Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

schwarze hölzerne Kannen waren, und begaben sich
auf unsere Gasse. Während dies geschah, war der
Mann vollends näher gekommen, und schob seinen
Schubkarren auf unsere Gasse herzu. Da hielt er
stille, drehte den Hahn in dem Zapfen seines Fasses,
und ließ einem jeden, der unterhielt, eine braune
zähe Flüssigkeit in sein Gefäß rinnen, die ich recht gut
als Wagenschmiere erkannte, und wofür sie ihm eine
Anzahl Kreuzer oder Groschen gaben. Wenn alles
vorüber war, und die Nachbarn sich mit ihrem Kaufe
entfernt hatten, richtete er sein Faß wieder zusammen,
strich alles gut hinein, was hervor gequollen war,
und fuhr weiter. Ich war bei dem Vorfalle schier alle
Male zugegen; denn wenn ich auch eben nicht auf der
Gasse war, da der Mann kam, so hörte ich doch so
gut wie die Nachbarn sein Schreien, und war
gewiß eher auf dem Plaze als alle Andern.

Eines Tages, da die Lenzsonne sehr freundlich
schien, und alle Menschen heiter und schelmisch machte,
sah ich ihn wieder die Hossenreuther Straße herauf¬
fahren. Er schrie in der Nähe der Häuser seinen ge¬
wöhnlichen Gesang, die Nachbarn kamen herbei,
er gab ihnen ihren Bedarf, und sie entfernten sich.
Als dieses geschehen war, brachte er sein Faß wie zu
sonstigen Zeiten in Ordnung. Zum Hineinstreichen

ſchwarze hölzerne Kannen waren, und begaben ſich
auf unſere Gaſſe. Während dies geſchah, war der
Mann vollends näher gekommen, und ſchob ſeinen
Schubkarren auf unſere Gaſſe herzu. Da hielt er
ſtille, drehte den Hahn in dem Zapfen ſeines Faſſes,
und ließ einem jeden, der unterhielt, eine braune
zähe Flüſſigkeit in ſein Gefäß rinnen, die ich recht gut
als Wagenſchmiere erkannte, und wofür ſie ihm eine
Anzahl Kreuzer oder Groſchen gaben. Wenn alles
vorüber war, und die Nachbarn ſich mit ihrem Kaufe
entfernt hatten, richtete er ſein Faß wieder zuſammen,
ſtrich alles gut hinein, was hervor gequollen war,
und fuhr weiter. Ich war bei dem Vorfalle ſchier alle
Male zugegen; denn wenn ich auch eben nicht auf der
Gaſſe war, da der Mann kam, ſo hörte ich doch ſo
gut wie die Nachbarn ſein Schreien, und war
gewiß eher auf dem Plaze als alle Andern.

