Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

Fächer mit den Flöten, nur eine Flöte fehlte. Auf
der Staffelei war ein angefangenes Bild, auf dem
Schreibtische lagen Bücher und Schriften, und das
Bett war mit seiner feinen Deke überzogen. Die be¬
rühmten Männer waren bestaubt und von der einge¬
schlossenen Luft vergelbt. Die Ruhebetten standen
umher, aber sie waren lange nicht gerollt worden.
Der große Armsessel des Schauspielers stand mitten
in dem Zimmer.

In der Wohnung der Frau war schier keine Ver¬
änderung, es standen die Geräthe in der alten Ord¬
nung, und es lagen die alten Sachen auf ihnen; aber
die kleinen Veränderungen die doch vor sich gegangen
waren, zeigten, wie es hier anders geworden sei.
Die schweren Vorhänge hingen ruhig herab, da sie
doch sonst bei den geöffneten Fenstern sich leicht bewegt
hatten, die Blumen und Pflanzen standen als ver¬
dorrte Reiser, die Uhr mit dem sanften Gange hatte
auch diesen nicht, das Pendel hing stille, und sie zeigte
unabänderlich auf dieselbe Stunde. Die Linnen und
anderen Arbeiten lagen wohl auf den Tischen, aber
sie zeigten keine anfassende Hand, und trauerten unter
dem Staube. In dem Seitengemache hingen die wei¬
ßen Vorhänge in den vielen Falten hernieder, aber
in den Falten war der leichte schnell rieselnde Staub,

Fächer mit den Flöten, nur eine Flöte fehlte. Auf
der Staffelei war ein angefangenes Bild, auf dem
Schreibtiſche lagen Bücher und Schriften, und das
Bett war mit ſeiner feinen Deke überzogen. Die be¬
rühmten Männer waren beſtaubt und von der einge¬
ſchloſſenen Luft vergelbt. Die Ruhebetten ſtanden
umher, aber ſie waren lange nicht gerollt worden.
Der große Armſeſſel des Schauſpielers ſtand mitten
in dem Zimmer.

In der Wohnung der Frau war ſchier keine Ver¬
änderung, es ſtanden die Geräthe in der alten Ord¬
nung, und es lagen die alten Sachen auf ihnen; aber
die kleinen Veränderungen die doch vor ſich gegangen
waren, zeigten, wie es hier anders geworden ſei.
Die ſchweren Vorhänge hingen ruhig herab, da ſie
doch ſonſt bei den geöffneten Fenſtern ſich leicht bewegt
hatten, die Blumen und Pflanzen ſtanden als ver¬
dorrte Reiſer, die Uhr mit dem ſanften Gange hatte
auch dieſen nicht, das Pendel hing ſtille, und ſie zeigte
unabänderlich auf dieſelbe Stunde. Die Linnen und
anderen Arbeiten lagen wohl auf den Tiſchen, aber
ſie zeigten keine anfaſſende Hand, und trauerten unter
dem Staube. In dem Seitengemache hingen die wei¬
ßen Vorhänge in den vielen Falten hernieder, aber
in den Falten war der leichte ſchnell rieſelnde Staub,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0229" n="216"/>
Fächer mit den Flöten, nur eine Flöte fehlte. Auf<lb/>
der Staffelei war ein angefangenes Bild, auf dem<lb/>
Schreibti&#x017F;che lagen Bücher und Schriften, und das<lb/>
Bett war mit &#x017F;einer feinen Deke überzogen. Die be¬<lb/>
rühmten Männer waren be&#x017F;taubt und von der einge¬<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Luft vergelbt. Die Ruhebetten &#x017F;tanden<lb/>
umher, aber &#x017F;ie waren lange nicht gerollt worden.<lb/>
Der große Arm&#x017F;e&#x017F;&#x017F;el des Schau&#x017F;pielers &#x017F;tand mitten<lb/>
in dem Zimmer.</p><lb/>
        <p>In der Wohnung der Frau war &#x017F;chier keine Ver¬<lb/>
änderung, es &#x017F;tanden die Geräthe in der alten Ord¬<lb/>
nung, und es lagen die alten Sachen auf ihnen; aber<lb/>
die kleinen Veränderungen die doch vor &#x017F;ich gegangen<lb/>
waren, zeigten, wie es hier anders geworden &#x017F;ei.<lb/>
Die &#x017F;chweren Vorhänge hingen ruhig herab, da &#x017F;ie<lb/>
doch &#x017F;on&#x017F;t bei den geöffneten Fen&#x017F;tern &#x017F;ich leicht bewegt<lb/>
hatten, die Blumen und Pflanzen &#x017F;tanden als ver¬<lb/>
dorrte Rei&#x017F;er, die Uhr mit dem &#x017F;anften Gange hatte<lb/>
auch die&#x017F;en nicht, das Pendel hing &#x017F;tille, und &#x017F;ie zeigte<lb/>
unabänderlich auf die&#x017F;elbe Stunde. Die Linnen und<lb/>
anderen Arbeiten lagen wohl auf den Ti&#x017F;chen, aber<lb/>
&#x017F;ie zeigten keine anfa&#x017F;&#x017F;ende Hand, und trauerten unter<lb/>
dem Staube. In dem Seitengemache hingen die wei¬<lb/>
ßen Vorhänge in den vielen Falten hernieder, aber<lb/>
in den Falten war der leichte &#x017F;chnell rie&#x017F;elnde Staub,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0229] Fächer mit den Flöten, nur eine Flöte fehlte. Auf der Staffelei war ein angefangenes Bild, auf dem Schreibtiſche lagen Bücher und Schriften, und das Bett war mit ſeiner feinen Deke überzogen. Die be¬ rühmten Männer waren beſtaubt und von der einge¬ ſchloſſenen Luft vergelbt. Die Ruhebetten ſtanden umher, aber ſie waren lange nicht gerollt worden. Der große Armſeſſel des Schauſpielers ſtand mitten in dem Zimmer. In der Wohnung der Frau war ſchier keine Ver¬ änderung, es ſtanden die Geräthe in der alten Ord¬ nung, und es lagen die alten Sachen auf ihnen; aber die kleinen Veränderungen die doch vor ſich gegangen waren, zeigten, wie es hier anders geworden ſei. Die ſchweren Vorhänge hingen ruhig herab, da ſie doch ſonſt bei den geöffneten Fenſtern ſich leicht bewegt hatten, die Blumen und Pflanzen ſtanden als ver¬ dorrte Reiſer, die Uhr mit dem ſanften Gange hatte auch dieſen nicht, das Pendel hing ſtille, und ſie zeigte unabänderlich auf dieſelbe Stunde. Die Linnen und anderen Arbeiten lagen wohl auf den Tiſchen, aber ſie zeigten keine anfaſſende Hand, und trauerten unter dem Staube. In dem Seitengemache hingen die wei¬ ßen Vorhänge in den vielen Falten hernieder, aber in den Falten war der leichte ſchnell rieſelnde Staub,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/229
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Bunte Steine. Bd. 1. Pest u. a., 1853, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_steine01_1853/229>, abgerufen am 22.11.2024.