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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853.

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Die Kinder liebten ihn sehr, aber sie nekten ihn
nie, was sie mit dem Schloßherrn öfter thaten. In
verschiedenen Abstufungen hatten alle drei Männer
etwas Sonderbares, was die Kinder aber nur bei
dem ausgezeichnetsten bei dem Schloßherrn merkten.
Die Mutter allein war die immer klare und einfache.

Als Lulu heran wuchs, als sie sehr schön und lieb
zu werden versprach, als sie die großen Augen
demüthig niederschlug, die Wimpern darüber hinab
zielten, und nicht mehr so oft wie früher sich vorlaut
erhoben, als endlich auch noch das Lezte eintrat,
nehmlich ein oftmaliges heißes Erröthen ohne Grund
und Ursache: da schlich sich der Schloßherr ein¬
mal leise auf sein Zimmer, riegelte hinter sich die
Thür zu, ging heimlich zu der Lade seines Schreib¬
tisches, that sie auf, nahm das Testament heraus, in
welchem er den Kaiser zum Erben eingesezt hatte, und
durchstrich es ganz und gar. Dann schrieb er emsig
ein neues, und sezte Lulus Namen hinein. Er warf
den andern drei Kindern Vermächtnisse aus, die Lulu
auszuzahlen hatte, wodurch sie Lulu zwar näher
kamen, aber sie doch nicht erreichten. Als er das
gethan hatte, ging er mit einem glänzenden Angesichte
in den Garten, als hätte er einen Schabernak verübt,
und freue sich auf dessen Bekanntwerden. Um gar kein

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Die Kinder liebten ihn ſehr, aber ſie nekten ihn
nie, was ſie mit dem Schloßherrn öfter thaten. In
verſchiedenen Abſtufungen hatten alle drei Männer
etwas Sonderbares, was die Kinder aber nur bei
dem ausgezeichnetſten bei dem Schloßherrn merkten.
Die Mutter allein war die immer klare und einfache.

Als Lulu heran wuchs, als ſie ſehr ſchön und lieb
zu werden verſprach, als ſie die großen Augen
demüthig niederſchlug, die Wimpern darüber hinab
zielten, und nicht mehr ſo oft wie früher ſich vorlaut
erhoben, als endlich auch noch das Lezte eintrat,
nehmlich ein oftmaliges heißes Erröthen ohne Grund
und Urſache: da ſchlich ſich der Schloßherr ein¬
mal leiſe auf ſein Zimmer, riegelte hinter ſich die
Thür zu, ging heimlich zu der Lade ſeines Schreib¬
tiſches, that ſie auf, nahm das Teſtament heraus, in
welchem er den Kaiſer zum Erben eingeſezt hatte, und
durchſtrich es ganz und gar. Dann ſchrieb er emſig
ein neues, und ſezte Lulus Namen hinein. Er warf
den andern drei Kindern Vermächtniſſe aus, die Lulu
auszuzahlen hatte, wodurch ſie Lulu zwar näher
kamen, aber ſie doch nicht erreichten. Als er das
gethan hatte, ging er mit einem glänzenden Angeſichte
in den Garten, als hätte er einen Schabernak verübt,
und freue ſich auf deſſen Bekanntwerden. Um gar kein

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[227/0238] Die Kinder liebten ihn ſehr, aber ſie nekten ihn nie, was ſie mit dem Schloßherrn öfter thaten. In verſchiedenen Abſtufungen hatten alle drei Männer etwas Sonderbares, was die Kinder aber nur bei dem ausgezeichnetſten bei dem Schloßherrn merkten. Die Mutter allein war die immer klare und einfache. Als Lulu heran wuchs, als ſie ſehr ſchön und lieb zu werden verſprach, als ſie die großen Augen demüthig niederſchlug, die Wimpern darüber hinab zielten, und nicht mehr ſo oft wie früher ſich vorlaut erhoben, als endlich auch noch das Lezte eintrat, nehmlich ein oftmaliges heißes Erröthen ohne Grund und Urſache: da ſchlich ſich der Schloßherr ein¬ mal leiſe auf ſein Zimmer, riegelte hinter ſich die Thür zu, ging heimlich zu der Lade ſeines Schreib¬ tiſches, that ſie auf, nahm das Teſtament heraus, in welchem er den Kaiſer zum Erben eingeſezt hatte, und durchſtrich es ganz und gar. Dann ſchrieb er emſig ein neues, und ſezte Lulus Namen hinein. Er warf den andern drei Kindern Vermächtniſſe aus, die Lulu auszuzahlen hatte, wodurch ſie Lulu zwar näher kamen, aber ſie doch nicht erreichten. Als er das gethan hatte, ging er mit einem glänzenden Angeſichte in den Garten, als hätte er einen Schabernak verübt, und freue ſich auf deſſen Bekanntwerden. Um gar kein 15*

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 2. Pest u. a., 1853, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine02_1853/238>, abgerufen am 24.11.2024.