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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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machen zu wollen, wenn darüber auch die Körperschaft und
Alles zu Grunde ginge? Man hält sich sorglich innerhalb
der Grenzen seiner Befugniß; in den Grenzen seiner Macht
muß man ja ohnehin bleiben, weil Keiner mehr kann als er
kann. "Die Macht oder respective Ohnmacht Meiner wäre
meine alleinige Grenze, Befugnisse aber nur bindende --
Satzungen? Zu dieser alles umstürzenden Ansicht sollte Ich
Mich bekennen? Nein, Ich bin ein -- gesetzlicher Bürger!"

Das Bürgerthum bekennt sich zu einer Moral, welche
auf's engste mit seinem Wesen zusammenhängt. Ihre erste
Forderung geht darauf hin, daß man ein solides Geschäft,
ein ehrliches Gewerbe betreibe, einen moralischen Wandel führe.
Unsittlich ist ihr der Industrieritter, die Buhlerin, der Dieb,
Räuber und Mörder, der Spieler, der vermögenlose Mann
ohne Anstellung, der Leichtsinnige. Die Stimmung gegen diese
"Unmoralischen" bezeichnet der wackere Bürger als seine "tiefste
Entrüstung". Es fehlt diesen Allen die Ansässigkeit, das So¬
lide
des Geschäfts, ein solides, ehrsames Leben, das feste
Einkommen u. s. w., kurz, sie gehören, weil ihre Existenz
nicht auf einer sicheren Basis ruht, zu den gefährlichen
"Einzelnen oder Vereinzelten" zum gefährlichen Proletariat:
sie sind "einzelne Schreier", die keine "Garantien" bieten und
"nichts zu verlieren", also nichts zu riskiren haben. Schlie¬
ßung eines Familienbandes z. B. bindet den Menschen, der
Gebundene gewährt eine Bürgschaft, ist faßbar; dagegen das
Freudenmädchen nicht. Der Spieler setzt alles auf's Spiel,
ruinirt sich und Andere; -- keine Garantie. Man könnte
Alle, welche dem Bürger verdächtig, feindlich und gefährlich er¬
scheinen, unter den Namen "Vagabonden" zusammenfassen;
ihm mißfällt jede vagabondirende Lebensart. Denn es giebt

machen zu wollen, wenn darüber auch die Körperſchaft und
Alles zu Grunde ginge? Man hält ſich ſorglich innerhalb
der Grenzen ſeiner Befugniß; in den Grenzen ſeiner Macht
muß man ja ohnehin bleiben, weil Keiner mehr kann als er
kann. „Die Macht oder reſpective Ohnmacht Meiner wäre
meine alleinige Grenze, Befugniſſe aber nur bindende —
Satzungen? Zu dieſer alles umſtürzenden Anſicht ſollte Ich
Mich bekennen? Nein, Ich bin ein — geſetzlicher Bürger!“

Das Bürgerthum bekennt ſich zu einer Moral, welche
auf's engſte mit ſeinem Weſen zuſammenhängt. Ihre erſte
Forderung geht darauf hin, daß man ein ſolides Geſchäft,
ein ehrliches Gewerbe betreibe, einen moraliſchen Wandel führe.
Unſittlich iſt ihr der Induſtrieritter, die Buhlerin, der Dieb,
Räuber und Mörder, der Spieler, der vermögenloſe Mann
ohne Anſtellung, der Leichtſinnige. Die Stimmung gegen dieſe
„Unmoraliſchen“ bezeichnet der wackere Bürger als ſeine „tiefſte
Entrüſtung“. Es fehlt dieſen Allen die Anſäſſigkeit, das So¬
lide
des Geſchäfts, ein ſolides, ehrſames Leben, das feſte
Einkommen u. ſ. w., kurz, ſie gehören, weil ihre Exiſtenz
nicht auf einer ſicheren Baſis ruht, zu den gefährlichen
„Einzelnen oder Vereinzelten“ zum gefährlichen Proletariat:
ſie ſind „einzelne Schreier“, die keine „Garantien“ bieten und
„nichts zu verlieren“, alſo nichts zu riskiren haben. Schlie¬
ßung eines Familienbandes z. B. bindet den Menſchen, der
Gebundene gewährt eine Bürgſchaft, iſt faßbar; dagegen das
Freudenmädchen nicht. Der Spieler ſetzt alles auf's Spiel,
ruinirt ſich und Andere; — keine Garantie. Man könnte
Alle, welche dem Bürger verdächtig, feindlich und gefährlich er¬
ſcheinen, unter den Namen „Vagabonden“ zuſammenfaſſen;
ihm mißfällt jede vagabondirende Lebensart. Denn es giebt

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[148/0156] machen zu wollen, wenn darüber auch die Körperſchaft und Alles zu Grunde ginge? Man hält ſich ſorglich innerhalb der Grenzen ſeiner Befugniß; in den Grenzen ſeiner Macht muß man ja ohnehin bleiben, weil Keiner mehr kann als er kann. „Die Macht oder reſpective Ohnmacht Meiner wäre meine alleinige Grenze, Befugniſſe aber nur bindende — Satzungen? Zu dieſer alles umſtürzenden Anſicht ſollte Ich Mich bekennen? Nein, Ich bin ein — geſetzlicher Bürger!“ Das Bürgerthum bekennt ſich zu einer Moral, welche auf's engſte mit ſeinem Weſen zuſammenhängt. Ihre erſte Forderung geht darauf hin, daß man ein ſolides Geſchäft, ein ehrliches Gewerbe betreibe, einen moraliſchen Wandel führe. Unſittlich iſt ihr der Induſtrieritter, die Buhlerin, der Dieb, Räuber und Mörder, der Spieler, der vermögenloſe Mann ohne Anſtellung, der Leichtſinnige. Die Stimmung gegen dieſe „Unmoraliſchen“ bezeichnet der wackere Bürger als ſeine „tiefſte Entrüſtung“. Es fehlt dieſen Allen die Anſäſſigkeit, das So¬ lide des Geſchäfts, ein ſolides, ehrſames Leben, das feſte Einkommen u. ſ. w., kurz, ſie gehören, weil ihre Exiſtenz nicht auf einer ſicheren Baſis ruht, zu den gefährlichen „Einzelnen oder Vereinzelten“ zum gefährlichen Proletariat: ſie ſind „einzelne Schreier“, die keine „Garantien“ bieten und „nichts zu verlieren“, alſo nichts zu riskiren haben. Schlie¬ ßung eines Familienbandes z. B. bindet den Menſchen, der Gebundene gewährt eine Bürgſchaft, iſt faßbar; dagegen das Freudenmädchen nicht. Der Spieler ſetzt alles auf's Spiel, ruinirt ſich und Andere; — keine Garantie. Man könnte Alle, welche dem Bürger verdächtig, feindlich und gefährlich er¬ ſcheinen, unter den Namen „Vagabonden“ zuſammenfaſſen; ihm mißfällt jede vagabondirende Lebensart. Denn es giebt

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/156>, abgerufen am 24.11.2024.