unten, und wo er gesund zu bleiben gedachte. Wenn aber doch einer zu ihm gelangte, so wollte er ihn eher mit einem Schürbaume erschlagen, als daß er ihn näher kommen, und die Seuche bringen ließe. Wenn aber die Krankheit lange vorüber wäre, dann wollte er wieder zurükkehren, und weiter leben. Als daher die schwarzen Schubkarrenführer, die von ihm die Wagenschmiere holten, die Kunde brachten, daß in den angrenzenden Ländern schon die Pest entstanden sei, machte er sich auf, und ging in den hohen Wald hinauf. Er ging aber noch weiter, als wo der See ist, er ging dahin, wo der Wald noch ist, wie er bei der Schöpfung gewesen war, wo noch keine Menschen gearbeitet haben, wo kein Baum umbricht, als wenn er vom Blize getroffen ist, oder von dem Winde umgestürzt wird; dann bleibt er liegen, und aus seinem Leibe wachsen neue Bäumchen und Kräuter empor; die Stämme stehen in die Höhe, und zwi¬ schen ihnen sind die unangesehenen und unangetasteten Blumen und Gräser und Kräuter."
Während der Großvater dieses sagte, war die Sonne untergegangen. Der feurige Rauch war plöz¬ lich verschwunden, der Himmel, an welchem keine einzige Wolke stand, war ein goldener Grund gewor¬ den, wie man in alten Gemälden sieht, und der Wald
unten, und wo er geſund zu bleiben gedachte. Wenn aber doch einer zu ihm gelangte, ſo wollte er ihn eher mit einem Schürbaume erſchlagen, als daß er ihn näher kommen, und die Seuche bringen ließe. Wenn aber die Krankheit lange vorüber wäre, dann wollte er wieder zurükkehren, und weiter leben. Als daher die ſchwarzen Schubkarrenführer, die von ihm die Wagenſchmiere holten, die Kunde brachten, daß in den angrenzenden Ländern ſchon die Peſt entſtanden ſei, machte er ſich auf, und ging in den hohen Wald hinauf. Er ging aber noch weiter, als wo der See iſt, er ging dahin, wo der Wald noch iſt, wie er bei der Schöpfung geweſen war, wo noch keine Menſchen gearbeitet haben, wo kein Baum umbricht, als wenn er vom Blize getroffen iſt, oder von dem Winde umgeſtürzt wird; dann bleibt er liegen, und aus ſeinem Leibe wachſen neue Bäumchen und Kräuter empor; die Stämme ſtehen in die Höhe, und zwi¬ ſchen ihnen ſind die unangeſehenen und unangetaſteten Blumen und Gräſer und Kräuter.“
Während der Großvater dieſes ſagte, war die Sonne untergegangen. Der feurige Rauch war plöz¬ lich verſchwunden, der Himmel, an welchem keine einzige Wolke ſtand, war ein goldener Grund gewor¬ den, wie man in alten Gemälden ſieht, und der Wald
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0070"n="57"/>
unten, und wo er geſund zu bleiben gedachte. Wenn<lb/>
aber doch einer zu ihm gelangte, ſo wollte er ihn eher<lb/>
mit einem Schürbaume erſchlagen, als daß er ihn<lb/>
näher kommen, und die Seuche bringen ließe. Wenn<lb/>
aber die Krankheit lange vorüber wäre, dann wollte<lb/>
er wieder zurükkehren, und weiter leben. Als daher<lb/>
die ſchwarzen Schubkarrenführer, die von ihm die<lb/>
Wagenſchmiere holten, die Kunde brachten, daß in<lb/>
den angrenzenden Ländern ſchon die Peſt entſtanden<lb/>ſei, machte er ſich auf, und ging in den hohen Wald<lb/>
hinauf. Er ging aber noch weiter, als wo der See<lb/>
iſt, er ging dahin, wo der Wald noch iſt, wie er bei<lb/>
der Schöpfung geweſen war, wo noch keine Menſchen<lb/>
gearbeitet haben, wo kein Baum umbricht, als wenn<lb/>
er vom Blize getroffen iſt, oder von dem Winde<lb/>
umgeſtürzt wird; dann bleibt er liegen, und aus<lb/>ſeinem Leibe wachſen neue Bäumchen und Kräuter<lb/>
empor; die Stämme ſtehen in die Höhe, und zwi¬<lb/>ſchen ihnen ſind die unangeſehenen und unangetaſteten<lb/>
Blumen und Gräſer und Kräuter.“</p><lb/><p>Während der Großvater dieſes ſagte, war die<lb/>
Sonne untergegangen. Der feurige Rauch war plöz¬<lb/>
lich verſchwunden, der Himmel, an welchem keine<lb/>
einzige Wolke ſtand, war ein goldener Grund gewor¬<lb/>
den, wie man in alten Gemälden ſieht, und der Wald<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[57/0070]
unten, und wo er geſund zu bleiben gedachte. Wenn
aber doch einer zu ihm gelangte, ſo wollte er ihn eher
mit einem Schürbaume erſchlagen, als daß er ihn
näher kommen, und die Seuche bringen ließe. Wenn
aber die Krankheit lange vorüber wäre, dann wollte
er wieder zurükkehren, und weiter leben. Als daher
die ſchwarzen Schubkarrenführer, die von ihm die
Wagenſchmiere holten, die Kunde brachten, daß in
den angrenzenden Ländern ſchon die Peſt entſtanden
ſei, machte er ſich auf, und ging in den hohen Wald
hinauf. Er ging aber noch weiter, als wo der See
iſt, er ging dahin, wo der Wald noch iſt, wie er bei
der Schöpfung geweſen war, wo noch keine Menſchen
gearbeitet haben, wo kein Baum umbricht, als wenn
er vom Blize getroffen iſt, oder von dem Winde
umgeſtürzt wird; dann bleibt er liegen, und aus
ſeinem Leibe wachſen neue Bäumchen und Kräuter
empor; die Stämme ſtehen in die Höhe, und zwi¬
ſchen ihnen ſind die unangeſehenen und unangetaſteten
Blumen und Gräſer und Kräuter.“
Während der Großvater dieſes ſagte, war die
Sonne untergegangen. Der feurige Rauch war plöz¬
lich verſchwunden, der Himmel, an welchem keine
einzige Wolke ſtand, war ein goldener Grund gewor¬
den, wie man in alten Gemälden ſieht, und der Wald
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/70>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.