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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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es etwa nicht durch auffälliges Betrachten zu er¬
schreken.

Ich begann nach und nach zu untersuchen, was
es denn gelernt habe. Allein so gut gewählt und
rein seine Worte waren, die es sprach, so gut sie gesezt
waren, wenn auch die Gedanken oft schwer errathen
werden konnten, so wenig hatte es eine Vorstellung oder
eine Kenntniß von der geringsten weiblichen Arbeit.
Nicht einmal von dem Waschen und Reinigen eines Lap¬
pens von dem Zusammennähen zweier Fleke hatte es
einen Begrif. Der Vater mußte alles das außer dem
Hause besorgt haben. Dafür sprach es oft, für uns un¬
verständlich, mit der Dohle, wir trafen es zuweilen
leise singend an, und es konnte auf der Flöte des Va¬
ters, die wir ihm hatten verschaffen müssen, ein wenig
spielen.

Als es eine bedeutende Anhänglichkeit an mich
gewonnen hatte, veranlaßte ich es, von seiner Ver¬
gangenheit zu sprechen. Allein entweder hatte es alles
Frühere vergessen, oder es hatten die unmittelbar zu¬
lezt vergangenen Dinge eine solche Gewalt über sein
Gedächtniß ausgeübt, daß es sich an das, was vor¬
her war, nicht mehr erinnerte. Es erzählte nur immer
von dem unterirdischen Gemache.

"Der Vater," sagte es, "ging fort, nahm die Flöte

Stifter, Jugendschriften. I. 17

es etwa nicht durch auffälliges Betrachten zu er¬
ſchreken.

Ich begann nach und nach zu unterſuchen, was
es denn gelernt habe. Allein ſo gut gewählt und
rein ſeine Worte waren, die es ſprach, ſo gut ſie geſezt
waren, wenn auch die Gedanken oft ſchwer errathen
werden konnten, ſo wenig hatte es eine Vorſtellung oder
eine Kenntniß von der geringſten weiblichen Arbeit.
Nicht einmal von dem Waſchen und Reinigen eines Lap¬
pens von dem Zuſammennähen zweier Fleke hatte es
einen Begrif. Der Vater mußte alles das außer dem
Hauſe beſorgt haben. Dafür ſprach es oft, für uns un¬
verſtändlich, mit der Dohle, wir trafen es zuweilen
leiſe ſingend an, und es konnte auf der Flöte des Va¬
ters, die wir ihm hatten verſchaffen müſſen, ein wenig
ſpielen.

Als es eine bedeutende Anhänglichkeit an mich
gewonnen hatte, veranlaßte ich es, von ſeiner Ver¬
gangenheit zu ſprechen. Allein entweder hatte es alles
Frühere vergeſſen, oder es hatten die unmittelbar zu¬
lezt vergangenen Dinge eine ſolche Gewalt über ſein
Gedächtniß ausgeübt, daß es ſich an das, was vor¬
her war, nicht mehr erinnerte. Es erzählte nur immer
von dem unterirdiſchen Gemache.

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[257/0270] es etwa nicht durch auffälliges Betrachten zu er¬ ſchreken. Ich begann nach und nach zu unterſuchen, was es denn gelernt habe. Allein ſo gut gewählt und rein ſeine Worte waren, die es ſprach, ſo gut ſie geſezt waren, wenn auch die Gedanken oft ſchwer errathen werden konnten, ſo wenig hatte es eine Vorſtellung oder eine Kenntniß von der geringſten weiblichen Arbeit. Nicht einmal von dem Waſchen und Reinigen eines Lap¬ pens von dem Zuſammennähen zweier Fleke hatte es einen Begrif. Der Vater mußte alles das außer dem Hauſe beſorgt haben. Dafür ſprach es oft, für uns un¬ verſtändlich, mit der Dohle, wir trafen es zuweilen leiſe ſingend an, und es konnte auf der Flöte des Va¬ ters, die wir ihm hatten verſchaffen müſſen, ein wenig ſpielen. Als es eine bedeutende Anhänglichkeit an mich gewonnen hatte, veranlaßte ich es, von ſeiner Ver¬ gangenheit zu ſprechen. Allein entweder hatte es alles Frühere vergeſſen, oder es hatten die unmittelbar zu¬ lezt vergangenen Dinge eine ſolche Gewalt über ſein Gedächtniß ausgeübt, daß es ſich an das, was vor¬ her war, nicht mehr erinnerte. Es erzählte nur immer von dem unterirdiſchen Gemache. „Der Vater,“ ſagte es, „ging fort, nahm die Flöte Stifter, Jugendſchriften. I. 17

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/270>, abgerufen am 24.11.2024.