Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

Geräthe einige alte Kleider und die Betten vorgefun¬
den. Von Barschaft war ein kleiner Sak mit Kupfer¬
münzen gefüllt vorhanden. Weiter gar nichts.

Mein Gatte forschte unter den Papieren nach einer
Aufklärung über den Vermögensstand des Verstorbe¬
nen; denn ein solcher mußte doch vorhanden gewesen
sein; denn alle die befragt worden waren, erinnerten
sich nicht, daß der Rentherr, als er das Haus auf
dem Sanct Petersplaze bewohnt hatte, in irgend
einem Amte gestanden sei, noch daß er irgend einen
Erwerb getrieben habe, und dennoch habe er anstän¬
dig und wohlhabend gelebt. Er mußte daher von
irgend einem Anliegen Bezüge genossen haben. Aber
in den gesammten Schriften und den kleinsten Zettel¬
chen war nicht das Geringste zu finden. Mein Gatte
ging nun in Wien zu allen Ämtern, die mit Gelde
oder irgend anderen Werthen auch nur von ferne zu
thun hatten, und fragte an; aber nirgends konnte
eine Auskunft erhalten werden. Er besuchte nun nach
und nach alle Geschäftsführer Stellvertreter Anwälte,
und wie diese Männer alle heißen; aber bei keinem
konnte er etwas in Erfahrung bringen. Endlich
grif er zu dem Mittel, den Fall in den Zeitungen
bekannt zu geben, in wieferne er sich auf die Ver¬
mögensfrage bezog, und jedermann zur Mittheilung

Geräthe einige alte Kleider und die Betten vorgefun¬
den. Von Barſchaft war ein kleiner Sak mit Kupfer¬
münzen gefüllt vorhanden. Weiter gar nichts.

Mein Gatte forſchte unter den Papieren nach einer
Aufklärung über den Vermögensſtand des Verſtorbe¬
nen; denn ein ſolcher mußte doch vorhanden geweſen
ſein; denn alle die befragt worden waren, erinnerten
ſich nicht, daß der Rentherr, als er das Haus auf
dem Sanct Petersplaze bewohnt hatte, in irgend
einem Amte geſtanden ſei, noch daß er irgend einen
Erwerb getrieben habe, und dennoch habe er anſtän¬
dig und wohlhabend gelebt. Er mußte daher von
irgend einem Anliegen Bezüge genoſſen haben. Aber
in den geſammten Schriften und den kleinſten Zettel¬
chen war nicht das Geringſte zu finden. Mein Gatte
ging nun in Wien zu allen Ämtern, die mit Gelde
oder irgend anderen Werthen auch nur von ferne zu
thun hatten, und fragte an; aber nirgends konnte
eine Auskunft erhalten werden. Er beſuchte nun nach
und nach alle Geſchäftsführer Stellvertreter Anwälte,
und wie dieſe Männer alle heißen; aber bei keinem
konnte er etwas in Erfahrung bringen. Endlich
grif er zu dem Mittel, den Fall in den Zeitungen
bekannt zu geben, in wieferne er ſich auf die Ver¬
mögensfrage bezog, und jedermann zur Mittheilung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0274" n="261"/>
Geräthe einige alte Kleider und die Betten vorgefun¬<lb/>
den. Von Bar&#x017F;chaft war ein kleiner Sak mit Kupfer¬<lb/>
münzen gefüllt vorhanden. Weiter gar nichts.</p><lb/>
        <p>Mein Gatte for&#x017F;chte unter den Papieren nach einer<lb/>
Aufklärung über den Vermögens&#x017F;tand des Ver&#x017F;torbe¬<lb/>
nen; denn ein &#x017F;olcher mußte doch vorhanden gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ein; denn alle die befragt worden waren, erinnerten<lb/>
&#x017F;ich nicht, daß der Rentherr, als er das Haus auf<lb/>
dem Sanct Petersplaze bewohnt hatte, in irgend<lb/>
einem Amte ge&#x017F;tanden &#x017F;ei, noch daß er irgend einen<lb/>
Erwerb getrieben habe, und dennoch habe er an&#x017F;tän¬<lb/>
dig und wohlhabend gelebt. Er mußte daher von<lb/>
irgend einem Anliegen Bezüge geno&#x017F;&#x017F;en haben. Aber<lb/>
in den ge&#x017F;ammten Schriften und den klein&#x017F;ten Zettel¬<lb/>
chen war nicht das Gering&#x017F;te zu finden. Mein Gatte<lb/>
ging nun in Wien zu allen Ämtern, die mit Gelde<lb/>
oder irgend anderen Werthen auch nur von ferne zu<lb/>
thun hatten, und fragte an; aber nirgends konnte<lb/>
eine Auskunft erhalten werden. Er be&#x017F;uchte nun nach<lb/>
und nach alle Ge&#x017F;chäftsführer Stellvertreter Anwälte,<lb/>
und wie die&#x017F;e Männer alle heißen; aber bei keinem<lb/>
konnte er etwas in Erfahrung bringen. Endlich<lb/>
grif er zu dem Mittel, den Fall in den Zeitungen<lb/>
bekannt zu geben, in wieferne er &#x017F;ich auf die Ver¬<lb/>
mögensfrage bezog, und jedermann zur Mittheilung<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0274] Geräthe einige alte Kleider und die Betten vorgefun¬ den. Von Barſchaft war ein kleiner Sak mit Kupfer¬ münzen gefüllt vorhanden. Weiter gar nichts. Mein Gatte forſchte unter den Papieren nach einer Aufklärung über den Vermögensſtand des Verſtorbe¬ nen; denn ein ſolcher mußte doch vorhanden geweſen ſein; denn alle die befragt worden waren, erinnerten ſich nicht, daß der Rentherr, als er das Haus auf dem Sanct Petersplaze bewohnt hatte, in irgend einem Amte geſtanden ſei, noch daß er irgend einen Erwerb getrieben habe, und dennoch habe er anſtän¬ dig und wohlhabend gelebt. Er mußte daher von irgend einem Anliegen Bezüge genoſſen haben. Aber in den geſammten Schriften und den kleinſten Zettel¬ chen war nicht das Geringſte zu finden. Mein Gatte ging nun in Wien zu allen Ämtern, die mit Gelde oder irgend anderen Werthen auch nur von ferne zu thun hatten, und fragte an; aber nirgends konnte eine Auskunft erhalten werden. Er beſuchte nun nach und nach alle Geſchäftsführer Stellvertreter Anwälte, und wie dieſe Männer alle heißen; aber bei keinem konnte er etwas in Erfahrung bringen. Endlich grif er zu dem Mittel, den Fall in den Zeitungen bekannt zu geben, in wieferne er ſich auf die Ver¬ mögensfrage bezog, und jedermann zur Mittheilung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/274
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/274>, abgerufen am 24.11.2024.