selber mit den andern hinaus, um zu sehen, wer es sei. Der Schuster war es, der einstige Alpensteiger, mit Alpenstok und Steigeisen, begleitet von seinen Freunden und Kameraden.
"Sebastian, da sind sie," schrie das Weib.
Er aber war stumm, zitterte, und lief auf sie zu. Dann rührte er die Lippen, als wollte er etwas sagen, sagte aber nichts, riß die Kinder an sich, und hielt sie lange. Dann wandte er sich gegen sein Weib, schloß es an sich, und rief: "Sanna, Sanna!"
Nach einer Weile nahm er den Hut, der ihm in den Schnee gefallen war, auf, trat unter die Män¬ ner, und wollte reden. Er sagte aber nur: "Nach¬ barn, Freunde, ich danke euch."
Da man noch gewartet hatte, bis die Kinder sich zur Beruhigung erholt hatten, sagte er: "Wenn wir alle beisammen sind, so können wir in Gottes Namen aufbrechen."
"Es sind wohl noch nicht alle," sagte der Hirt Philipp, "aber die noch abgehen, wissen aus dem Rauche, daß wir die Kinder haben, und sie werden schon nach Hause gehen, wenn sie die Alphütte leer finden."
Man machte sich zum Aufbruche bereit.
Man war auf der Sideralphütte nicht gar weit
ſelber mit den andern hinaus, um zu ſehen, wer es ſei. Der Schuſter war es, der einſtige Alpenſteiger, mit Alpenſtok und Steigeiſen, begleitet von ſeinen Freunden und Kameraden.
„Sebaſtian, da ſind ſie,“ ſchrie das Weib.
Er aber war ſtumm, zitterte, und lief auf ſie zu. Dann rührte er die Lippen, als wollte er etwas ſagen, ſagte aber nichts, riß die Kinder an ſich, und hielt ſie lange. Dann wandte er ſich gegen ſein Weib, ſchloß es an ſich, und rief: „Sanna, Sanna!“
Nach einer Weile nahm er den Hut, der ihm in den Schnee gefallen war, auf, trat unter die Män¬ ner, und wollte reden. Er ſagte aber nur: „Nach¬ barn, Freunde, ich danke euch.“
Da man noch gewartet hatte, bis die Kinder ſich zur Beruhigung erholt hatten, ſagte er: „Wenn wir alle beiſammen ſind, ſo können wir in Gottes Namen aufbrechen.“
„Es ſind wohl noch nicht alle,“ ſagte der Hirt Philipp, „aber die noch abgehen, wiſſen aus dem Rauche, daß wir die Kinder haben, und ſie werden ſchon nach Hauſe gehen, wenn ſie die Alphütte leer finden.“
Man machte ſich zum Aufbruche bereit.
Man war auf der Sideralphütte nicht gar weit
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ſelber mit den andern hinaus, um zu ſehen, wer es
ſei. Der Schuſter war es, der einſtige Alpenſteiger,
mit Alpenſtok und Steigeiſen, begleitet von ſeinen
Freunden und Kameraden.
„Sebaſtian, da ſind ſie,“ ſchrie das Weib.
Er aber war ſtumm, zitterte, und lief auf ſie
zu. Dann rührte er die Lippen, als wollte er etwas
ſagen, ſagte aber nichts, riß die Kinder an ſich, und
hielt ſie lange. Dann wandte er ſich gegen ſein Weib,
ſchloß es an ſich, und rief: „Sanna, Sanna!“
Nach einer Weile nahm er den Hut, der ihm in
den Schnee gefallen war, auf, trat unter die Män¬
ner, und wollte reden. Er ſagte aber nur: „Nach¬
barn, Freunde, ich danke euch.“
Da man noch gewartet hatte, bis die Kinder ſich
zur Beruhigung erholt hatten, ſagte er: „Wenn wir
alle beiſammen ſind, ſo können wir in Gottes Namen
aufbrechen.“
„Es ſind wohl noch nicht alle,“ ſagte der Hirt
Philipp, „aber die noch abgehen, wiſſen aus dem
Rauche, daß wir die Kinder haben, und ſie werden
ſchon nach Hauſe gehen, wenn ſie die Alphütte leer
finden.“
Man machte ſich zum Aufbruche bereit.
Man war auf der Sideralphütte nicht gar weit
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/97>, abgerufen am 16.02.2025.
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