der Gattung, der Menſchheit,
der Geiſt Gottes oder der Sr. Heiligkeit oder Sr. Durchlaucht
u. ſ. w. Was Ich ohne einen berechtigenden Geiſt habe,
das habe Ich ohne Recht, habe es einzig und allein durch
meine Macht.
Ich fordere kein Recht, darum brauche Ich auch keins
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/283>, abgerufen am 23.11.2024.
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