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Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

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Steinen steken kleine Blättchen, die wie Silber und
Diamanten funkeln, und die man mit einem Messer
oder mit einer Ahle herausbrechen kann. Wir Kinder
hießen die Blättchen Kazensilber, und hatten eine
sehr große Freude an ihnen.

Auf dem Berglein des Altrichters befindet sich ein
Stein, der so fein und weich ist, daß man ihn mit
einem Messer schneiden kann. Die Bewohner unserer
Gegend nennen ihn Taufstein. Ich machte Täfelchen
Würfel Ringe und Petschafte aus dem Steine, bis
mir ein Mann, der Uhren Barometer und Stamm¬
bäume verfertigte, und Bilder lakirte, zeigte, daß
man den Stein mit einem zarten Firnisse anstreichen
müsse, und daß dann die schönsten blauen grünen
und röthlichen Linien zum Vorscheine kämen.

Wenn ich Zeit hatte, legte ich meine Schäze in
eine Reihe, betrachtete sie, und hatte mein Vergnügen
an ihnen. Besonders hatte die Verwunderung kein
Ende, wenn es auf einem Steine so geheimnißvoll
glänzte und leuchtete und äugelte, daß man es gar
nicht ergründen konnte, woher denn das käme. Frei¬
lich war manchmal auch ein Stük Glas darunter,
das ich auf den Feldern gefunden hatte, und das in
allerlei Regenbogenfarben schimmerte. Wenn sie dann
sagten, das sei ja nur ein Glas, und noch dazu ein

Steinen ſteken kleine Blättchen, die wie Silber und
Diamanten funkeln, und die man mit einem Meſſer
oder mit einer Ahle herausbrechen kann. Wir Kinder
hießen die Blättchen Kazenſilber, und hatten eine
ſehr große Freude an ihnen.

Auf dem Berglein des Altrichters befindet ſich ein
Stein, der ſo fein und weich iſt, daß man ihn mit
einem Meſſer ſchneiden kann. Die Bewohner unſerer
Gegend nennen ihn Taufſtein. Ich machte Täfelchen
Würfel Ringe und Petſchafte aus dem Steine, bis
mir ein Mann, der Uhren Barometer und Stamm¬
bäume verfertigte, und Bilder lakirte, zeigte, daß
man den Stein mit einem zarten Firniſſe anſtreichen
müſſe, und daß dann die ſchönſten blauen grünen
und röthlichen Linien zum Vorſcheine kämen.

Wenn ich Zeit hatte, legte ich meine Schäze in
eine Reihe, betrachtete ſie, und hatte mein Vergnügen
an ihnen. Beſonders hatte die Verwunderung kein
Ende, wenn es auf einem Steine ſo geheimnißvoll
glänzte und leuchtete und äugelte, daß man es gar
nicht ergründen konnte, woher denn das käme. Frei¬
lich war manchmal auch ein Stük Glas darunter,
das ich auf den Feldern gefunden hatte, und das in
allerlei Regenbogenfarben ſchimmerte. Wenn ſie dann
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[14/0027] Steinen ſteken kleine Blättchen, die wie Silber und Diamanten funkeln, und die man mit einem Meſſer oder mit einer Ahle herausbrechen kann. Wir Kinder hießen die Blättchen Kazenſilber, und hatten eine ſehr große Freude an ihnen. Auf dem Berglein des Altrichters befindet ſich ein Stein, der ſo fein und weich iſt, daß man ihn mit einem Meſſer ſchneiden kann. Die Bewohner unſerer Gegend nennen ihn Taufſtein. Ich machte Täfelchen Würfel Ringe und Petſchafte aus dem Steine, bis mir ein Mann, der Uhren Barometer und Stamm¬ bäume verfertigte, und Bilder lakirte, zeigte, daß man den Stein mit einem zarten Firniſſe anſtreichen müſſe, und daß dann die ſchönſten blauen grünen und röthlichen Linien zum Vorſcheine kämen. Wenn ich Zeit hatte, legte ich meine Schäze in eine Reihe, betrachtete ſie, und hatte mein Vergnügen an ihnen. Beſonders hatte die Verwunderung kein Ende, wenn es auf einem Steine ſo geheimnißvoll glänzte und leuchtete und äugelte, daß man es gar nicht ergründen konnte, woher denn das käme. Frei¬ lich war manchmal auch ein Stük Glas darunter, das ich auf den Feldern gefunden hatte, und das in allerlei Regenbogenfarben ſchimmerte. Wenn ſie dann ſagten, das ſei ja nur ein Glas, und noch dazu ein

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/27>, abgerufen am 21.11.2024.