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Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845.

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Mißverständniß und Ihr belehrt Uns, daß Gottes Sache aller¬
dings die Sache der Wahrheit und Liebe sei, daß aber diese
Sache keine ihm fremde genannt werden könne, weil Gott ja
selbst die Wahrheit und Liebe sei; Euch empört die Annahme,
daß Gott Uns armen Würmern gleichen könnte, indem er eine
fremde Sache als eigene beförderte. "Gott sollte der Sache
der Wahrheit sich annehmen, wenn er nicht selbst die Wahrheit
wäre"? Er sorgt nur für seine Sache, aber weil er Alles in
Allem ist, darum ist auch alles seine Sache! Wir aber, Wir
sind nicht Alles in Allem, und unsere Sache ist gar klein und
verächtlich; darum müssen Wir einer "höheren Sache die¬
nen". -- Nun, es ist klar, Gott bekümmert sich nur um's
Seine, beschäftigt sich nur mit sich, denkt nur an sich und hat
nur sich im Auge; wehe Allem, was ihm nicht wohlgefällig
ist. Er dient keinem Höheren und befriedigt nur sich. Seine
Sache ist eine -- rein egoistische Sache.

Wie steht es mit der Menschheit, deren Sache Wir zur
unsrigen machen sollen? Ist ihre Sache etwa die eines Andern
und dient die Menschheit einer höheren Sache? Nein, die
Menschheit sieht nur auf sich, die Menschheit will nur die
Menschheit fördern, die Menschheit ist sich selber ihre Sache.
Damit sie sich entwickle, läßt sie Völker und Individuen in
ihrem Dienste sich abquälen, und wenn diese geleistet haben,
was die Menschheit braucht, dann werden sie von ihr aus
Dankbarkeit auf den Mist der Geschichte geworfen. Ist die
Sache der Menschheit nicht eine -- rein egoistische Sache?

Ich brauche gar nicht an jedem, der seine Sache Uns
zuschieben möchte, zu zeigen, daß es ihm nur um sich, nicht
um Uns, nur um sein Wohl, nicht um das Unsere zu thun
ist. Seht Euch die Uebrigen nur an. Begehrt die Wahrheit,

Mißverſtändniß und Ihr belehrt Uns, daß Gottes Sache aller¬
dings die Sache der Wahrheit und Liebe ſei, daß aber dieſe
Sache keine ihm fremde genannt werden könne, weil Gott ja
ſelbſt die Wahrheit und Liebe ſei; Euch empört die Annahme,
daß Gott Uns armen Würmern gleichen könnte, indem er eine
fremde Sache als eigene beförderte. „Gott ſollte der Sache
der Wahrheit ſich annehmen, wenn er nicht ſelbſt die Wahrheit
wäre“? Er ſorgt nur für ſeine Sache, aber weil er Alles in
Allem iſt, darum iſt auch alles ſeine Sache! Wir aber, Wir
ſind nicht Alles in Allem, und unſere Sache iſt gar klein und
verächtlich; darum müſſen Wir einer „höheren Sache die¬
nen“. — Nun, es iſt klar, Gott bekümmert ſich nur um's
Seine, beſchäftigt ſich nur mit ſich, denkt nur an ſich und hat
nur ſich im Auge; wehe Allem, was ihm nicht wohlgefällig
iſt. Er dient keinem Höheren und befriedigt nur ſich. Seine
Sache iſt eine — rein egoiſtiſche Sache.

Wie ſteht es mit der Menſchheit, deren Sache Wir zur
unſrigen machen ſollen? Iſt ihre Sache etwa die eines Andern
und dient die Menſchheit einer höheren Sache? Nein, die
Menſchheit ſieht nur auf ſich, die Menſchheit will nur die
Menſchheit fördern, die Menſchheit iſt ſich ſelber ihre Sache.
Damit ſie ſich entwickle, läßt ſie Völker und Individuen in
ihrem Dienſte ſich abquälen, und wenn dieſe geleiſtet haben,
was die Menſchheit braucht, dann werden ſie von ihr aus
Dankbarkeit auf den Miſt der Geſchichte geworfen. Iſt die
Sache der Menſchheit nicht eine — rein egoiſtiſche Sache?

Ich brauche gar nicht an jedem, der ſeine Sache Uns
zuſchieben möchte, zu zeigen, daß es ihm nur um ſich, nicht
um Uns, nur um ſein Wohl, nicht um das Unſere zu thun
iſt. Seht Euch die Uebrigen nur an. Begehrt die Wahrheit,

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[6/0014] Mißverſtändniß und Ihr belehrt Uns, daß Gottes Sache aller¬ dings die Sache der Wahrheit und Liebe ſei, daß aber dieſe Sache keine ihm fremde genannt werden könne, weil Gott ja ſelbſt die Wahrheit und Liebe ſei; Euch empört die Annahme, daß Gott Uns armen Würmern gleichen könnte, indem er eine fremde Sache als eigene beförderte. „Gott ſollte der Sache der Wahrheit ſich annehmen, wenn er nicht ſelbſt die Wahrheit wäre“? Er ſorgt nur für ſeine Sache, aber weil er Alles in Allem iſt, darum iſt auch alles ſeine Sache! Wir aber, Wir ſind nicht Alles in Allem, und unſere Sache iſt gar klein und verächtlich; darum müſſen Wir einer „höheren Sache die¬ nen“. — Nun, es iſt klar, Gott bekümmert ſich nur um's Seine, beſchäftigt ſich nur mit ſich, denkt nur an ſich und hat nur ſich im Auge; wehe Allem, was ihm nicht wohlgefällig iſt. Er dient keinem Höheren und befriedigt nur ſich. Seine Sache iſt eine — rein egoiſtiſche Sache. Wie ſteht es mit der Menſchheit, deren Sache Wir zur unſrigen machen ſollen? Iſt ihre Sache etwa die eines Andern und dient die Menſchheit einer höheren Sache? Nein, die Menſchheit ſieht nur auf ſich, die Menſchheit will nur die Menſchheit fördern, die Menſchheit iſt ſich ſelber ihre Sache. Damit ſie ſich entwickle, läßt ſie Völker und Individuen in ihrem Dienſte ſich abquälen, und wenn dieſe geleiſtet haben, was die Menſchheit braucht, dann werden ſie von ihr aus Dankbarkeit auf den Miſt der Geſchichte geworfen. Iſt die Sache der Menſchheit nicht eine — rein egoiſtiſche Sache? Ich brauche gar nicht an jedem, der ſeine Sache Uns zuſchieben möchte, zu zeigen, daß es ihm nur um ſich, nicht um Uns, nur um ſein Wohl, nicht um das Unſere zu thun iſt. Seht Euch die Uebrigen nur an. Begehrt die Wahrheit,

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Zitationshilfe: Stirner, Max: Der Einzige und sein Eigenthum. Leipzig, 1845, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stirner_einzige_1845/14>, abgerufen am 24.11.2024.