Schneehaupt recht hoch und recht blau über sich ragen. Das Glöklein aber, das sie hörten, war das der Sideralpe, das geläutet wurde, weil dort die Zu¬ sammenkunft verabredet war. Da sie noch weiter kamen, hörten sie auch schwach in die stille Luft die Pöllerschüße herauf, die in Folge der ausgestekten Fahne abgefeuert wurden, und sahen dann in die Luft feine Rauchsäulen aufsteigen.
Da sie nach einer Weile über eine sanfte schiefe Fläche abgingen, erblikten sie die Sideralphütte. Sie gingen auf sie zu. In der Hütte brannte ein Feuer, die Mutter der Kinder war da, und mit einem furcht¬ baren Schrei sank sie in den Schnee zurük, als sie die Kinder mit dem Eschenjäger kommen sah.
Dann lief sie herzu, betrachtete sie überall, wollte ihnen zu essen geben, wollte sie wärmen, wollte sie in vorhandenes Heu legen; aber bald überzeugte sie sich, daß die Kinder durch die Freude stärker seien, als sie gedacht hatte, daß sie nur einiger warmer Speise bedurften, die sie bekamen, und daß sie nur ein wenig ausruhen mußten, was ihnen ebenfalls zu Theil werden sollte.
Da nach einer Zeit der Ruhe wieder eine Gruppe Männer über die Schneefläche herabkam, während das Hüttenglöklein immer fortläutete, liefen die Kinder
Schneehaupt recht hoch und recht blau über ſich ragen. Das Glöklein aber, das ſie hörten, war das der Sideralpe, das geläutet wurde, weil dort die Zu¬ ſammenkunft verabredet war. Da ſie noch weiter kamen, hörten ſie auch ſchwach in die ſtille Luft die Pöllerſchüße herauf, die in Folge der ausgeſtekten Fahne abgefeuert wurden, und ſahen dann in die Luft feine Rauchſäulen aufſteigen.
Da ſie nach einer Weile über eine ſanfte ſchiefe Fläche abgingen, erblikten ſie die Sideralphütte. Sie gingen auf ſie zu. In der Hütte brannte ein Feuer, die Mutter der Kinder war da, und mit einem furcht¬ baren Schrei ſank ſie in den Schnee zurük, als ſie die Kinder mit dem Eſchenjäger kommen ſah.
Dann lief ſie herzu, betrachtete ſie überall, wollte ihnen zu eſſen geben, wollte ſie wärmen, wollte ſie in vorhandenes Heu legen; aber bald überzeugte ſie ſich, daß die Kinder durch die Freude ſtärker ſeien, als ſie gedacht hatte, daß ſie nur einiger warmer Speiſe bedurften, die ſie bekamen, und daß ſie nur ein wenig ausruhen mußten, was ihnen ebenfalls zu Theil werden ſollte.
Da nach einer Zeit der Ruhe wieder eine Gruppe Männer über die Schneefläche herabkam, während das Hüttenglöklein immer fortläutete, liefen die Kinder
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Schneehaupt recht hoch und recht blau über ſich ragen.
Das Glöklein aber, das ſie hörten, war das der
Sideralpe, das geläutet wurde, weil dort die Zu¬
ſammenkunft verabredet war. Da ſie noch weiter
kamen, hörten ſie auch ſchwach in die ſtille Luft die
Pöllerſchüße herauf, die in Folge der ausgeſtekten
Fahne abgefeuert wurden, und ſahen dann in die
Luft feine Rauchſäulen aufſteigen.
Da ſie nach einer Weile über eine ſanfte ſchiefe
Fläche abgingen, erblikten ſie die Sideralphütte. Sie
gingen auf ſie zu. In der Hütte brannte ein Feuer,
die Mutter der Kinder war da, und mit einem furcht¬
baren Schrei ſank ſie in den Schnee zurük, als ſie die
Kinder mit dem Eſchenjäger kommen ſah.
Dann lief ſie herzu, betrachtete ſie überall, wollte
ihnen zu eſſen geben, wollte ſie wärmen, wollte ſie
in vorhandenes Heu legen; aber bald überzeugte ſie
ſich, daß die Kinder durch die Freude ſtärker ſeien, als
ſie gedacht hatte, daß ſie nur einiger warmer Speiſe
bedurften, die ſie bekamen, und daß ſie nur ein wenig
ausruhen mußten, was ihnen ebenfalls zu Theil
werden ſollte.
Da nach einer Zeit der Ruhe wieder eine Gruppe
Männer über die Schneefläche herabkam, während das
Hüttenglöklein immer fortläutete, liefen die Kinder
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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/96>, abgerufen am 16.02.2025.
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