aber ist er absolut frei, von Allem frei, z. B. vom christlichen Wahne oder vom körperlichen Schmerze u. s. w.?
Inzwischen scheint dieß Alles mehr gegen Namen als ge¬ gen die Sache gesagt zu sein. Ist aber der Name gleichgültig, und hat nicht stets ein Wort, ein Schiboleth, die Menschen begeistert und -- bethört? Doch zwischen der Freiheit und der Eigenheit liegt auch noch eine tiefere Kluft, als die bloße Wortdifferenz.
Alle Welt verlangt nach Freiheit, Alle sehnen ihr Reich herbei. O bezaubernd schöner Traum von einem blühenden "Reiche der Freiheit", einem "freien Menschengeschlechte"! -- wer hätte ihn nicht geträumt? So sollen die Menschen frei werden, ganz frei, von allem Zwange frei! Von allem Zwange, wirklich von allem? Sollen sie sich selbst niemals mehr Zwang anthun? "Ach ja, das wohl, das ist ja gar kein Zwang!" Nun, so sollen sie doch frei werden vom religiösen Glauben, von den strengen Pflichten der Sittlichkeit, von der Unerbitt¬ lichkeit des Gesetzes, von -- "Welch fürchterliches Mißver¬ ständnis)!" Nun, wovon sollen sie denn frei werden, und wovon nicht?
Der liebliche Traum ist zerronnen, erwacht reibt man die halbgeöffneten Augen und starrt den prosaischen Frager an. "Wovon die Menschen frei werden sollen?" -- Von der Blind¬ gläubigkeit, ruft der Eine. Ei was, schreit ein Anderer, aller Glaube ist Blindgläubigkeit; sie müssen von allem Glauben frei werden. Nein, nein, um Gotteswillen, -- fährt der Erste wieder los, -- werft nicht allen Glauben von Euch, sonst bricht die Macht der Brutalität herein. Wir müssen, läßt sich ein Dritter vernehmen, die Republik haben und von allen ge¬ bietenden Herren -- frei werden. Damit ist nichts geholfen,
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aber iſt er abſolut frei, von Allem frei, z. B. vom chriſtlichen Wahne oder vom körperlichen Schmerze u. ſ. w.?
Inzwiſchen ſcheint dieß Alles mehr gegen Namen als ge¬ gen die Sache geſagt zu ſein. Iſt aber der Name gleichgültig, und hat nicht ſtets ein Wort, ein Schiboleth, die Menſchen begeiſtert und — bethört? Doch zwiſchen der Freiheit und der Eigenheit liegt auch noch eine tiefere Kluft, als die bloße Wortdifferenz.
Alle Welt verlangt nach Freiheit, Alle ſehnen ihr Reich herbei. O bezaubernd ſchöner Traum von einem blühenden „Reiche der Freiheit“, einem „freien Menſchengeſchlechte“! — wer hätte ihn nicht geträumt? So ſollen die Menſchen frei werden, ganz frei, von allem Zwange frei! Von allem Zwange, wirklich von allem? Sollen ſie ſich ſelbſt niemals mehr Zwang anthun? „Ach ja, das wohl, das iſt ja gar kein Zwang!“ Nun, ſo ſollen ſie doch frei werden vom religiöſen Glauben, von den ſtrengen Pflichten der Sittlichkeit, von der Unerbitt¬ lichkeit des Geſetzes, von — „Welch fürchterliches Mißver¬ ſtändnis)!“ Nun, wovon ſollen ſie denn frei werden, und wovon nicht?
Der liebliche Traum iſt zerronnen, erwacht reibt man die halbgeöffneten Augen und ſtarrt den proſaiſchen Frager an. „Wovon die Menſchen frei werden ſollen?“ — Von der Blind¬ gläubigkeit, ruft der Eine. Ei was, ſchreit ein Anderer, aller Glaube iſt Blindgläubigkeit; ſie müſſen von allem Glauben frei werden. Nein, nein, um Gotteswillen, — fährt der Erſte wieder los, — werft nicht allen Glauben von Euch, ſonſt bricht die Macht der Brutalität herein. Wir müſſen, läßt ſich ein Dritter vernehmen, die Republik haben und von allen ge¬ bietenden Herren — frei werden. Damit iſt nichts geholfen,
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aber iſt er abſolut frei, von Allem frei, z. B. vom chriſtlichen
Wahne oder vom körperlichen Schmerze u. ſ. w.?
Inzwiſchen ſcheint dieß Alles mehr gegen Namen als ge¬
gen die Sache geſagt zu ſein. Iſt aber der Name gleichgültig,
und hat nicht ſtets ein Wort, ein Schiboleth, die Menſchen
begeiſtert und — bethört? Doch zwiſchen der Freiheit und
der Eigenheit liegt auch noch eine tiefere Kluft, als die bloße
Wortdifferenz.
Alle Welt verlangt nach Freiheit, Alle ſehnen ihr Reich
herbei. O bezaubernd ſchöner Traum von einem blühenden
„Reiche der Freiheit“, einem „freien Menſchengeſchlechte“! —
wer hätte ihn nicht geträumt? So ſollen die Menſchen frei
werden, ganz frei, von allem Zwange frei! Von allem Zwange,
wirklich von allem? Sollen ſie ſich ſelbſt niemals mehr Zwang
anthun? „Ach ja, das wohl, das iſt ja gar kein Zwang!“
Nun, ſo ſollen ſie doch frei werden vom religiöſen Glauben,
von den ſtrengen Pflichten der Sittlichkeit, von der Unerbitt¬
lichkeit des Geſetzes, von — „Welch fürchterliches Mißver¬
ſtändnis)!“ Nun, wovon ſollen ſie denn frei werden, und
wovon nicht?
Der liebliche Traum iſt zerronnen, erwacht reibt man die
halbgeöffneten Augen und ſtarrt den proſaiſchen Frager an.
„Wovon die Menſchen frei werden ſollen?“ — Von der Blind¬
gläubigkeit, ruft der Eine. Ei was, ſchreit ein Anderer, aller
Glaube iſt Blindgläubigkeit; ſie müſſen von allem Glauben
frei werden. Nein, nein, um Gotteswillen, — fährt der Erſte
wieder los, — werft nicht allen Glauben von Euch, ſonſt
bricht die Macht der Brutalität herein. Wir müſſen, läßt ſich
ein Dritter vernehmen, die Republik haben und von allen ge¬
bietenden Herren — frei werden. Damit iſt nichts geholfen,
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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/217>, abgerufen am 23.11.2024.
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