Eines Tages, da die Lenzſonne ſehr freundlich
ſchien, und alle Menſchen heiter und ſchelmiſch machte,
ſah ich ihn wieder die Hoſſenreuther Straße herauf¬
fahren. Er ſchrie in der Nähe der Häuſer ſeinen ge¬
wöhnlichen Geſang, die Nachbarn kamen herbei,
er gab ihnen ihren Bedarf, und ſie entfernten ſich.
Als dieſes geſchehen war, brachte er ſein Faß wie zu
ſonſtigen Zeiten in Ordnung. Zum Hineinſtreichen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0035" n="22"/>
&#x017F;chwarze hölzerne Kannen waren, und begaben &#x017F;ich<lb/>
auf un&#x017F;ere Ga&#x017F;&#x017F;e. Während dies ge&#x017F;chah, war der<lb/>
Mann vollends näher gekommen, und &#x017F;chob &#x017F;einen<lb/>
Schubkarren auf un&#x017F;ere Ga&#x017F;&#x017F;e herzu. Da hielt er<lb/>
&#x017F;tille, drehte den Hahn in dem Zapfen &#x017F;eines Fa&#x017F;&#x017F;es,<lb/>
und ließ einem jeden, der unterhielt, eine braune<lb/>
zähe Flü&#x017F;&#x017F;igkeit in &#x017F;ein Gefäß rinnen, die ich recht gut<lb/>
als Wagen&#x017F;chmiere erkannte, und wofür &#x017F;ie ihm eine<lb/>
Anzahl Kreuzer oder Gro&#x017F;chen gaben. Wenn alles<lb/>
vorüber war, und die Nachbarn &#x017F;ich mit ihrem Kaufe<lb/>
entfernt hatten, richtete er &#x017F;ein Faß wieder zu&#x017F;ammen,<lb/>
&#x017F;trich alles gut hinein, was hervor gequollen war,<lb/>
und fuhr weiter. Ich war bei dem Vorfalle &#x017F;chier alle<lb/>
Male zugegen; denn wenn ich auch eben nicht auf der<lb/>
Ga&#x017F;&#x017F;e war, da der Mann kam, &#x017F;o hörte ich doch &#x017F;o<lb/>
gut wie die Nachbarn &#x017F;ein Schreien, und war<lb/>
gewiß eher auf dem Plaze als alle Andern.</p><lb/>
          <p>Eines Tages, da die Lenz&#x017F;onne &#x017F;ehr freundlich<lb/>
&#x017F;chien, und alle Men&#x017F;chen heiter und &#x017F;chelmi&#x017F;ch machte,<lb/>
&#x017F;ah ich ihn wieder die Ho&#x017F;&#x017F;enreuther Straße herauf¬<lb/>
fahren. Er &#x017F;chrie in der Nähe der Häu&#x017F;er &#x017F;einen ge¬<lb/>
wöhnlichen Ge&#x017F;ang, die Nachbarn kamen herbei,<lb/>
er gab ihnen ihren Bedarf, und &#x017F;ie entfernten &#x017F;ich.<lb/>
Als die&#x017F;es ge&#x017F;chehen war, brachte er &#x017F;ein Faß wie zu<lb/>
&#x017F;on&#x017F;tigen Zeiten in Ordnung. Zum Hinein&#x017F;treichen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0035] ſchwarze hölzerne Kannen waren, und begaben ſich auf unſere Gaſſe. Während dies geſchah, war der Mann vollends näher gekommen, und ſchob ſeinen Schubkarren auf unſere Gaſſe herzu. Da hielt er ſtille, drehte den Hahn in dem Zapfen ſeines Faſſes, und ließ einem jeden, der unterhielt, eine braune zähe Flüſſigkeit in ſein Gefäß rinnen, die ich recht gut als Wagenſchmiere erkannte, und wofür ſie ihm eine Anzahl Kreuzer oder Groſchen gaben. Wenn alles vorüber war, und die Nachbarn ſich mit ihrem Kaufe entfernt hatten, richtete er ſein Faß wieder zuſammen, ſtrich alles gut hinein, was hervor gequollen war, und fuhr weiter. Ich war bei dem Vorfalle ſchier alle Male zugegen; denn wenn ich auch eben nicht auf der Gaſſe war, da der Mann kam, ſo hörte ich doch ſo gut wie die Nachbarn ſein Schreien, und war gewiß eher auf dem Plaze als alle Andern. Eines Tages, da die Lenzſonne ſehr freundlich ſchien, und alle Menſchen heiter und ſchelmiſch machte, ſah ich ihn wieder die Hoſſenreuther Straße herauf¬ fahren. Er ſchrie in der Nähe der Häuſer ſeinen ge¬ wöhnlichen Geſang, die Nachbarn kamen herbei, er gab ihnen ihren Bedarf, und ſie entfernten ſich. Als dieſes geſchehen war, brachte er ſein Faß wie zu ſonſtigen Zeiten in Ordnung. Zum Hineinſtreichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/35
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/35>, abgerufen am 11.12.2024.